Umsetzung in Österreich

Abb. 1 Netzebenen und Energiegemeinschaften Quelle: [2]
In Österreich wurden die EU-Vorgaben in drei Schritten umgesetzt (siehe Abb. 1). In der Ökostrom-Novelle von 2017 [7] wurde die Möglichkeit geschaffen, dass mehrere Personen mit einem gemeinsamen Netzanschluss selbst erzeugten Strom untereinander aufteilen können (Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen – GEA). Der zuständige Netzbetreiber nimmt dafür die (typischerweise von einer PV-Anlage am Dach des Hauses) erzeugte Strommenge und teilt sie entweder aliquot zum Verbrauch der Teilnehmer (dynamisches Modell) oder nach einem fixen Schlüssel (statisches Modell) auf die Teilnehmer auf.
Im nächsten Schritt wurden EEG ermöglicht. Seit 2021 können Teilnehmer über einen größeren geografischen Bereich verteilt sein; allerdings müssen alle Teilnehmer im selben Netzgebiet angesiedelt sein und entweder als lokale EEG über die Netzebenen 6 und 7 miteinander verbunden sein oder als regionale EEG über die Netzebene 4 und 5.
Noch in diesem Jahr werden in Österreich auch BEG möglich sein. Damit fallen die letzten geografischen Beschränkungen, die Teilnehmer können sich in Netzgebieten beliebiger Netzbetreiber befinden. Ebenso ist vorstellbar, dass die Erzeugungsanlagen im wind- und sonnenreichen Osten Österreichs stehen, während die Verbraucher im Westen Österreichs angesiedelt sind. Wie schon bei GEA und EEG erfolgt auch hier eine Anrechnung der Erzeugungsmengen auf den Verbrauch der Teilnehmer nach einem dynamischen oder statischen Verteilschlüssel. Eine Gegenüberstellung der drei Formen von Energiegemeinschaften in Österreich findet sich in Tab. 1 und Tab. 2.
Aktueller Stand
In Österreich haben sich Energiegemeinschaften bereits etabliert und sind auf starkem Wachstumskurs. Bei den gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen waren im März 2023 österreichweit 940 Anlagen aktiv. Zur gleichen Zeit gab es bereits 400 aktive Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und weitere 300 EEG in Gründung. Obwohl BEG erst in der zweiten Jahreshälfte starten, sind auch schon 10 BEG registriert. Zum aktuellen Stand der Energiegemeinschaften in Deutschland und zum ZEV in der Schweiz sind leider keine aktuellen Statistiken verfügbar.
| Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA) | Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) | Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) |
Rechtliche | Ökostromgesetz bzw. Ökostrom-Novelle |
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Ziel | Gemeinschaftliche Produktion und Ver- | Ökologische, wirtschaftliche, sozialgemeinschaftliche Vorteile, nicht vorrangig finanzieller Gewinn | |
Konstituierung | Keine eigene Rechtsperson |
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Teilnahme |
| Mit (geographischer) Nähe zum Projekt:
| Ohne verpflichtende Nähe:
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Kontrolle |
| Kontrolle von Anteilseignern oder Mitgliedern:
| Kontrolle von Anteileignern oder Mitgliedern:
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| Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA) | Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) | Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) | |
Nähe zum Projekt |
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Ziel |
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Tätigkeit |
| Erneuerbare Energie (auch Wärme/Kälte):
| Elektrische Energie:
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Förderregelungen |
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Finanzielle Vorteile für Teilnehmer |
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Erkenntnisse: Was läuft gut?
Die positive Entwicklung der Zahl an Energiegemeinschaften zeigt, dass die organisatorischen Hürden für die Errichtung weitgehend ausgeräumt sind. Es gibt umfangreiche Hilfestellung von öffentlicher Seite, bspw. durch die vom Klima- und Energiefonds betriebene Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften [3]. Interessierte finden dort sogar Musterverträge für die Gründung, Erklärvideos und Kontaktdaten weiterer Energiegemeinschaften.
Auf technischer Seite hat die Energiebranche in Österreich dafür gesorgt, dass auch kleinere Netzbetreiber, die typischerweise keine eigenen IT-Anwendungen entwickeln, für ihre Netzkunden alle Formen von Energiegemeinschaften abbilden können, in Form des EDA-Anwenderportals [9] zur Anbindung von Energiedienstleistern oder gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen. Das Anwenderportal schafft damit den Zugang zu allen anderen Marktteilnehmern (siehe Abb. 2).
Um die organisatorische Komplexität in der Berechnung der Energiebilanz für BEG möglichst gering zu halten, hat sich die E-Wirtschaft in Österreich entschieden, die Saldierung von Erzeugungs- und Verbrauchsmengen über eine zentrale Instanz abzuwickeln, die Verteilernetzübergreifende Energiezuweisung (VEZ). Jeder Netzbetreiber (VNB) schickt die Verbrauchs- und Erzeugungsmengen aller Teilnehmer einer BEG täglich an die VEZ; dort werden nach Vorliegen der vollständigen Werte einer BEG die Salden berechnet und an die VNB retourniert. Im letzten Schritt nimmt dann der Netzbetreiber noch die Aufteilung je Teilnehmer vor. Mit diesem zentralen Ansatz wird eine kostengünstige, einheitliche und organisatorisch simpel zu administrierende Lösung geschaffen, die es erleichtert, BEG zu etablieren – ein weiteres Beispiel für eine akkordierte technische Lösung, die allen Marktteilnehmern hilft.
In Gesprächen mit Mitgliedern von Energiegemeinschaften hat sich gezeigt, dass sich mit der Mitgliedschaft auch ein stärkeres „energiewirtschaftliches“ Verhalten entwickelt. Die Teilnehmer achten mehr darauf, dass sie den Verbrauch – wo immer das möglich ist – in die Zeit legen, in der die Gemeinschaft Strom produziert. Das reicht von simplen Haushaltsgeräten wie einem Geschirrspüler über das Laden von E-Autos bis hin zu Winzern, die unter Nutzung des PV-Stroms aus der Gemeinschaft ihre Tanks tagsüber stärker kühlen, als es eigentlich nötig wäre, um ohne Kühlbedarf über die Nacht zu kommen.