Längst nicht alle Kooperationsprojekte sind erfolgreich

Abb. 1 Erfolg der betrachteten Kooperationsprojekte

Abb. 1 Erfolg der betrachteten Kooperationsprojekte

Abb. 2 Detailbetrachtung der erfolgsverhindernden und der erfolgstreibenden Kategorien für die Gruppen der sieben positiven und sechs negativen Beispielsfälle

Abb. 2 Detailbetrachtung der erfolgsverhindernden und der erfolgstreibenden Kategorien für die Gruppen der sieben positiven und sechs negativen Beispielsfälle

Ein Abbruch von Kooperationsprojekten ist durchaus nicht selten. Die Beendigung kann in jeder Projektphase eintreten – sowohl in der Anbahnungs- wie auch in der Umsetzungsphase und auch nach der Produktivsetzung. Darüber hinaus gibt es Projekte, die zwar realisiert werden, jedoch nicht die geplanten Erfolge zeigen.

Die beiden Autoren haben sich über Jahre als Berater oder Manager mit dem Thema Kooperationen in der Energiewirtschaft und im Stadtwerkebereich befasst. Von daher liegt es nahe, die erlebten oder gestalteten Praxisfälle zu analysieren, inwieweit im Hinblick auf den Erfolg einer Kooperation günstige oder auch eher erfolgsverringernde Konstellationen festzustellen sind. Die auf der Einzelprojektebene durchgeführten Auswertungen sollen hier aggregiert oder verallgemeinert dargestellt werden.

Alle 13 Projekte wurden von den Autoren und teilweise auch von weiteren Kenntnisträgern im Hinblick auf ihren Erfolg oder Misserfolg eingeordnet. Abb. 1 zeigt auf, inwieweit die Projektziele realisiert werden konnten. Dabei wird unterschieden, ob die ursprüngliche Intention umgesetzt werden konnte (Reihe 1) und inwieweit das Vorhaben auch nach geraumer Zeit (zumindest drei Jahre) noch als erfolgreich beurteilt werden kann (Reihe 2).

In Würdigung dieser ersten Einschätzung ist es hoch relevant, Faktoren oder Muster zu erkennen, die solche gescheiterten oder hinter den Erwartungen gebliebenen Kooperationsprojekte auszeichnen – wie auch umgekehrt interessiert, ob erfolgreiche Projekte spezifische Merkmale aufweisen.

Erfolgs- und Misserfolgstreiber: Wohl oder Wehe der Kooperation

Bei dieser Analyse steht nicht der wissenschaftliche Anspruch im Vordergrund. Für valide akademisch-stochastische Auswertungen wäre schon die Grundgesamtheit bei Weitem zu gering. Vielmehr leitet uns das Ziel, die Treiber für gelungene und nicht gelungene Kooperationen sinnvoll zu strukturieren und zu bewerten. Dies wird anhand von Praxisbeispielen der letzten Jahre geleistet.

Danach empfiehlt sich zunächst eine Strukturierung in drei Kategorien:

  • rational – ökonomisch;
  • emotional – persönlich – kulturell;
  • handwerklich.

Diesen drei Kategorien ordnen sich dann jeweils Treiber – in Summe 12 – unter, die je nach Ausprägung für den Erfolg stehen – oder aber Kooperationen erschweren und damit das Erfolgspotenzial mindern. In Abb. 2 sind die drei Kategorien mit den untergeordneten Treibern abgebildet.
Die analysierten 13 Kooperationsvorhaben sind allesamt in Deutschland angesiedelt, dort jedoch sehr weit gestreut. Unter den Projekten finden sich klassische Fusionsprojekte im kommunalen Umfeld „auf Augenhöhe“, aber auch faktische Unternehmensübernahmen ebenso wie gemeinsame Ausgründungen von Funktionsbereichen (z. B. Zählerwesen oder Netzbetrieb).

Bei den Motiven zur Kooperation steht sicherlich das Streben nach Effizienz im Vordergrund, aber auch die Erfüllung legislativer und regulativer Vorgaben, und weiterhin das Erreichen von Spezialisierungseffekten. Fast immer sind auch (legitime) persönliche Motive von Bedeutung, wie der Wunsch nach einer Führungsposition in einer größeren oder performanteren Einheit und den damit einhergehenden materiellen und Reputationsvorteilen.
Die „Projektinitiatoren“ sind in der Mehrzahl Führungskräfte aus Stadtwerken oder Versorgungsunternehmen. In einigen Fällen haben auch große Konzerne als Eigner bzw. im öffentlichen Bereich auch politischer Mandatsträger die Kooperation initiiert.

Die agierenden Unternehmen sind teilweise derselben Größenordnung zuzuordnen, teilweise aber auch von deutlich abweichender Größe und Struktur. Soweit Berater involviert waren, handelte es sich in keinem Fall um die projektinitiierende Rolle, sondern vielmehr um Beratung in der Strategie- und Zielformulierung sowie in der Optimierung von Aufbau- und Ablauforganisation bis hin zum Projektmanagement.

Schlussfolgerungen

In der Gesamtschau auf die Auswertung lassen sich einige Erkenntnisse herausarbeiten, die für zukünftige Projekte gut geeignet erscheinen, das Erfolgspotenzial von Kooperationsprojekten in einem sehr frühen Stadium systematisch zu bewerten. Es ist offensichtlich und nicht überraschend, dass die erfolgreichen Kooperationsprojekte durchgehend höhere Bewertungen erhalten als die nicht erfolgreichen.
 
Beide Gruppen haben eher realistische, zumindest keine überzogenen Ziele, die sie mit den Kooperationsprojekten verbinden. Die zugrundeliegenden Business Cases werden überwiegend als robust und positiv beschrieben. Selbst zum Teil stärkere strukturelle Asymmetrien und strategische Abweichungen in der Aufstellung scheinen nicht per se Kriterien für einen Misserfolg zu sein. Signifikant und mit dem höchsten negativen Wert bei den misslungenen Projekten stellt sich dagegen die Kirchturmpolitik dar. Nur wenn alle Beteiligte – von den Mitarbeitern bis zur Unternehmensleitung und auch die Mandatsträger in den Aufsichtsgremien – die Eigenoptimierung z. B. hinsichtlich der Standorte, der Verteilung der Arbeitsplätze und der Gesellschaftsverhältnisse nicht übertreiben und ein gerüttelt Maß an Kompromissfähigkeit zeigen, kann eine Kooperation letztlich erfolgreich sein.

Die Chemie zwischen den Mandatsträgern und/oder der Unternehmensleitung stimmt in den meisten Fällen und ist vermutlich überwiegend eher ein auslösendes Moment denn ein erfolgskritisches. Wenn die Chemie nicht stimmt, kommt ein Projekt erst gar nicht zustande.

Relevante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen konnten die Autoren auch bei dem Interesse an der Kooperation und der Risikoneigung identifizieren. Wenn das Interesse überwiegend einseitig oder auch die Risikoneigung asymmetrisch ausgeprägt sind, scheitern die Kooperationsprojekte. Die erfolgreichen Projekte weisen überwiegend eine angemessene Governance auf, während die gescheiterten Kooperationsvorhaben durch ein stärker formell-bürokratisches Governance-Verständnis gekennzeichnet sind.  

Positive Werte bei den „handwerklichen“ Kriterien sind häufiger bei erfolgreichen Projekten zu finden als bei den schwächeren. Ein straffes Projektmanagement und ein umsichtiges Stakeholdermanagement sind offensichtlich eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für erfolgreiche Projekte.

Bemerkenswert ist, dass es bei den Kooperationen Knock-out-Kriterien geben kann: Ein „an sich“ gutes Projekt mit hohen Werten für die Treiber scheiterte an einer Bürgerbefragung: Es war nicht gelungen, die wahlberechtigten Bürger – die letztendlichen Entscheider – zu überzeugen.

Fazit

Die Herausforderungen für Stadtwerke wachsen: Dabei müssen Aufsichtsgremien wie Unternehmensleitung zum einen Innovation fördern, zum anderen aber auch die wachsende Komplexität beherrschen. Kooperationen können durchaus dazu beitragen, eine nachhaltige Zukunftssicherung zu erreichen. Von allen Seiten ist für eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft weniger Kirchturmdenken und mehr „rationaler Mut“ zu unternehmerischem Risiko gefordert. Eine kritische neutrale Bestandsaufnahme im Vorfeld eines Kooperationsprojektes kann schnell die Erfolgswahrscheinlichkeit ermitteln.

Dr. O. Unruh, Geschäftsführer, Dr. J. Schmidberger, Assoziierter Partner, BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH, Aachen, olaf.unruh@bet-energie.de, juergen.schmidberger@bet-energie.de

2 / 2

Ähnliche Beiträge