Nur mit der Befragung derselben Personen über einen längeren Zeitraum, wie sich Ungleichheiten, Umweltbewusstsein oder -Handeln, mögliche Polarisierungen und das Protestverhalten in der Bevölkerung über die Zeit hinweg verändern.

Nur mit der Befragung derselben Personen über einen längeren Zeitraum hinweg lässt sich abschätzen, wie sich Ungleichheiten, Umweltbewusstsein oder -Handeln, mögliche Polarisierungen und das Protestverhalten in der Bevölkerung über die Zeit hinweg verändern (Quelle: Pixabay).

Der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität stellt Politik, Wirtschaft und Bevölkerung vor große Herausforderungen. Doch wie denken die Menschen darüber? Ein neues Langfristprojekt soll Antworten auf solche zentralen gesellschaftlichen Fragen liefern: Welche Faktoren verändern Umwelteinstellungen und -Verhalten? Welche Dynamiken stehen hinter der Akzeptanz umweltpolitischer Initiativen und dem Protest für oder gegen Klimapolitik? Welchen Einfluss haben Maßnahmen der Klimapolitik auf die CO2-Emissionen von Haushalten? Welche sozialen Gruppen werden dadurch besonders belastet? Welche sozialen Konsequenzen ergeben sich durch umweltpolitische Maßnahmen oder deren Unterlassung? Welchen Einfluss auf das Umweltbewusstsein und -Handeln haben Umweltbedingungen am Wohnort, etwa Lärmbelastung und Luftverschmutzung, aber auch Verfügbarkeit von Verkehrsinfrastruktur und Grünflächen? Gibt es strukturelle Bedingungen, die klimafreundliches Handeln ermöglichen, und welche Rolle spielen dabei Unterschiede in soziodemographischen Merkmalen?

Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und der Universität Leipzig starten jetzt gemeinsam die erste Längsschnittstudie zum Thema in Deutschland und schaffen damit eine neue Datengrundlage für die sozialwissenschaftliche Umwelt- und Klimaforschung. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Langzeitprojekt wird Daten für eine Vielzahl an Forschungsfragen aller sozialwissenschaftlichen Disziplinen liefern. 

Gefördert wird die "German Longitudinal Environmental Study" (GLEN) zunächst für drei Jahre mit einer Fördersumme von knapp 6 Mio. €. Über die gesamte Laufzeit von 12 Jahren ist ein Volumen von rund 20 Mio. €. vorgesehen.

Qualitativ hochwertige Längsschnittdaten

„Nur mit guten Daten sind die Sozialwissenschaften in der Lage, zentrale Impulse für Klimawissenschaften durch ein besseres Verständnis menschlicher Verhaltensweisen zu setzen", erklärt Prof. Dr. Katrin Auspurg, Projektleiterin an der LMU. „Für viele Fragen sind neben Makrodaten zu Umverteilungseffekten vor allem Trend- und Paneldaten zu Einstellungen und Verhalten der Bevölkerung wichtig."

Nur mit der Befragung derselben Personen über einen längeren Zeitraum hinweg lässt sich abschätzen, wie sich Ungleichheiten, Umweltbewusstsein oder -Handeln, mögliche Polarisierungen und das Protestverhalten in der Bevölkerung über die Zeit hinweg verändern. „Ohne die Perspektive auf den Menschen wird es kaum möglich sein, die Erfolgsaussichten, die sozialen Folgen und die Verteilungswirkung von Klimaschutz und Umweltpolitik abzusehen", äußert sich Prof. Dr. Henning Best, Projektleiter an der RPTU.

Innovative methodische Ansätze

Entscheidend für die Beantwortung der genannten und zahlreicher weiterer Forschungsfragen sind die Qualität der Daten und innovativen Methoden. „Der Ruf nach hochwertigen Individualdaten ist laut in der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung“, sagt Dr. Christiane Bozoyan, die zu den Projektleiterinnen am Standort München gehört und gleichzeitig die Studie koordiniert.

GLEN ist eine auf 12 Jahre angelegte, halbjährlich stattfindende Befragung der in Deutschland lebenden Bevölkerung ab 18 Jahren mit einer Ausgangsstichprobe von über 20.000 Personen. Das umfassende Frageprogramm wird mit experimentellen Methoden kombiniert und mit Regionaldaten angereichert. Weiter wird mit den GLEN+ Studien für lokale Akteure wie Gemeinden und Regionen die Möglichkeit geschaffen, die GLEN-Daten mit einer eigenen Stichprobe zu ergänzen und so mit einer deutschlandweiten Benchmark zu vergleichen. Daneben sind Kooperationen mit Partnern aus Wissenschaft oder Verwaltung vorgesehen, die einen experimentellen Schwerpunkt setzen. „Mit dem geplanten Stichprobenumfang und dem breiten interdisziplinären Themenspektrum aus Verhalten und Einstellungen mit Bezug auf Umwelt und Klima wird unser Datenangebot weltweit einzigartig sein", sagt Dr. Claudia Schmiedeberg, Projektleiterin an der LMU und Koordinatorin.

Alle mit den GLEN-Daten produzierten Ergebnisse bilden schließlich die Grundlage für eine evidenzbasierte Politikberatung. „Mit GLEN und den GLEN+ Projekten wird eine umfassende und kritische wissenschaftliche Evaluation vieler politischer Maßnahmen möglich sein. Insbesondere wird das Panel Antworten auf die Frage geben, welchen Einfluss Maßnahmen der Klimapolitik auf die CO2-Emissionen von Haushalten haben und welche sozialen Gruppen dadurch besonders belastet werden.", erklärt Prof. Dr. Andreas Diekmann, Projektleiter an der Universität Leipzig.

Ansprechpartner:

Katrin Auspurg
katrin.auspurg@lmu.de

Henning Best
mailto:henning.best@rptu.de

Christiane Bozoyan
mailto:bozoyan@soziologie.uni-muenchen.de

Prof. Dr. Andreas Diekmann
mailto:andreas.diekmann@uni-leipzig.de

„et“-Redaktion

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