Kooperationen können dazu beitragen, eine nachhaltige Zukunftssicherung zu erreichen

Kooperationen können dazu beitragen, eine nachhaltige Zukunftssicherung zu erreichen (Quelle: Adobe Stock)

Die Stadtwerke stehen unter Druck: Im Bereich des Commodity-Vertriebs steigen nach wie vor die Wechselraten bei Strom und bei Gas. Die Zahl der Wettbewerber verharrt regional unterschiedlich teilweise auf hohem Niveau, in manchen Regionen steigt die Anzahl der Konkurrenten noch weiter an. Neue Marktteilnehmer versuchen, die Kundenbindung an die Platzhirsche zu unterminieren. Die meisten Stadtwerke streben wiederum an, durch verschiedene Dienstleistungen Margenverluste im Commodity-Vertrieb zu kompensieren – mit mehr oder weniger großem Erfolg.

Den größten Ergebnisbeitrag der Stadtwerke liefern i.d.R. die Energienetze. Auch hier gehen jedoch die spezifischen Margen zurück – niedrigere Eigenkapitalzinsen und der für das Gasnetz gerade vom BGH bestätigte Ansatz des generellen Effizienzabschlags „Xgen“ wirken deutlich und nachhaltig senkend auf die Ergebnisse der Energienetze ein.

Darüber hinaus ist es durchaus nicht sicher, dass es gelingt, die Werthaltigkeit der Gasnetze durch einen glatten Wechsel zum wie auch immer gefärbten Wasserstoff abzusichern. Mit Abschreibungen oder gar Ausbuchungen muss gerechnet werden, wenn sich die Rolle der Gasnetze in der bundesdeutschen Energieversorgung ändern wird.

Der nunmehr verschärfte Umbau des Energiesystems für eine klimaneutrale Energieversorgung in 2045 erfordert gewaltige Investitionen in den Ausbau der EE-Anlagen. Wenn die Stadtwerke bei diesem Umbau nicht an der Seitenlinie stehen wollen, müssen sie Investitionen in außerordentlicher Höhe stemmen. Und das bei hoher Erwartungshaltung der kommunalen Eigentümer an die Ausschüttungen. Das Ringen um EK-Mittel bei den kommunalen Eigentümern ist schon in den letzten Jahren spürbar geworden und wird sich in Folge der pandemiebedingten Belastungen der Kommunen tendenziell verschärfen.

Die Digitalisierung – durch die Corona-Pandemie in ihrer Dynamik für die Stadtwerke noch verstärkt – erfordert eine hohe Fokussierung durch das Management sowie den Einsatz beträchtlicher Ressourcen. Die hier erforderlichen Veränderungsprojekte („von SAP R/3 zu S/4 HANA oder zu Powercloud wechseln?“) bringen manche Stadtwerke an den Rand ihrer finanziellen und personellen Kapazitäten.

Nicht zuletzt wird der zunehmende Fachkräftemangel zum Treiber für eine veränderte Sicht auf die Zusammenarbeit zwischen Stadtwerken.

Kooperationen als Chance

Ein wichtiges Aktionsfeld für Stadtwerke, um sich den Technologie- und Marktentwicklungen zu stellen und dem Ergebnisschwund entgegenzuarbeiten, stellen verschiedenste Formen der Kooperation dar. Von den vielfältigen eigenen Projekterfahrungen und Beobachtungen der letzten 15 bis 20 Jahre wird im Folgenden berichtet.

Die Initiative für eine Befassung mit einer Kooperation kann „aus den eigenen Reihen kommen“ (Geschäftsführung, Management, Gremien) oder auch von außen herangetragen werden (andere Stadtwerke, Verbände, Politik, Berater). In Gesprächen mit den verschiedenen Akteuren aus beiden Gruppen fällt auf, dass die Urheberschaft von beiden in Anspruch genommen wird – zumindest solange das Projekt gut läuft oder schon erfolgreich umgesetzt ist. Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter und Mütter.

Unserer Erfahrung nach sind folgende Themen zu analysieren, wenn es darum geht, sich als Stadtwerk dem Thema „Kooperationen mit anderen Stadtwerken“ zu nähern:

  • Welchen Zielsetzungen soll die Kooperation dienen (strategische Rationalität)?
  • Welche zwingenden Voraussetzungen für eine Kooperation werden gesehen?
  • Welche Kooperationsfelder kommen konkret in Betracht?

Erst wenn sich Kooperationen materialisieren, sind eher technische Fragen und Umsetzungsthemen zu klären:

  • Welche Formen der Kooperation wollen wir wählen (von informellen „Netzwerken“ über Dienstleistungsverträge bis hin zur Fusion als Extremform einer engen und intensiven Kooperation)?
  • Welche Prozesse oder Infrastrukturen sollen die Kooperation prägen oder tragen?

Und auch eine eventuelle Kommunikation im Unternehmen und/oder gegenüber externen Stakeholdern ist selbstverständlich erst möglich, wenn sich eine Kooperation als konkretisiertes Thema darstellen lässt. Es ist jedoch zu überlegen, ob die Tatsache alleine, dass es Kooperationsüberlegungen gibt, schon eine offene Information an die Stakeholder sinnvoll erscheinen lässt.

Welchen Zielsetzungen soll die Kooperation dienen?

Die Ziele, die Stadtwerke-Manager benennen, wenn sie nach der Motivation gefragt werden, die sie treibt, Kooperationen mit anderen Stadtwerken zu entwickeln, sind mannigfaltig. Sie gehen schwergewichtig in Richtung Effizienzerhöhung (Kostensenkung, verbesserte Ausschöpfung von Investitionsbudgets, bessere Personalauslastung) sowie einem angestrebten Know-how-Gewinn, verbunden mit der eigenen Konzentration auf die Kernkompetenzen. Auch häufig ist zu hören, dass die intendierte Kooperation darauf abziele, eine Stärkung der Marktposition zu erreichen und die Möglichkeit zu eröffnen, gemeinsam besser in neue Märkte eintreten zu können.

Auch das defensive Ziel der Risikoteilung kann eine Rolle spielen, beispielsweise bei technischen Entwicklungen oder beim Eintritt in neue Geschäftsfelder.

Welche Voraussetzungen für eine Kooperation werden gesehen?

Bürgermeister, kommunale Aufsichtsräte und auch das obere Management der Stadtwerke betonen regelmäßig die überragende Bedeutung der Erhaltung des Markenkerns als Stadtwerk und – falls eine Kooperation mit einem privaten Partner in Rede steht – die Aufrechterhaltung des kommunalen Einflusses.

Falls die Kooperation auf eine Effizienzsteigerung abzielt, spielt das sensitive Element der fairen Verteilung der Früchte und der Lasten aus einer Synergiehebung oder sonstigen Effizienzsteigerung eine wichtige Rolle – hier sollte die Kooperation in Summe ein symmetrisches Bild zeigen und nur vertretbare Arbeitsplatzreduzierungen hervorbringen, die sozialverträglich gehandhabt werden können.

Zweifellos ebenso wichtig ist die persönliche Perspektive der Treiber der Kooperation: Eine Destabilisierung oder Verschlechterung der Position eines Geschäftsführers ist z. B. sicherlich keine motivatorische Triebfeder für ein Kooperationsprojekt.

Welche Kooperationsfelder bieten sich an?

Kooperationen werden häufig angestrebt, um eigene Kernkompetenzen oder nicht vollständig ausgelastete Ressourcen einzubringen und noch nicht so weit entwickelte Unternehmensbereiche oder -funktionen durch den Partner zu verstärken. Eine Folge davon ist nicht selten, dass angebotene und nachgefragte Funktionen deutlich auseinanderfallen. Auf der Angebotsseite werden oft Anlageninstandhaltung i.w.S. sowie Metering und Shared Services genannt. Bei vorhandenen Überkapazitäten gerade in diesen Bereichen wird beinahe reflexartig die Devise ausgegeben, hier über Dienstleistungen für Dritte zu einer besseren Personalauslastung zu kommen. Nur schlecht, wenn auf diese Idee allzu viele kommen.

Auch auf der Nachfrageseite besteht offenbar reges Interesse an den Bereichen Metering und Shared Services, insbesondere im Zusammenhang mit bereits digitalisierter Prozessbeherrschung. Folgerichtig werden gerade Metering-Kooperationen in jüngerer Zeit zahlreich umgesetzt. Tendenziell nehmen wir mehr „Anbieter-“ als „Nachfragerinteressen“ wahr.  

Welche Kooperations-Formen werden gewählt?

Bei den Formen der Kooperation stehen für die Stadtwerke der Abschluss von Serviceverträgen als weiche und die Gründung von Kooperationsunternehmen als manifestere Form im Vordergrund. An eine Fusion denkt zunächst nur eine Minderheit der Gesprächspartner. Auch der wechselseitigen Übernahme von zentralen Funktionen durch jeweils eines der kooperierenden Stadtwerke (Prinzip der Leadgesellschaft) stehen die Unternehmensleitung und das mittlere Management zumeist skeptisch gegenüber. Angeführter Grund ist in erster Linie die Aufgabe von Kompetenz auf Basis einer doch eher losen vertraglichen Zusammenarbeit.

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