Änderungen der gesetzlichen Randbedingungen

Abbildung 1 zum Thema Abb. 1: Entwicklung der Entsorgungsstrukturen für Klärschlamm in Deutschland

Abb. 1: Entwicklung der Entsorgungsstrukturen für Klärschlamm in Deutschland [1]

Den gesetzlichen Rahmen für die Klärschlammentsorgung in Deutschland bildet insbesondere die „Verordnung über die Verwertung von Klärschlamm, Klärschlammgemisch und Klärschlammkompost (Klärschlammverordnung – AbfKlärV)“ [3]. Durch eine Novelle der AbfKlärV in 2017 wird sich die Entsorgungsstruktur für Klärschlamm zukünftig deutlich verändern. Die wichtigsten Neuerungen sind eine Pflicht zur Phosphorrückgewinnung und die Beendigung der landwirtschaftlichen Verwertung für große Kläranlagen. Ab 2029 müssen Klärschlämme aus kommunalen Kläranlagen mit einer Phosphorkonzentration über 20 g/kgTS einer Phosphorrückgewinnung zugeführt werden.

Für Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von weniger als 100.000 Einwohnerwerten (EW) darf die Phosphorrückgewinnung bis 2032 durch landwirtschaftliche Verwertung erfolgen. Für kleinere Kläranlagen bis zu einer Ausbaugröße von weniger als 50.000 EW besteht diese Möglichkeit auch darüber hinaus. Bei Verfahren, die Klärschlamm als Einsatzstoff verwenden, müssen mindestens 50 % des enthaltenen Phosphors zurückgewonnen werden. Bei Verfahren für Klärschlammasche ist eine Rückgewinnung von mindestens 80 % des enthaltenen Phosphors vorgeschrieben [4].

Die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm wird durch die „Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (Düngemittelverordnung – DüMV)“ allerdings auch für kleinere Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von weniger als 50.000 EW seit 2019 eingeschränkt [5]. Klärschlämme, die mit synthetischen Polymeren (zur Verbesserung der Entwässerung) versetzt werden, dürfen seitdem nur noch in begrenzten Mengen auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden [5]. Der überwiegende Teil des in Deutschland anfallenden Klärschlamms muss daher einer thermischen Verwertung zugeführt werden.

Bei der thermischen Klärschlammbehandlung gibt die „17. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen – 17. BImSchV)“ die maßgeblichen Regularien vor [6]. Neben der Festlegung der Emissionsgrenzwerte werden darin auch Anforderungen an die Messung, Überwachung und den Betrieb der Anlagen festgelegt [7]. Für die Monoverbrennung und die Mitverbrennung von Klärschlamm in MVA gelten die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV (§ 8). Für die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken gelten gesonderte Grenzwerte (§ 9 und Anlage 3), sofern der Klärschlamm zu weniger als 25 % zur Feuerungswärmeleistung beiträgt [6]. Die dann geltenden Grenzwerte entsprechen im Wesentlichen denen der 13. BImSchV, die auch von Kohlekraftwerken einzuhalten sind, die keinen Klärschlamm bzw. andere Abfälle mitverbrennen. Es werden allerdings zusätzliche Grenzwerte für organische Stoffe (angegeben als Gesamtkohlenstoff), Chlorwasserstoff (HCl) und Fluorwasserstoff (HF) vorgegeben.

Mitverbrennungskapazitäten in Kohlekraftwerken

Bei einer Substitution von bis zu 25 % der Feuerungswärmeleistung in Braun- und Steinkohlekraftwerken durch Klärschlamm gelten die Grenzwerte der 17. BImSchV aus Anlage 3. Die in den Anlagen tatsächlich eingesetzten Anteile sind jedoch deutlich geringer. Dies ist insbesondere auf verfahrenstechnische Gründe zurückzuführen. Einerseits wird der Einsatz von Klärschlamm in Kohlekraftwerken durch die zur Verfügung stehenden Trocknungskapazitäten begrenzt. Klärschlamm kann sowohl in mechanisch entwässerter, teilgetrockneter oder vollgetrockneter Form in Braun- und Steinkohlekraftwerken eingesetzt werden. Aufgrund verfahrenstechnischer und ökonomischer Vorteile hat sich jedoch die Zugabe in die Fallschächte der Kohlemühlen bewährt. In diesen wird der Klärschlamm mit der Kohle vermischt, vermahlen und getrocknet [8]. Die zur Trocknung verfügbare Wärme ist in diesem Fall der limitierende Faktor für die Kapazität der Mitverbrennung [8]. Andererseits wird der Einsatz von Klärschlamm in Kohlekraftwerken durch die Belastung der Rückstände (Aschen und REA-Gips) mit Schadstoffen aus dem Klärschlamm sowie durch die veränderte Abgaszusammensetzung begrenzt. Steinkohlekraftwerke können in der Regel bis zu 5 % und Braunkohlekraftwerke bis zu 10 % der Brennstoffmasse (im Rohzustand) durch Klärschlamm ersetzen. Bezogen auf entwässerten Klärschlamm entspricht dies einem Anteil an der Feuerungswärmeleistung von weniger als 2 %.

Die in den Kohlekraftwerken mitverbrannte Klärschlammmenge ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, die zur Verfügung stehenden Kapazitäten sind hingegen bereits seit dem Jahr 2005 rückläufig. Zu dieser Zeit standen rund 780.000 tTS/a als genehmigte Kapazitäten in Kohlekraftwerken in Deutschland zur Verfügung. Bis 2016 sind die Kapazitäten auf ca. 560.000 tTS/a gesunken, die sich mit ca. 360.000 tTS/a auf Braunkohlekraftwerke und mit ca. 200.000 tTS/a auf Steinkohlekraftwerke verteilten [9]. Die Tabelle zeigt eine Übersicht über die in 2018 mitverbrannten Klärschlammmengen in deutschen Braun- und Steinkohlekraftwerken. Demnach wurden im Jahr 2018 ca. 170.000 tTS in 14 Steinkohlekraftwerken und ca. 280.000 tTS in 7 Braunkohlekraftwerken mitverbrannt.

Tab.: Übersicht der deutschen Kohlekraftwerke, die 2018 Klärschlamm mitverbrannt haben [10, 11]
KraftwerkBetreiberBundeslandKohleKS-Menge in
tTS/a (2018)
HeilbronnEnBW Energie
Baden-Württemberg AG
BWSK25.500
OberkirchKöhler SEBWSK3.000
ZollingEngie Deutschland AG
(seit 2019 Onyx Power)
BYSK6.000
SchweinfurtGemeinschaftskraftwerk
Schweinfurt GmbH
BYSK9.500
FargeEngie Deutschland AG
(seit 2019 Onyx Power)
HBSK11.500
KasselStädtische Werke
Energie + Wärme GmbH
HBSK8.500
StaudingerUniper Kraftwerke GmbHHESK11.000
WilhelmshavenUniper Kraftwerke GmbHNISK8.000
HammRWE Generation SENWSK6.500
IbbenbürenRWE Generation SENWSK22.100
BerrenrathRWE Power AGNWBK50.000
GoldenbergRWE Power AGNWBK50.000
FrechenRWE Power AGNWBK56.000
WeisweilerRWE Power AGNWBK22.100
VölklingenSTEAG GmbHSLSK2.600
WeiherSTEAG GmbHSLSK3.800
BoxbergLausitz Energie
Kraftwerke AG
SNBK26.500
LippendorfEnBW Energie
Baden-Württemberg AG
SNBK59.000
DeubenMitteldeutsche
Braunkohlengesellschaft mbH
STBK16.000

Der größte Anteil wurde mit ca. 225.000 tTS in Kohlekraftwerken in Nordrhein-Westfalen eingesetzt, wovon wiederum der überwiegende Anteil auf die Braunkohlekraftwerke der RWE entfällt. Die Kraftwerke Berrenrath, Goldenberg und Frechen sind hierbei gesondert hervorzuheben, da sie als Veredelungskraftwerke unabhängig vom Strommarkt betrieben werden und vom Kohleausstiegsgesetz nicht direkt betroffen sind. Diesen drei Kraftwerken wurde 2018 ein Drittel der insgesamt in deutschen Kohlekraftwerken mitverbrannten Klärschlammmenge zugeführt.

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