Modular, flexibel und systemdienlich: die ETES-Technologie

Abb. 2: ETES (Elektrothermischer Energiespeicher) – Prinzip und Einsatzweise

Abb. 2: ETES (Elektrothermischer Energiespeicher) – Prinzip und Einsatzweise (Quelle:Siemens Gamesa)

Über die Eröffnung der Perspektive des Weiterbetriebs bestehender Kraftwerkstechnik hinaus kann ETES weitere Vorteile und Möglichkeiten zur Erreichung der Ziele der Energiewende bieten. In Kombination mit einem oder mehreren Windparks kann ETES die Volatilität der Wind- aber auch Solarenergie ausgleichen. Insbesondere im Norden Deutschlands wird regelmäßig mehr erneuerbare Energie erzeugt als von den Stromnetzen aufgenommen und übertragen werden kann bzw. verbraucht wird. Wenn die Grenzen der Regelenergiemärkte zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität erreicht sind, werden Erneuerbare-Energie-Anlagen im Zuge des Einspeisemanagements durch die Übertragungsnetzbetreiber teilweise oder ganz abgeregelt. Durch das Abschalten dieser Anlagen ging 2019 eine CO2-freie Energiemenge verloren (6.482 GWh), die dem Jahresverbrauch von fast einer Million Menschen entspricht.

Den Betreibern der Windkraftanlagen wird der nicht eingespeiste Strom trotzdem vergütet. Die Rechnung zahlt der Stromkunde. Sie belief sich im Jahr 2019 auf rund 700 Mio. €. Speicher wie ETES könnten die negativen Folgen des fehlenden Netzausbaus lindern und die CO2-freie Energie nutzen, statt sie ungenutzt zu verlieren. Je nach Strommarktdesign kann ETES Betreibern von Wind- und Solarparks auch die Möglichkeit bieten, den produzierten Strom in Zeiten niedriger Börsenstrompreise zu parken und wieder abzugeben, wenn bessere Preise erzielt werden können.

Auf dem Weg zu einer 100-prozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien müssen wir in Deutschland auch noch die fossilen Kraftwerke ersetzen, die als Kapazitätsreserve und Sicherheitsbereitschaft fungieren. Auch diese Leistung kann der Elektrothermische Energiespeicher übernehmen. Damit könnte in Zukunft rund um die Uhr eine CO2-freie Versorgungssicherheit gewährleistet werden.

Da ETES elektrische in thermische Energie umwandelt, muss die eingespeicherte Energie jedoch nicht zwangsläufig rückverstromt werden: Vielmehr kann je nach Bedarf sauberer Strom, emissionsfreie Hochtemperaturwärme für Industrieprozesse oder thermische Energie als Fernwärme bereitgestellt werden. Die ETES-Technologie ermöglicht somit nicht nur den nächsten Schritt der Energiewende im Stromsektor, sondern auch in der Sektorenkopplung. Energieintensive Industrieprozesse können (teil-)elektrifiziert und dekarbonisiert werden, während ETES im Wärmesektor Erzeugungskapazitäten auf der Basis fossiler Feuerungsquellen, wie Kohlekraftwerke im KWK-Betrieb, ersetzen könnte.

Rechtlicher Rahmen hinkt technischer Entwicklung hinterher

Siemens Gamesa hat für die ETES-Technologie bereits sechs internationale Auszeichnungen erhalten, davon alleine drei in 2020. Damit die Technologie den Markt erobern und saubere Energie im Gigawattstundenbereich zur Verfügung stellen kann, muss aber nicht nur die Technik stimmen, sondern auch der regulatorische Rahmen u.a. im EEG und dem Stromsteuergesetz.

Hier gibt es jedoch noch eine Menge Handlungsbedarf. Das aktuelle Abgabensystem behindert den wirtschaftlichen Einsatz von thermischen Speichern durch Doppelbelastungen bei Ein- und Ausspeisung noch massiv. Betraf die Doppelbelastung vor einigen Jahren grundsätzlich sämtliche Speichertechnologien, hat der Gesetzgeber in der Zwischenzeit entsprechende Anpassungen vorgenommen. So findet sich mit § 61l EEG eine Regelung, die elektrische, chemische und mechanische Stromspeicher von der EEG-Umlage befreit – thermische Speicher wie ETES profitieren hiervon jedoch nicht. Gleichzeitig verzerrt der zu niedrige CO2-Preis den Markt zugunsten der fossilen Kraftwerke. So stehen vielerorts Gaskraftwerke zur Stabilisierung der Netze und als „Dunkelflautenlösung“ bereit, obwohl es längst emissionsfreie Techniken gäbe.

Der gesetzliche Rahmen muss insofern so gestaltet werden, dass innovativen Lösungen der Marktzugang erleichtert wird, damit sich Investitionen in Forschung und Entwicklung auch auszahlen können. Während ETES beispielsweise grundsätzlich die gleichzeitige Bereitstellung elektrischer Stromerzeugung und thermischer Energie im Sinne der Fernwärmeversorgung erlaubt – ganz ähnlich wie eine konventionelle KWK-Anlage – ist ein Betrieb mit entsprechender fixer Vergütung auf Basis des KWK-Gesetzes aktuell nicht möglich.

Das fehlende Puzzleteil der Energiewende ergänzen

Wind- und Solarenergie haben dank großartiger Ingenieurskunst und weitsichtiger politischer Entscheidungen einen weltweiten Boom ausgelöst. Nun ist es an der Zeit, mit ETES das fehlende Puzzleteil der Energiewende zu ergänzen, um die Transformation zu 100 % Erneuerbaren vollenden zu können. (Weitere Informationen siemensgamesa.com/etes)

H. Özdem, Head of ETES, M. Lange, Communications Manager, T. Hohnholz, Working Student Business Development, Siemens Gamesa Renewable Energy GmbH und Co KG, Hamburg, hasan.oezdem@siemensgamesa.com
 

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