Innovative Ansätze zur Netzzustandsermittlung

Tab. 1 Datenverfügbarkeiten und -qualitäten bei klassische und modernen Netzzustandsermittlungen

Tab. 1 Datenverfügbarkeiten und -qualitäten bei klassische und modernen Netzzustandsermittlungen

Abb. 1 Vorgehensschritte zur Ermittlung der Netzzustandsermittlung mittels neuronalen Netzwerks (oben) versus den erweiterten Kalman-Filter (unten)

Abb. 1 Vorgehensschritte zur Ermittlung der Netzzustandsermittlung mittels neuronalen Netzwerks (oben) versus den erweiterten Kalman-Filter (unten) (Quelle für alle Abb.: Die Autoren)

Um den steigenden Anforderungen an Netzplanung und -betrieb gerecht zu werden, sind innovative Algorithmen unverzichtbar. Diese lassen sich in fünf Kategorien einteilen, die jeweils spezifische Vorteile bieten:

  • Statistische Methoden wie Monte-Carlo-Simulationen nutzen Wahrscheinlichkeitsmodelle, um Unsicherheiten im Netzbetrieb zu berücksichtigen und robuste Schätzungen auch bei lückenhaften Daten zu ermöglichen.
  • Analytische Ansätze, etwa der gewichtete Kleinste-Quadrate-Schätzer (engl. Weighted Least Squares Estimator), basieren auf physikalischen Gesetzen. Sie liefern zuverlässige Ergebnisse bei standardisierten Netzstrukturen, stoßen jedoch bei unvollständigen Messdaten an ihre Grenzen.
  • Heuristische Verfahren, darunter genetische Algorithmen und Schwarmintelligenz, sind besonders geeignet, um mit begrenzten Informationen Lösungen wie Lastfluss-Schätzungen iterativ zu ermitteln.
  • Hybride Ansätze kombinieren statistische und analytische Methoden, z. B. durch Kalman-Filter. Diese verbinden physikalische Modellierung mit Unsicherheitsabschätzung und eignen sich ideal für dynamische Niederspannungsnetze.
  • Neuronale Netzwerke analysieren historische Daten und Echtzeitdaten, erkennen nichtlineare Muster und bieten flexible, skalierbare Lösungen, die sich durch neue Daten kontinuierlich verbessern.

Zukünftig werden Algorithmen verstärkt auf hybriden KI-Ansätzen basieren, die neuronale Netzwerke und physikalische Modellierungen kombinieren. Diese sog. „physik-informierten neuronalen Netze“ ermöglichen es, das physikalische Wissen über die Netzstruktur direkt in das Netzwerkdesign zu integrieren und so die Genauigkeit und Rechenleistung weiter zu optimieren.

Praxisbeispiel für Smart-Grid-Anwendungen

Ein Anwendungsfall zeigt, wie innovative Algorithmen die Spannungsregelung und Lastverteilung optimieren können. Die Netzzustandsermittlung erfolgt auf Grundlage eines Neuronalen Netzes (NN) sowie eines Extended Kalman-Filter (EKF), wie in Abb. 1 schematisch dargestellt. Hierbei wurden die Vorteile von Extended Kalman-Filtern und Neuronalen Netze betrachtet, um in einem Strahlennetz mit dezentralen Einspeisungen eine präzise Netzzustandsermittlung zu ermöglichen. Das in Abb. 2 untersuchte ländliche Strahlennetz umfasst 53 Netzanschlusspunkte, von denen 5 mit iMSys ausgestattet sind.

Diese iMSys konzentrieren sich in der vorderen Hälfte des Netzstranges, was folglich zu einer ungleichen Verteilung der Daten aus dem Verteilnetz zur Überwachung des Netzzustandes führt. Zusätzlich werden Messungen durch eine Retrofit-Lösung an der Ortsnetzstation erfasst. Der Netzbereich weist eine hohe Durchdringung an Verbrauchern wie E-Autos und Wärmepumpen sowie Erzeugern durch PV-Anlagen auf.

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