Die Frage, welche Institution geeignet wäre, den Aufbau eines Wasserstoffnetzes zu meistern, wird gerade intensiv diskutiert

Die Frage, welche Institution geeignet wäre, den Aufbau eines Wasserstoffnetzes zu meistern, wird gerade intensiv diskutiert (Quelle: Pixabay)

„Neben regulatorischen Fragen bleibt das zentrale Hemmnis für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur die Frage, wer für Planung, Bau und Betrieb des zukünftigen Wasserstoffnetzes die Verantwortung und nicht zuletzt die Risiken trägt“, erläutern die beiden Erstautoren des Impulspapiers, Benjamin Pfluger von Fraunhofer IEG sowie Joachim Müller-Kirchenbauer von der TU Berlin. „Um zu klären, was für den Standort Deutschland die zukunftssicherste Antwort ist, also mit welchen Strukturen der Aufbau eines Wasserstoffnetzes am schnellsten gelingt, muss man die besondere Ausgangslage und die Erfordernisse der nächsten Jahre im Detail betrachten. Welches Aufbau- und Betriebsmodell sich am besten eignet, ist bisher nicht hinreichend belegt.“

„Die meisten der derzeit diskutierten Betreibermodelle für Wasserstoffnetze haben Marktakteure und Fernleitungsnetzbetreibern in die Diskussion gebracht, die das legitime Eigeninteresse verfolgen, angestammte Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln“, sagt Benjamin Pfluger. Doch die bewährten Strukturen für Strom und Erdgas müssen nicht notwendigerweise auch für die Zukunft passen. Sie sind historisch gewachsen und dienen dazu, umfangreich ausgebaute Netze in einem marktlichen Umfeld graduell weiterzuentwickeln.

Rollen differenzieren

Das Hintergrundpapier legt dar, warum die Situation beim Wasserstoffhochlauf so spezifisch ist: Das Netz muss von Grund auf entwickelt werden und zumindest mittelfristig wird die öffentliche Hand Erzeugung, Nutzung, Transport und Speicherung finanziell umfangreich fördern müssen. In der Anfangsphase wird der Staat auch die wesentlichen Risiken tragen müssen.

Durch die besondere Situation sprechen einige Gründe dafür, eine staatliche Beteiligung an einer nationalen Wasserstoffnetzgesellschaft gründlich in Erwägung zu ziehen. Das Papier differenziert dabei auch, welche Rollen der Staat im Hochlauf des Wasserstoffnetzes einnehmen könnte und welche Aufgaben besser durch Unternehmen wahrgenommen werden. Zentral sind für das Autorenteam folgenden Aussagen:

  • Der Aufbau des Wasserstoffnetzes muss und kann regulatorisch gegen einseitige Einflussmaßnahmen abgesichert werden. Dies ist jedoch unabhängig davon, ob eine einheitliche Wasserstoffnetzgesellschaft geschaffen wird, oder nicht.
  • Die Schaffung einer nationalen Wasserstoffnetzgesellschaft geht mit einem initialen Aufwand einher, kann jedoch den Netzaufbau insgesamt deutlich beschleunigen, da der Prozess über eine einzige Institution mit klarem Auftrag läuft statt über bis zu 16 Akteure mit komplexen Interessenlagen und Eigentümerstrukturen.
  • Eine staatliche Beteiligung an einer Netzgesellschaft wäre nicht ungewöhnlich und könnte den Hochlauf deutlich vereinfachen und beschleunigen. Der Blick ins Ausland zeigt eine Fülle von funktionierenden Modellen, und auch viele deutsche Strom- und Erdgasnetze gehören Bundesländern oder europäischen Nachbarstaaten.

Die anstehende Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen und sollte in einem strukturierten politischen Entscheidungsfindungsprozess (Impact Assessment) unter Einbindung aller Stakeholder getroffen werden. Die vorläufige Analyse zeigt, dass eine nationale Wasserstoffnetzgesellschaft mit Beteiligung auch des deutschen Staates das Potenzial hat, den Netzaufbau nachhaltig zu beschleunigen. Sie sollte vor einer Grundsatzentscheidung gründlich gegen andere Optionen abgewogen und mit allen Stakeholdern abgestimmt werden. Dieser Mehraufwand kann sich langfristig in Form von zielführenden, reaktionsschnellen Strukturen auszahlen.

Weitere Informationen unter ieg.fraunhofer.de

„et“-Redaktion

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