Global Blockage Effect: Bei der Vermessung des GloBE spielen die beiden RWE-Windparks Nordsee Ost (vorne) und Amrumbank West (hinten) eine entscheidende Rolle. Zwischen ihnen ist die „Kaskasie-Lücke“ zu sehen

Bei der Vermessung des GloBE spielen die beiden RWE-Windparks Nordsee Ost (vorne) und Amrumbank West (hinten) eine entscheidende Rolle. Zwischen ihnen ist die „Kaskasie-Lücke“ zu sehen (Quelle: RWE)

Das Projekt „Global Blockage Effect in Offshore Wind“ (OWA GloBE) ist die jüngste gemeinsame Brancheninitiative im Rahmen des Offshore Wind Accelerators (OWA). Es soll das Verständnis für die tatsächlichen Auswirkungen des GBE verbessern, indem erstmals umfassende Messreihen unter realen Offshore-Bedingungen durchgeführt werden.

Komplexes Phänomen

Der GBE ist ein komplexes Phänomen, das in der bodennahen Atmosphäre auftritt, wenn der Wind durch, über und um große Offshore-Windparks strömt. Der Effekt ist schwach ausgeprägt, schwer zu messen und aus historischen Messdaten kaum zu extrahieren. Annahmen, die in die Leistungsberechnungen von Windparks einfließen, werden bislang durch Unsicherheiten beeinflusst, die sowohl aus der Größenordnung des Effekts als auch aus den Vorhersagemodellen resultieren.

Zur Bewertung des GBE hat sich eine Reihe konkurrierender Modellklassen und Ansätze herausgebildet. Als unstrittig gilt in der Branche, dass der Global Blockage Effect Luftmassen vor Offshore-Windparks abbremst, was den Energieertrag reduziert. Dagegen gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, wie er sich auf die nachgelagerten (leeseitigen) Bereiche auswirkt und wie etwa die Umverteilung der Energie zu berücksichtigen ist. Das ist kommerziell relevant, da Ungewissheit über die Leistung von Windturbinen und Windparks hohe Kapitalkosten für Offshore-Standorte verursacht. Wird der Global Blockage Effect überschätzt, führt das zu einer Abwertung von Offshore-Windprojekten. Darum hat die Offshore-Windindustrie großes Interesse daran, das Verständnis des GBE zu verbessern.

Das OWA GloBE-Projekt wird von RWE geleitet und mit Unterstützung des Carbon Trusts realisiert, der das Projekt als Teil des Offshore-Wind-Accelerator-Programms vorantreibt. Das Projektkonsortium besteht derzeit aus sechs weiteren Windparkentwicklern: EDF Renewables, EnBW, Equinor, ScottishPower Renewables, Shell und Vattenfall, sowie den Forschungs- und Industriepartnern DTU Wind Energy und Leosphere. Das Projektbudget, einschließlich Sachleistungen, beträgt 3,9 Mio. €. Um einen breiten Branchenkonsens über den Umgang mit dem GBE herzustellen, werden im Laufe des Projekts auch führende Beratungsunternehmen und Expertenorganisationen einbezogen, die sich mit der Modellierung des Global Blockage Effect befassen.

Planung, Umsetzung und Auswertung einer Messkampagne

Im Mittelpunkt des OWA GloBE Projekts steht die Planung, Umsetzung und Auswertung einer Messkampagne, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 gestartet werden soll. Diese dient dazu, die vielfältigen Aspekte des GBE in vollem Umfang zu erfassen und die atmosphärischen Phänomene, die den Effekt antreiben, genauestens zu vermessen. Ziel ist es, einen umfassenden Datensatz zu erstellen und einen neuen Standard für die Bewertung und Quantifizierung der Auswirkungen des GBE auf die Stromerzeugung in Offshore-Windparks zu erarbeiten.

Die Kampagne ist darauf ausgelegt, unvoreingenommen mehrere bestehende Hypothesen zu testen, wie der GBE in Modellen und bei der Bewertung der Windenergie berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus wird untersucht, inwiefern Berechnungen, die mit schnellen, vollständig gekoppelten Methoden durchgeführt werden, die physikalischen Grundlagen des Global Blockage Effects besser darstellen können, als herkömmliche Modellwerkzeuge. Da dieser Ansatz Nachlauf- und Blockademodelle kombiniert, ließe sich der GBE auf die jährliche Energieproduktion zu einem Gesamtturbinen-Interaktionseffekt zusammenfassen. Damit würde eine zusätzliche Berücksichtigung von Blockadeeffekten überflüssig. Voruntersuchungen deuten darauf hin, dass die Auswirkungen der GBE geringer sein könnten als derzeit von der Industrie angenommen.

Die Messungen werden im Windpark-Cluster Helgoland in der Deutschen Bucht durchgeführt, und zwar in den Windparks Nordsee Ost und Amrumbank West, die beide zu 100 % RWE gehören. Die beiden Windparks sind derzeit durch einen etwa 4 km breiten, unverbauten Meeresstreifen getrennt, die sogenannte „Kaskasi-Lücke". Dort wird RWE den Windpark Kaskasi errichten, der voraussichtlich 2022 ans Netz gehen wird. Die „Kaskasi-Lücke“ ermöglicht einen einzigartigen Versuchsaufbau, bei dem moderne Messmethoden wie z.B. Dual Doppler LiDAR („light detection and ranging“, eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Geschwindigkeitsmessung von Luft) mit Produktionsdaten der Windturbinen kombiniert werden. Es wird erwartet, dass durch die Lage der „Kaskasi-Lücke“ zwischen den Windparks Nordsee Ost und Amrumbank West genau die Strömungsmerkmale verstärkt werden, die das Projekt beobachten will.

Dazu sagt Richard Sandford, Director Offshore Wind Development Europe bei RWE Renewables: „Indem wir verschiedene Industriehypothesen unter Praxis-Bedingungen bewerten und testen, werden wir in der Lage sein, Wissenslücken zu schließen und einen branchenweiten Konsens über den Effekt zu erreichen. OWA GloBE kann zudem die Sicherheit bei der Abschätzung des Offshore-Windenergieertrags erhöhen und so helfen, die Stromgestehungskosten zu senken."

Jan Matthiesen, Direktor Offshore Wind beim Carbon Trust, erklärt: „OWA GloBE ist ein weiteres gutes Beispiel für die Vorteile, die durch gemeinschaftliche Forschung und Entwicklung erreicht werden können."

Weitere Informationen unter group.rwe

et-Redaktion

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