In Bremen entsteht ein neues attraktives Stadtviertel im Entwicklungsgebiet zwischen Europahafen und Weser.

In Bremen entsteht ein neues attraktives Stadtviertel im Entwicklungsgebiet zwischen Europahafen und Weser (Quelle: Überseeinsel Bremen).

Vielleicht ist es zu hoch gegriffen, das Quartier als Allheilmittel für das Wohnen zu bezeichnen. Aber selbst renommierte Wissenschaftler sprechen vom „Schlüssel zur Energiewende“ (www.energie-klimaschutz.de/das-quartier-als-schluessel-zur-energiewende). Für Christian Growitsch, Leiter des Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie IMW, müssen Klimaschutz und Stadtentwicklung Hand in Hand gehen, und dafür sei „das Quartier der geeignetste Ort“. Seiner Meinung nach „bietet es im Vergleich zu Einzelgebäuden zahlreiche Synergieeffekte zwischen den Akteuren bei der Steigerung der Energieeffizienz, etwa bei der Versorgung durch Wärmenetze, der seriellen energetischen Sanierung oder der lokalen Erzeugung erneuerbarer Energien. Gleichzeitig ist das Quartier im Vergleich zum Stadtteil überschaubar genug, um lokale Akteure zu mobilisieren und die Bürgerinnen und Bürger aktiv an Entwicklungsprozessen teilhaben zu lassen. Ziel muss es sein, bestehende Insellösungen und neue Systemlösungen unter Einbeziehung der Vielzahl von Akteuren sinnvoll miteinander zu verknüpfen, um eine Optimierung des Energieverbrauchs im gesamten Quartier zu erreichen.“ 

Beispiel Überseeinsel Bremen

Ein herausragendes Beispiel für diese These ist das Quartier Überseeinsel in Bremen. Hier, auf dem ehemaligen Kellogg-Areal, entsteht genau dieses Quartier, in dem Straßen zu Grünstreifen, Plätze zu Wohnzimmern und Quartiere zu Lebensräumen werden, in denen Wohnen, Arbeiten, Bildung und Freizeit neben-, über- und miteinander stattfinden. Der Glanzpunkt: Auf einer Teilfläche der Überseeinsel, dem ehemaligen Produktionsgelände des weltbekannten Nahrungsmittelherstellers aus Battle Creek in Michigan, wird durch die Überseeinsel GmbH ein möglichst CO2-neutrales Energiekonzept mit strombasierter Wärme und Kälte umgesetzt (Abb. 1).

Hierfür wurde die PBS Energiesysteme GmbH, ein Planungsbüro für innovative Energie- und Gebäudetechnik aus dem nordrhein-westfälischen Haan, beauftragt, die Machbarkeit des Energiesystems gemeinsam mit der Überseeinsel GmbH auszuarbeiten. Schon früh stand fest, dass die Weser als Wärmequelle für die thermische Versorgung integriert werden soll.

Das ambitionierte Projekt wurde als Wärmenetz 4.0 geplant, dieses Modellvorhaben war der Vorgänger der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) mit entsprechend klaren Zielvorgaben des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) bezüglich eines hohen Anteils der Netzeinspeisung aus erneuerbaren Quellen. So weit, so klar.

Mit Papier und Tabellenkalkulation allein lassen sich solche engagierten Großprojekte in Sachen Energiesysteme im Vorfeld aber längst nicht mehr stemmen. Eine absolut detaillierte Vorplanung mit höchster Genauigkeit ist aus mehreren Gründen notwendig. So zeigten frühe Simulationen mit der Planungssoftware von Vela Solaris – Polysun – bereits in der ersten Projektphase in Bremen, dass die Weser Temperaturen unterschreiten kann, die einen Wärmentzug nicht zu 100 % garantieren kann, um den Wärmebedarf zu decken. 

In einem zweiten Schritt integrierten die Planer von PBS deshalb einen Eisspeicher in die Gesamtplanung und definierten ein intelligent gesteuertes Sechsleiternetz, das Kühlen und Heizen mit Nieder- und Hochtemperaturanwendungen umfasst. Im Detail: Ein solches Netz verfügt über getrennte konventionelle Vor- und Rückläufe für Heizwasser (Raumheizung) und Trinkwarmwasser (Rücklauf = TWW-Zirkulation). Das sind also insgesamt vier konventionelle Leitungen und dazu noch zwei Solarleitungen, wie bei einem Vierleiternetz.

Für die Spitzenlast und als Redundanz haben die Experten ein Blockheizkraftwerk und einen Spitzenlastkessel eingeplant, wobei das BHKW letztendlich entfallen wird. So wurde das gesamte Energiesystem einschließlich der intelligenten Steuerung in Polysun aufgebaut und energetisch simuliert. 

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