Hemmschwellen für den Einsatz natürlicher Kältemittel

Prozentsätze für die Höchstmenge für das Inverkehrbringen von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW) in den Jahren 2015 bis 2030

Prozentsätze für die Höchstmenge für das Inverkehrbringen von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW) in den Jahren 2015 bis 2030 (Quelle: Umweltbundesamt)

Werden F-Gase als Kältemittel zunehmend teurer und stehen auch kontinuierlich in geringerer Menge zur Verfügung, müssen Betreiber von Klimageräten, aus Kosten- und Umweltgründen, über kurz oder lang ihre Systeme umstellen. Denn andere Kältemittel erfordern neue Systeme.

Bei vielen Anlagen geht es dabei zunächst darum, Kältemittel mit einem möglichst geringen GWP einzusetzen. Zumindest auf lange Sicht allerdings sollte dabei den natürlichen Kältemitteln der Vorzug gegeben werden bzw. im Idealfall gar kein Kältemittel zum Einsatz kommen. Denn auch natürliche Kältemittel, wie Propan, Ammoniak oder CO2, müssen hergestellt und entsorgt werden, wodurch Emissionen entstehen. Rechenzentrums-Betreiber, die eine Blaue Engel-Zertifizierung anstreben, müssen, bis auf einige Ausnahmen, auf natürliche Kältemittel oder alternative Methoden zu Klimatisierung, welche ohne Kältemittel auskommen, umstellen. Dies sieht die Zertifizierung vor.

Natürliche Kältemittel haben allerdings einen gravierenden Nachteil: Sie sind, mit Ausnahme von CO2 (R744), welches für sich andere Nachteile birgt, brennbar und häufig auch toxisch. Betreiber können mit ihnen also zwar den GWP-Wert senken, stehen dann aber vor der Herausforderung, dass das Risiko der Anlagen steigt. Sie müssen Vorkehrungen treffen, um die Wahrscheinlichkeit für Brände und Gefahrensituationen für Menschen und Umwelt zu verringern. Hier kommen die Normen ins Spiel. Deren Anwendung ist oft von freiwilliger Natur. Denn Normen sind keine Gesetze. Zumindest bilden Normen anerkannte Regeln und bieten Rechtssicherheit in Verträgen.

Klare Gesetze müssen her

Derzeit mangelt es der Gesetzgebung und der EU-weit harmonisierten einheitlichen Normierung für den Einsatz von natürlichen Kältemitteln an der nötigen Einfachheit und Klarheit. Innovative transnational agierende Hersteller, Planer und Betreiber aber brauchen handhabbare, praxisorientierte Regeln, die klar vorgeben, wie mit den Risiken dieser Kältemittel umzugehen ist. Ein Vergleich: Privatpersonen dürfen ihren Herd mit Propangas betreiben, ohne dass es hierzu allzu komplexe oder unerfüllbare Vorgaben gibt. Hingegen ist der Betrieb von Klimaanlagen mit natürlichen Kältemitteln durch eine Fülle von komplexen Vorgaben geregelt, die die Realisierung kompliziert und teuer machen.

Die Situation wirkt wie ein Hemmschuh für die Nutzung von natürlichen Kältemitteln und bedarf daher einer raschen Überarbeitung. Denn Hersteller von Klimageräten benötigen Rechtssicherheit und müssen klar wissen, auf welches Kältemittel sie setzen können.
Was die Zukunft bringt

Ganz klar muss hier festgehalten werden, dass nicht jedes natürliche und daher unter Umständen brennbare bzw. anderweitig lebensschädigende Kältemittel für jeden Einsatzbereich uneingeschränkt tauglich ist. Es gilt auf jeden Fall, Menschen und Umwelt durch entsprechenden technischen Sachverstand zu schützen. Nicht jedes Kältemittel ist also für jede Anlage, jeden Einsatzfall und jede Anlagengröße geeignet. Gleichzeitig sind auch nicht jede Sicherheitsvorgabe und jede gesetzliche Restriktion für jeden Einsatz sinnvoll und kostentechnisch effizient praktikabel.

Daher wäre eine Überprüfung der Gesetze und Normen dringend nötig, um der Entwicklung hin zu klimaschonenderen Kältemitteln Schub zu verleihen. Der derzeitig von einer großen Lobby propagierte Einsatz von so genannten „LOW GWP“-Kältemitteln (z. B. R1234ze, R1234yf, R32, usw.) muss aufgrund seiner klimaschädigenden Nebenwirkungen hinterfragt werden. Wie viele andere werden diese synthetischen Kältemittel in der Atmosphäre zu, unter dem Verdacht der Krebserregung stehenden, Trifluoressigsäure (TFA) abgebaut.

In der Zukunft wird, zumindest bei Anlagen im kleinen Leistungsbereich, auch verstärkt Wasser als Kältemittel im Kältekreis genutzt werden können. Zudem müssen verstärkt Systeme gefunden werden, welche andere Wärmesenken nutzen und so den Kompressionskälteprozess überflüssig machen. Steht das Rechenzentrum in der Nähe eines Brunnens, kann auch eine größere Klimaanlage effizient mit Wasser gekühlt werden. Auf Basis von umlaufendem Wasser klimatisierte Systeme bringen einen weiteren Vorteil mit sich: Das erwärmte Wasser kann dann zum Beispiel zum Heizen, etwa in umliegenden Wohngebäuden, genutzt werden.

Aber für all die verschiedenen alternativen Lösungen, die es bereits gibt, gilt eines: Anlagenbauer und Betreiber werden sich nur dann auf sie einlassen, wenn Rechtssicherheit für ihren Einsatz und die für sie notwendigen Sicherheitsvorkehrungen herrscht und diese Vorgaben auch in der Praxis zu stemmbaren Kosten umsetzbar sind. Der Gesetzgeber ist am Zug.

Weitere Information unter prior1.com

Thomas Rabensteiner, Planung Rechenzentrum, Prior 1 GmbH, St. Augustin

Thomas Rabensteiner
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