EU-Richtlinien und hohe Stromkosten bringen die Energiegemeinschaften voran

EU-Richtlinien und hohe Stromkosten bringen die Energiegemeinschaften voran (Quelle: Adobe Stock)

Rechtlicher Hintergrund - Clean Energy Package der EU

Am Weg zur Klimaneutralität bis 2050 spielt aus EU-Sicht die Miteinbeziehung der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Deutlich wird das insbesondere durch das 2019 erlassene EU Clean Energy Package [1], in dem das Prinzip der Energiegemeinschaften, und somit die verstärkte Bürgerbeteiligung an der Energiewende in Europa verankert wurde. 

In der Renewable Energy Directive (RED II) und in der Electricity Directive des Clean Energy Package werden zwei Arten von Energiegemeinschaften unterschieden: Die Renewable Energy Communities (dt.: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften – EEG), sowie die Citizen Energy Communities (dt.: Bürgerenergiegemeinschaften – BEG). Beide sollen den gemeinschaftlichen Austausch von selbsterzeugter, erneuerbarer Energie zwischen den Teilnehmern ermöglichen, jedoch unterscheiden sich beide Arten in grundlegenden Kriterien wie z.B. geografische Nähe der Teilnehmer, Art der ausgetauschten Energie und finanzielle Begünstigungen.

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen hat die EU 2022 mit dem Energy Communities Repository und dem Rural Energy Community Advisory Hub zwei zusätzliche Initiativen etabliert, die den Austausch von Best Practices und die Bereitstellung von technischer Unterstützung für die praktische Umsetzung von Energiegemeinschaften ermöglichen soll. Die Verankerung der Energiegemeinschaften in Richtlinien lässt den EU-Mitgliedstaaten viel Spielraum bei der Umsetzung in nationales Recht. 

Österreich hat sich bei der Umsetzung der Energiegemeinschaften in nationales Recht nahe an den EU-Vorgaben orientiert und beide Arten von Energiegemeinschaften bereits in nationales Recht umgesetzt [2]. Auch eine nationale Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften wurde eingerichtet, um die praktische Umsetzung voranzutreiben [3]. Neben den Energiegemeinschaften nach EU-Vorgabe gibt es in Österreich bereits seit 2017 die Möglichkeit für Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen (GEA), die die gemeinsame Erzeugung und Verbrauch von Strom in Mehrparteienhäusern ermöglicht. 

In Deutschland sieht die Lage anders aus, hier wurden die in den EU-Richtlinien vorgeschlagenen Konzepte bisher nur sehr begrenzt in nationales Recht überführt. Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches 2023 novelliert wurde, sieht keine Unterscheidung zwischen Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften vor, sondern definiert lediglich sog. Bürgerenergiegesellschaften [4]. 

Diese müssen aus mindestens 50 natürlichen Personen bestehen und sind auf Postleitzahlengebiete beschränkt, die sich hauptsächlich im Umkreis von 50 km befinden. Neben bestehenden rechtlichen Hürden, die das Energy Sharing – also den gemeinsamen Verbrauch selbst erzeugten Stroms in eigenen Gemeinschaftsanlagen unter Nutzung des öffentlichen Stromnetzes – in Deutschland „nahezu nicht möglich“ machen [5], bietet das neue EEG 2023 eine einfachere Realisierung von Bürgerenergiegesellschaften und somit Hoffnung auf mehr.

Ähnlich wie in Österreich besteht auch in Deutschland im Rahmen des Mieterstroms die Möglichkeit zur gemeinschaftlichen Nutzung selbst erzeugter Energie in Mehrparteienhäusern. 

Als Nicht-EU-Staat hat die Schweiz die Richtlinien der EU zu den Energiegemeinschaften nicht übernommen. Jedoch ist seit 2018 im Schweizer Energiegesetz (EnG) [6] der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) verankert. Ähnlich wie im Rahmen der GEA in Österreich oder des Mieterstroms in Deutschland kann hier selbst produzierte Energie von mehreren Grundeigentümern bzw. Endverbrauchern gemeinsam genutzt werden. Besonders ist hierbei jedoch, dass Energie nur über aneinander angrenzende Grundstücke ausgetauscht werden kann. Das öffentliche Netz darf für den Eigenverbrauch nicht verwendet werden.

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