Künstliche Intelligenz lässt sich auch im Energiesektor erfolgreich nutzen, bisher primär im Bereich der Anlagen- und Netzinfrastruktur

Künstliche Intelligenz lässt sich auch im Energiesektor erfolgreich nutzen, bisher primär im Bereich der Anlagen- und Netzinfrastruktur (Quelle: Adobe Stock)

Beim Thema KI kann mit Blick auf den Energiesektor festgestellt werden, dass es ein ausgeprägtes Spannungsfeld zwischen Chancen und Risiken gibt. Weitreichenden technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten stehen Akzeptanzdefizite und rechtliche Unsicherheiten gegenüber. Im Rahmen einer Studie des BMWi von 2020 war ermittelt worden, dass die Energiewirtschaft im Branchenvergleich einen der geringsten KI-Nutzungsgrade sowie den geringsten Investitionsanteil für KI-Technologien aufweise.

Bei der Vorstellung der Ergebnisse der oben genannten Untersuchung wurde einleitend wurde dargelegt, dass das Thema KI bereits seit 1955 im wissenschaftlichen Bereich präsent sei, aber erst mit Beginn des 21. Jahrhunderts die technischen Voraussetzungen zur Verfügung stehen. Dazu zählten insbesondere maschinell lernende Systeme sowie mobile Internet- und Social Media-Anwendungen. Im Gegensatz zum Science Fiction-Genre entsprächen sich verselbständigende KI-Systeme allerdings nicht der Realität. Vielmehr handele es sich um Maschinen, die menschenähnliche Intelligenzleistungen, wie z.B. Erkennen, Lernen und Urteilen, erbrächten und dabei schneller, verlässlicher und kostengünstiger agierten.

Zielsetzungen, Anwendungsbereiche und Implementierungsstrategien

KI-Anwendungen im Energiesektor stünden bereits entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Energieerzeugung bis hin zur Kundenbetreuung zur Verfügung, allerdings mit signifikant unterschiedlichen Nutzungsintensitäten und -effekten. Zur Ermittlung der bereits realisierten bzw. zu erwartenden Effekte des KI-Einsatzes seien daher Experten aus dem Energiesektor insbesondere zu Zielsetzungen, Anwendungsbereichen, Wettbewerbsvorteilen, Implementierungsstrategien und notwendigen Rahmenbedingungen für den KI-Einsatz befragt worden.

Dabei habe die Erhebung der KI-Zielsetzungen verdeutlicht, dass von den befragten Unternehmen bis Ende 2022 annähernd die Hälfte und mittel- bis langfristig etwa zwei Drittel KI operativ einsetzen werden, lediglich bei einem Drittel lägen noch keine konkreten Planungen vor. In diesem Zusammenhang würden mehrheitlich betriebliche und kostenorientierte Optimierungen angestrebt. Eine Optimierung von Kundenprozessen und Umsatzsteigerungen werde lediglich von etwa jedem vierten Unternehmen erwartet. Im Gegensatz zu den Einschätzungen von BMWi/BMWK sowie führender Branchenverbände sei der KI-Einsatz zur Erreichung von Klimaschutzzielen lediglich in jedem fünften Unternehmen relevant.

Primäre KI-Anwendungen erfolgten in den Bereichen Anlagen- und Netzinfrastruktur. Demgegenüber würden Vertrieb, Marketing und übergreifende Themen wie z.B. Flexibilitätsmanagement als nachrangige Einsatzbereiche betrachtet. Generell überwiege in allen Anwendungsbereichen die KI-Planung gegenüber der bereits realisierten KI-Nutzung. Den vorrangigen KI-Technologieschwerpunkt bildeten wissensbasierte Systeme/Expertensysteme zur Beherrschung der Datenvielfalt und - komplexität. Auditive und visuelle KI-Technologien sowie Robotik würden mit deutlich geringerer Bedeutung eingestuft.

Insgesamt sei erkennbar geworden, dass generell signifikante KI-Wettbewerbsvorteile erwartet werden. So kalkuliere etwa die Hälfte der Befragten mit einem Wirtschaftlichkeitsvorteil von > 10 % und einer Amortisationsdauer von ein bis drei Jahren. Dabei wiesen die KI-Investitionen in allen Unternehmenskategorien eine hohe Spannbreite und eine hohe Konzentration auf wenige Repräsentanten auf. Neun von zehn Unternehmen rechneten mit weiter zunehmenden KI-Investitionen.

Die KI-Implementierung sei – so das Ergebnis der Befragung - vornehmlich durch individuelle Anwendungslösungen charakterisiert. Lediglich etwa jedes 10. Unternehmen verfüge über eine systematische, organisationsübergreifende KI-Roadmap/-Strategie. Ein systematisches "Multi-Stakeholder-Management“ werde als erfolgskritisch eingestuft. Wesentliche unternehmensinterne Hemmnisse für den KI-Einsatz resultierten aus quantitativen und qualitativen Limitationen der Datenverfügbarkeit sowie fachlichen und strategischen Defiziten. Demgegenüber würden insbesondere Schnittstellen-Standardisierungen sowie unternehmensübergreifende Data Spaces als unternehmens-externe Optimierungsanforderungen angesehen.

Bestehende und erwartete Restriktionen

Den Schwerpunkt bei der Erörterung der Befragungsergebnisse bildete insbesondere der Umgang mit bestehenden und zu erwartenden Restriktionen für den KI-Einsatz im Energiesektor. So wurde etwa geltend gemacht, dass beispielsweise eine autonome Steuerung von Energieerzeugungsanlagen über ein KI-System häufig aufgrund von Betriebsgenehmigungsauflagen zur Bedienerführung bzw. Gewährleistungsregelungen der Hersteller unterbunden werde. Ergänzend sei zu erwarten, dass der KI-Einsatz in Energieanlagen und -netzen im finalen „Artificial Intelligence Act“ („AI-Act“) der EU-Kommission als „Hohes Risiko“ eingestuft werde und entsprechende, jedoch beherrschbare, Genehmigungs- und Betriebsauflagen zu erwarten seien.

Kritischer Erfolgsfaktor

Grundsätzlich werden KI-Systeme in allen Bereichen der Wertschöpfungskette im Energiesektor als sinnvolle und notwendige Technologie eingestuft. Dabei stehe weniger die Substitution als vielmehr die gezielte Unterstützung des eingesetzten Personals im Vordergrund. Da insbesondere Tech- und Finanzdienstleistungs-Unternehmen im Branchenvergleich des BMWi einen besonders intensiven KI-Einsatz sowie signifikant hohe Wachstumsraten und Profitabilität aufweisen, wird KI auch im Energiesektor als kritischer Erfolgsfaktor angesehen.

Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung fördern dementsprechend umfassend die Entwicklung und den Einsatz von KI-Systemen. Beispielsweise wird die vom BMWi initiierte GAIA-X-Initiative für universell verfügbare datengetriebene Dienste auch nach dem unlängst erfolgten Regierungswechsel vom BMWK im Energiesektor mit hoher Intensität weiterverfolgt.

Der detaillierte Ergebnisbericht der Marktstudie/Expertenbefragung „Künstliche Intelligenz im Energiesektor“ kann per E-Mail an ki2021@celron.de oder info@zukunftsenergien.de angefordert werden.

„et“-Redaktion

Ähnliche Beiträge