
Die Politik muss die Abwägung der Haushalte bei der Wahl der Heizung in die Regulierung einbeziehen. (Quelle: Adobe Stock)
Die Wärmewende der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sah ab Mitte 2028 ein durchgängiges Verbot neuer herkömmlicher Öl- und Gasheizungen vor. Zudem war auch das Ausrangieren im Betrieb befindlicher fossiler Heizungen einem strengen Zeitplan unterworfen. Das als „Heizungshammer“ kritisierte Gesetz möchte die neue Koalition „flexibler“ gestalten und die Möglichkeit erhalten, dass auch alte Gasheizungen von vor 1991 weiterbetrieben werden dürfen.
Deutschland steht damit nicht allein; auch andere Industriestaaten machen ähnliche Rückzieher. Diese über Deutschland hinausgreifende Politikwende war für das Forschungsteam Anlass, das Thema grundlegender zu betrachten. Konkret möchten die Autorinnen und Autoren des in Nature Climate Change veröffentlichten Artikels der Politik – basiert auf neueren Erkenntnissen der Wirtschaftslehre – konkrete Hilfestellungen an die Hand geben, mit der eine maßvolle, gezielte Regulierung ergänzend zur sukzessive steigenden CO2-Bepreisung gelingen kann.
Aufeinanderprallen von Denkschulen
PIK-Direktor Ottmar Edenhofer, der an dem Artikel mitgewirkt hat, erklärt: „Auf den ersten Blick stoßen beim Thema Heizungsverbot zwei unvereinbare Ansichten aufeinander. Für die einen schützt der Staat die Menschen damit vor falschen Entscheidungen, weil sie zum Beispiel angesichts der stetig steigenden CO₂-Bepreisung den langfristigen Kostenvorteil einer Wärmepumpe unterschätzen. Doch für die anderen beraubt er sie gerade der Möglichkeit, mit Blick auf ihre persönliche Kostensituation optimal zu handeln und vielleicht lieber noch eine Zeitlang mit Erdgas zu heizen.“ Ausgangspunkt der Analyse ist die Feststellung, dass beide Denkschulen unter bestimmten Bedingungen recht haben.
Unter Rückgriff auf neuere ökonomische Erkenntnisse zeigen die Autorinnen und Autoren einen Ausweg aus dem Glaubenskrieg der beiden Positionen auf. Demnach sollte die Politik die Abwägung verstehen, die in bestimmten Haushaltsgruppen den Ausschlag für den Kauf einer Wärmepumpe oder einer Gastherme gibt: die persönliche Kostensituation oder eher Informationslücken und Fehlwahrnehmungen? Im ersten Fall zwingt ein Verbot zum unwirtschaftlichen Handeln und löst entsprechend Protest aus. Im zweiten Fall verhindert der Staat, dass Haushalte langfristig in eine Kostenfalle tappen, weil sie zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht alle relevanten Informationen berücksichtigen.
Orientierung anhand von vier Indikatoren
Im Artikel werden vier Indikatoren herausgearbeitet, die der Politik in diesem Spannungsfeld Orientierung bieten können. Zunächst muss nach baulichen Umständen differenziert werden. So ist für schlecht dämmbare Bestandsimmobilien die Entscheidung für eine fossilfreie Heizung schwieriger als für neue Objekte. Zweitens ist die lokale Verfügbarkeit von Fachkräften und Material ein wichtiger Faktor. Engpässe können zu vorübergehenden Preisspitzen führen, die durch Verbote finanziell besonders schmerzhaft werden. Drittens müssen Information und Beratung zur Verfügung stehen, denn wenn bei einer Entscheidung auf Expertise zurückgegriffen werden kann, ist weniger Regulierung nötig. Und viertens muss das Problem gesplitteter Anreize in den Blick genommen werden. Danach braucht es tendenziell eher mehr Regulierung, wenn in vermieteten Gebäuden die Investitionskosten und die laufenden Einsparungen nicht bei der gleichen Person anfallen.
Die Studienautorinnen und -autoren kommen zu dem Schluss, dass pauschale Verbote, aber auch Laissez-faire-Politik nicht helfen. Stattdessen sollte sich die Politik an den vier genannten Aspekten ausrichten und auf ihrer Basis eine maßvolle, gezielte Regulierung der Wärmewende gestalten.
„Es geht um einen differenzierten Umgang mit unterschiedlichen Gruppen von privaten Haushalten – je nachdem, ob Heizungsverbote dort eher nützen oder schaden“, erklärt Michael Pahle, Leiter der PIK-Arbeitsgruppe Klima & Energiepolitik und ebenfalls ein Autor des Artikels. „Gezielte Verbote können durchaus eine wichtige Rolle spielen und das ab 2027 im Gebäudesektor EU-weite Leitinstrument der CO₂-Bepreisung ergänzen. Nötig sind zudem eine den Umstieg erleichternde Infrastruktur, gute Informationspolitik sowie auf Härtefälle ausgerichtete Fördermaßnahmen.“
Empfehlung: Modellversuche
Das Forschungsteam empfiehlt der Politik eine rasche Zusammenführung und bessere Nutzung existierender Datenquellen, um mehr Licht in die Entscheidungsfindung privater Haushalte zu bringen. So könnten bei Energieberatungen und in Anträgen auf Heizungsförderung zusätzliche Daten erhoben werden.
„Außerdem sollte ein Sofortprogramm mit regional begrenzten Modellversuchen als Quelle für den nötigen schnellen politischen Lernprozess aufgesetzt werden“, so Andreas Gerster von der Universität Mainz und dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, ebenfalls einer der Autoren. „Die Wärmewende ist dringend überfällig, deshalb brauchen wir eine Tempo-Strategie für einen ambitionierten und gesellschaftlich vermittelbaren Umbau. Dieser Artikel liefert das Wissen darüber, inwieweit dabei auch Verbote eingesetzt werden können.“
Der am 26.5.2025 in Nature Climate Change erschienene Artikel „Targeted policies to break the deadlock on heating bans“ ist aufrufbar unter doi.org/10.1038/s41558-025-02343-9