Der Energiecampus Wildpoldsried in Bayern

Der Energiecampus Wildpoldsried in Bayern (Quelle: Allgäuer Überlandwerk – AÜW)

Seit Oktober 2020 ermöglicht die Handelsplattform privaten Stromproduzenten den Zugang zu einem lokalen Energiemarkt. Erste Ergebnisse wurden in einer virtuellen Veranstaltung im Rahmen der Berliner Energietage 2021 vorgestellt und mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft diskutiert.

Strom und Flexibilitäten aktiv untereinander handeln

„Pebbles“ bietet lokalen Erzeugern, Prosumern und Verbrauchern die Möglichkeit, ihren Strom und Flexibilitäten – z.B. ein zeitlich verschobener Stromverbrauch – aktiv untereinander zu handeln. Eine digitale Plattform verbindet alle Teilnehmer so miteinander, dass sie überschüssigen Strom an andere Verbraucher oder über einen Zwischenhändler an übergeordnete Märkte vermarkten können. Bei lokaler Unterdeckung liefert ein Backup-Versorger zusätzlichen Strom. Über die Plattform legen Nutzer zudem Präferenzen für ihren Strombezug fest und können so etwa die Herkunft des Stromes wählen und maximale Bezugspreise festlegen.

Die Besonderheit der Plattform im Projekt „pebbles“ ist, dass sie die Netztopologie und die prognostizierte Netzauslastung berücksichtigt und so Netzengpässe minimiert. Möglich wird dies durch eine multikriterielle Optimierung der Handelsplattform: Sie wickelt Transaktionen ab und nutzt bei Bedarf Flexibilitäten aus Batteriespeichern oder steuerbaren Lasten wie Wärmepumpen oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge.

Projekte wie „Pebbles“ zeigen, wie Stromnetze zukünftig flexibler werden können, um mehr erneuerbare Energien zu nutzen, so ein Ergebnis der Partner im Whitepaper. Lokale Energiemärkte können den Bedarf an kosten- und zeitintensivem Ausbau der Netze und des Netzengpassmanagements minimieren. Insgesamt haben sie so das Potenzial, die Kosten für die Energiewende zu senken. Aktuell, so die Projektpartner im Whitepaper, stehen dieser Perspektive jedoch ein starres Netzentgeltsystem und hinderliche regulatorische Rahmenbedingungen entgegen.

„Pebbles“ zeigt eindrucksvoll, wie wir der Energiewende auf lokaler Ebene begegnen können, indem wir neue Technologien und innovative Konzepte nutzen. So können sich Bürger zukünftig selbst versorgen und eine Gemeinschaft von Stromhändlern werden“, so Ute Redecker, General Manager Digital Grid Siemens Deutschland. Michael Lucke, Geschäftsführer Allgäuer Überlandwerk ergänzte: „Ich bin davon überzeugt, dass die Verteilnetzbetreiber künftig eine stärkere Rolle spielen müssen, wenn wir echte Regionalmärkte haben wollen. Die Energieversorger werden ihre Rolle ebenfalls neu definieren müssen. Es geht nicht mehr allein darum, dass wir Energie an Endkunden verkaufen. Vielmehr werden wir als Integrator und Plattformbetreiber den Peer2Peer Stromhandel ermöglichen.“

Gemeinsames Forschungsprojekt

„Pebbles“ ist ein gemeinsames Forschungsprojekt der Fachhochschule Kempten, des Fraunhofer Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT), des Netzbetreibers AllgäuNetz, des Allgäuer Überlandwerks (AÜW) und der Siemens AG. Die Initiative wurde im März 2018 gestartet, um Technologien für den lokalen Stromhandel zu testen und mögliche Geschäftsmodelle für Netzbetreiber und Energieversorger auszuloten. Pebbles steht für Peer-to-Peer-Stromhandel auf der Basis von Blockchains und ist insgesamt die dritte Initiative der Projektpartner in Wildpoldsried.

Das Whitepaper der Projektpartner als PDF finden Sie unter pebbles-projekt.de

„et“-Redaktion

Ähnliche Beiträge