Effizienzindikatoren sind komplexe Statistiken

Abbildung 1 zum Thema Energieeffizienz verbessert sich im Umwandlungsbereich und beim Endenergieverbrauch:  Entwicklung der Energieeffizienz in Deutschland

Abb. 2: Entwicklung der Energieeffizienz in Deutschland – Jahresdurchschnittliche Verbesserung 1991-2018, Indizes erschiedener Bezugsgrößen (Quelle: AG Energiebilanzen)

Eine wesentliche Voraussetzung zur Bildung von Effizienzindikatoren sind verlässliche und aktuelle Energiestatistiken sowie Informationen zu den wichtigsten Einfluss- und Bezugsgrößen des Energieverbrauchs. Bei der Interpretation der Energieeffizienzindikatoren ist zu beachten, dass kurzfristige Entwicklungen auch von temporären statistischen Effekten beeinflusst werden können. Im längerfristigen Vergleich zeigen sich die stabilen Trends der Effizienzentwicklung dagegen deutlicher und unverfälschter.

Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen veröffentlicht in regelmäßigem Abstand umfangreiche Daten zur Entwicklung des Energieverbrauchs in Deutschland, darunter vierteljährliche Schätzungen des Primärenergieverbrauchs, jährlich aktualisierte Auswertungstabellen zur Entwicklung des Energieverbrauchs nach Energieträgern und Wirtschaftszweigen sowie vollständige Energiebilanzen, die ein detailliertes und konsistentes Abbild der energiewirtschaftlichen Verflechtung einer Volkswirtschaft liefern und den Energieverbrauch vom Aufkommen über die Umwandlung bis zur Verwendung, untergliedert nach einzelnen Energieträgern und Sektoren, in einer Matrix erfassen. Für Deutschland liegt eine geschlossene Zeitreihe an Energiebilanzen für die Jahre von 1990 bis 2018 vor, die eine geeignete Ausgangsbasis zur Ableitung von Kennziffern zur Effizienz der nationalen Energieversorgung darstellen. Die Angaben für das Berichtsjahr 2018 beruhen zum Teil noch auf vorläufigen Daten.

Kennziffer zur Messung der Energieeffizienz ist typischerweise die Energieintensität (bzw. als Kehrwert die Energieproduktivität). Dazu wird der Energieverbrauch in Relation zu einer geeigneten Bezugsgröße betrachtet. Zur Bildung der Effizienzindikatoren werden im Primär-, Umwandlungs- und Endverbrauch unterschiedliche Bezugsgrößen herangezogen, die die speziellen Einsatzbedingungen von Energie in den jeweiligen Sektoren widerspiegeln. Relevante Bezugsgrößen sind Bevölkerung, Bruttoinlandsprodukt, Produktionswert oder Bruttowertschöpfung. Diese Daten werden durch die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes bereitgestellt.

In einigen Sektoren wird der Aussagewert durch eine Temperatur- und Lagerbestandsbereinigung spürbar erhöht, so dass für diese Bereiche zusätzlich zu den beobachteten auch bereinigte Kennziffern angegeben werden. Zusätzlich zu jedem Effizienzindikator werden durchschnittliche jährliche Veränderungsraten bezogen auf das Jahr 1990 sowie 1991 angegeben. Für das klimapolitisch maßgebliche Referenzjahr 1990 liegen zahlreiche ökonomische Aktivitätsgrößen, die in die Berechnung der Kennziffern einfließen, allerdings nur als Schätzung vor.

Die gesamtwirtschaftliche Energieeffizienz wird angegeben als Primärenergieverbrauch pro Kopf sowie das Verhältnis zwischen Energieverbrauch einerseits und Wirtschaftsleistung andererseits, hier gemessen als das Verhältnis von Primärenergieverbrauch zum realen Bruttoinlandsprodukt. So spiegelt die auf dem Primärenergieverbrauch beruhende gesamtwirtschaftliche Energieintensität auch Effizienzfortschritte wider, die im Umwandlungssektor insbesondere durch die Erhöhung der Brennstoffausnutzung bei der Stromerzeugung oder durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung erzielt werden.

Um die Effizienz der Stromerzeugung zu messen, wird der Wirkungsgrad – definiert als das Verhältnis von Bruttostromerzeugung zum gesamten Energieeinsatz – herangezogen.

Die Effizienz des Endenergieverbrauchs wird gebildet, indem der Endenergieverbrauch in Bezug zu Kennziffern wie Bevölkerung oder Bruttoinlandsprodukt gesetzt wird. Bei der Interpretation von Effizienzfortschritten auf der Ebene des Endenergieverbrauchs sind allerdings unabhängig von der Art der gewählten Bezugsgröße Besonderheiten zu beachten, die mit der unterschiedlichen Abgrenzung sowie statistisch-methodischen Unterschieden von Endenergie- und Primärenergieverbrauch bei der Energiebilanzierung in Zusammenhang stehen.

Bei der Interpretation der Endenergieeffizienz ist zu beachten, dass dieser Indikator die verbrauchsmindernden Wirkungen, die in den Umwandlungssektoren realisiert werden, nicht enthält. Hingegen wird die Primärenergieeffizienz zusätzlich von Veränderungen im Energiemix beeinflusst: Die im Rahmen der Energiebilanzierung aufgrund internationaler Konventionen verwendete Wirkungsgradmethode rechnet der Kernenergie - bezogen auf die Erzeugung einer Megawattstunde elektrische Energie – den dreifachen Einsatz an Primärenergie zu (Wirkungsgrad 33%). Die Stromerzeugung aus den erneuerbaren Quellen geht dagegen in die Primärenergiebilanz in Höhe ihrer Erzeugung ein (Wirkungsgrad 100 %). Ein vergleichbarer Effekt ergibt sich aus dem Ersatz fossiler Stromerzeugung (Wirkungsgrad 2018: 44,8 %).

Primärenergieeinsparungen sind vor diesem Hintergrund leichter zu erreichen als Verbrauchsminderungen beim Endenergieverbrauch. Zum einen werden auf der Ebene des Primärenergieverbrauchs die Effizienzbeiträge aller Wirtschaftszweige berücksichtigt, zum andern führt bereits die Substitution von elektrischem Strom aus Kernenergie oder fossilen Energien durch Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu einer statistischen Verringerung des Primärenergieverbrauchs. In der Verbrauchswirkung schwer abzuschätzen, aber zunehmend bedeutsam wird das Erfordernis, den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung durch konventionelle Regel- und Reserveenergien zu flankieren. Darüber hinaus können sich die gesamtwirtschaftlichen Effizienzkennziffern allein durch den intersektoralen Strukturwandel – von energieintensiver Grundstoffproduktion hin zu energieextensiven Dienstleistungssektoren – verbessern, ohne dass dem technische Effizienzverbesserungen zugrunde liegen.

Der Struktur der Energiebilanz folgend, wird die Darstellung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Energieeffizienz des Endenergieverbrauchs durch eine Unterteilung nach Wirtschaftsbereichen ergänzt. Zur Ableitung aussagefähiger Effizienzindikatoren innerhalb dieser Teilbereiche werden jeweils sektorspezifische Bezugsgrößen herangezogen: Auf der Ebene der Industrie oder des Gewerbes wird eine wertmäßige Leistungsgröße wie der Bruttoproduktionswert oder die Bruttowertschöpfung als Bezugsgröße zur Ableitung der Energieeffizienz gewählt. Bei den privaten Haushalten erscheint es zweckmäßig, als Effizienzindikator den spezifischen Energieverbrauch je Quadratmeter Wohnfläche heranzuziehen, da der größte Teil des Verbrauchs der Raumheizung dient. Im Verkehrssektor wird der Energieverbrauch typischerweise auf die Verkehrsleistung (in Tonnen- oder Personenkilometer) bezogen.

Insgesamt gilt, dass eine verbesserte Energieeffizienz wichtige Beiträge nicht nur zum Klimaschutz, sondern zu allen drei zentralen Zielen der Energiepolitik – Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit – zu leisten vermag.

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„et“-Redaktion
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