
Die Automobilbranche und der Maschinenbau haben das höchste Flexibilisierungspotenzial für eine Verschiebung der Spitzenlast. (Quelle: Adobe Stock)
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nimmt die Volatilität im deutschen Stromsystem zu. Sie könnte durch ein höheres Maß an Flexibilisierung, d. h. die Anpassung der Stromnachfrage an das vorhandene Angebot, abgefedert werden.
Eine Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey & Company unter 400 deutschen Unternehmen zeigt, dass die industrielle Spitzenlast durch eine stärkere Flexibilisierung von aktuell rund 75 GW um 10 bis 15 Prozent bzw. 5 bis 7 GW sinken kann.
Unternehmensvorteil: Energiekostensenkung
Große Unterschiede im Flexibilisierungspotenzial zeigen sich im Branchenvergleich: Während Raffinerien nur ein Flexibilisierungspotential von 6 % angeben, ist dieser Wert in der Stahlbranche (10 %) oder im Automobil- und Maschinenbau (12 %) deutlich höher. Die Studie zeigt aber auch, dass innerhalb einer Branche teils große Unterschiede herrschen.
Vorteile einer Flexibilisierung liegen für die Unternehmen in der Möglichkeit, Energiekosten zu senken, wenn sie ihre Produktion beispielsweise in Zeiten niedriger und negativer Strompreise hochfahren. Darüber hinaus würde die Flexibilisierung auch das Stromsystem insgesamt entlasten. Es stellt damit eine sinnvolle Ergänzung zum Ausbau weiterer Backup-Gaskraftwerke dar.
Nach Angaben der Unternehmen müsste die Einsparung über den durchschnittlichen Jahresstrompreis rund 2-3 ct/kWh betragen, damit sich eine Flexibilisierung der Stromnachfrage auch wirtschaftlich lohnt. Rund 40 % der Unternehmen gaben an, bis zu 5 % ihrer Spitzenlast reduzieren zu können, ein Viertel der Befragten wäre in der Lage bis zu 10 % reduzieren.
Nicht im Fokus: Spitzenlasterhöhung bei Niedrigpreisen
Durch den Zubau erneuerbarer Energie, vor allem Photovoltaik, waren im Jahr 2024 in den Monaten Mai bis August an rund 80 Stunden die Strompreise negativ. „Wenn Unternehmen einen Teil ihrer Spitzenlast in diese Zeiten verschieben, hat dies positive wirtschaftliche Effekte“, so Alexander Weiss, Co-Autor der Studie und Leiter der weltweiten Energieberatung bei McKinsey. Allerdings haben bisher nur ein Drittel der Unternehmen über eine gezielte Erhöhung ihrer Spitzenlast nachgedacht.
Nachholbedarf haben die Unternehmen bei der technischen Umsetzung des Flexibilisierungspotentials: Nur 14 % der befragten Unternehmen konnten detailliert Auskunft zur Umsetzung geben. Hindernisse sind vor allem die operative Komplexität bei der Umstellung von Anlagen und Technik (53 %), regulatorische Unsicherheit (49 %) und fehlendes Know-how (41 %).
Positive Signale offenbart die Studie mit Blick auf die zeitliche Umsetzung: 60 % des gesamten Flexibilisierungspotentials sind nach Einschätzung der Unternehmen innerhalb der kommenden drei Jahre realisierbar. Fast alle Unternehmen stehen zu diesem Thema auch schon im Austausch mit Dritten, um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen zu überprüfen – oft sind dies Stromversorger (72 %), Dienstleister (58 %) oder vor allem bei Großverbrauchern die Netzbetreiber (16 %).
Die Studie ist hier abrufbar.