Mittelwert der globalen Methanmenge von 1984 bis 2019

Mittelwert der globalen Methanmenge von 1984 bis 2019 (Quelle: Ed Dlugokencky, NOAA/ESRL)

Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, ist den Gutachtern zufolge nur zu erreichen, wenn nicht nur die Kohlendioxidemissionen, sondern auch die Methanemissionen wirksam bekämpft werden.

Laut UNEP müssten dringend Schritte unternommen werden, um die Methanemissionen noch in diesem Jahrzehnt global zu reduzieren. Angesichts der vielfältigen Auswirkungen dieses Klimagases sind die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile zahlreich und überwiegen bei weitem die Kosten.

Methan erwärmt die Atmosphäre um ein Vielfaches stärker als Kohlendioxid

Methan ist ein kurzlebiger Klimaschadstoff (Short-lived climate pollutant – SLCP) mit einer atmosphärischen Lebensdauer von ungefähr einem Jahrzehnt. Es ist ein sehr potentes Treibhausgas, weil es pro Molekül die Atmosphäre um ein Vielfaches stärker als Kohlendioxid erwärmt. Es ist insgesamt das zweitwichtigste menschlich verursachte Treibhausgas nach Kohlendioxid.  Zusätzlich fördert Methan die Bildung von bodennahem Ozon, das selbst ein relevanter Schadstoff ist, der die Umwelt und die Gesundheit der Menschen belastet.

Mehr als die Hälfte der weltweiten Methanemissionen stammen aus menschlichen Aktivitäten in den  drei Sektoren Landwirtschaft (40 % der vom Menschen verursachten Emissionen), fossile Brennstoffe (35 %, die i.W. auf  die Förderung, Verarbeitung und den Transport von Öl und Gas zurückzuführen sind) und Abfall (20 %). Der Auf- und Ausbau des Handels mit verflüssigtem Erdgas (LNG) erfordert ein verstärktes Augenmerk auf Methan-Emissionen entlang der gesamten LNG-Kette [1].

Zu den Methanquellen zählt auch das Kohleflözgas, das sich thermisch oder mikrobiell bildet und dessen Freisetzung durch bergbauliche Aktivitäten begünstigt wird. Zur Verbesserung der Grubensicherheit und aus Gründen des Klimaschutzes kann und wird das Kohleflözgas abgesaugt und zu Reinmethan aufbereitet oder direkt zur Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt. In Deutschland wird die Gewinnung und Nutzung von Grubengas nach dem EEG vergütet. Allein im Ruhrgebiet waren 2019 – also noch nach der Einstellung des heimischen Steinkohlenbergbaus – 106 Blockheiz-Kraftwerksmodule sowie ein Turbinensatz mit einer elektrischen Leistung von insgesamt 167 MW in Betrieb. Bei der Gewinnung und Verarbeitung von Braunkohle wird nahezu kein Methan freigesetzt.

Die atmosphärische Konzentration von Methan hat sich seit der vorindustriellen Zeit mehr als verdoppelt und steigt heute schneller als je zuvor (siehe Abb.) Ohne zusätzliche Maßnahmen werden die Methanemissionen voraussichtlich bis mindestens 2040 weiter ansteigen. Die aktuellen Konzentrationen liegen deutlich über den Niveaus der vom IPCC verwendeten 2°C-Szenarien. Das 1,5 °C-Ziel des Pariser Abkommens kann, so das UNEP, nicht erreicht werden ohne die Methanemissionen wirksam zu reduzieren. Um die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert auf 1,5 °C zu begrenzen, müssten die weltweiten, vom Menschen verursachten Methanemissionen bis 2030 um 45 % reduziert werden.

In der Methanreduktion liegt erhebliches noch unausgeschöpftes Potenzial zur Begrenzung des Temperaturanstiegs

Eine Reduktion um fast die Hälfte der Methanemissionen in wenigen Jahren klingt zunächst illusorisch, könne aber anhand gezielter und derzeit sogar verfügbarer [2] sowie kostengünstiger Maßnahmen erreicht werden. Durch die nur etwa zwölfjährige Verweildauer von Methan in der Atmosphäre kann die Erderwärmungsrate zudem schnell verringert werden. Auch könnten dadurch gefährliche Klimarückkopplungsschleifen eingedämmt werden.

In der Methanreduktion liegt demnach ein erhebliches noch unausgeschöpftes Potenzial zur Begrenzung des Temperaturanstiegs und sie soll eine der kosteneffektivsten Strategien sein. Warum also wird hier nicht längst gehandelt?

Fehlender politischer Wille und Machtlosigkeit der EU

Den Gutachtern des UNEP zufolge sind die Gründe mangelnde Finanzierung, fehlendes Wissen, unangepasste Produktionsmethoden, fehlende Richtlinien und Vorschriften sowie das Konsum- und Verbraucherverhalten; maßgeblich aber sei politischer Wille.  

Schaut man sich z.B. das Engagement der Europäischen Union auf diesem Feld an, so ist es erstaunlich, dass die Kommission erst im Oktober 2020 ihre erste Strategie zur Bekämpfung von Methanemissionen [3] seit 1996 auf den Weg gebracht hat – kurz nach Veröffentlichung der Folgenabschätzung, auf der die Festsetzung für das 2030-Treibhausgasminderungsziel in Höhe von 55 % im Rahmen des Green Deals beruht. Die Folgenabschätzung hat ergeben, dass die Anstrengungen im Bereich der Methanemissionen beschleunigt werden müssten, um das Ziel zu erreichen.

Das Minderungspotenzial in den verschiedenen Sektoren variiert zwischen Ländern und Regionen. In der EU fallen 53 % der anthropogenen Methanemissionen auf die Landwirtschaft zurück, 26 % auf Abfälle und 19 % auf den Energiesektor. Das größte Minderungspotenzial in Europa sieht das UNEP allerdings im Abfallsektor.

Im Folgenden sind drei der wichtigsten Maßnahmen der EU-Strategie im Energiesektor aufgeführt:

  • Die Kommission unterstützt die Einrichtung einer internationalen Beobachtungsstelle für Methanemissionen
  • Sie erwägt Rechtsvorschriften zum Verbot von routinemäßigem Abfackeln und Ablassen von Gasen
  • Sie zieht Zielvorgaben, Standards oder andere Anreize zur Verringerung der Emissionen aus in der EU verbrauchter und importierter Energie in Betracht.

Im Kontrast dazu stehen Ausbau und verstärkte Nutzung der Erdgasinfrastruktur, welche gemäß des UNEP nicht mit dem Ziel des Pariser Klimaabkommens vereinbar ist.

International abgestimmte Politik erforderlich

Die Maßnahmen oder Absichten der EU demonstrieren ihre Machtlosigkeit bei der Bekämpfung der Methanemissionen. Zwar verursacht die EU einerseits nur 5 % der globalen Methanemissionen, sie ist andererseits aber weltweite Nummer eins beim Import fossiler Brennstoffe und wichtige Akteurin im Agrarsektor. Diese Herausforderung kann nur global gelöst werden. Eine international abgestimmte Politik ist erforderlich, bei der die EU eine wichtige Rolle spielen könnte.

Anmerkungen

[1] https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2020/LNG-Taskforce__DVGW_Methanemissionen_bei_der_Nutzung_von_LNG_als_Kraftstoff_fuer_Lkw.pdf
[2] 30 % Minderung seien sogar durch leicht verfügbare gezielte Maßnahmen bis zum Jahr 2030 erreichbar.
[3] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/fs_20_1843

*) United Nations Environment Programme: Global Methane Assessment: Benefits and Costs of Mitigating Methane Emissions“, 06. May 2021. unep.org

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„et“-Redaktion

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