Robots als attraktive Form der Digitalisierung

Abb.1: Funktionalitäten von Software Robots (Quelle: kwp consulting)

Operative Vorteile sind die deutlichen Kostensenkungs- und Beschleunigungspotenziale in Prozessen, die sich mit Software Robots realisieren lassen. So zeigen Praxisbeispiele, dass Software Robots typischerweise Arbeiten im Umfang von drei bis vier FTE (Full Time Equivalents) übernehmen können. Dies alleine schon dadurch, dass sie im Gegensatz zu Mitarbeitern 24/7 zur Verfügung stehen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Implementierungskosten für RPA-Lösungen vor allem aus zwei Gründen moderat sind: Die Programmierung von Schnittstellen zu den unterschiedlichen Systemen entfällt und eine RPA-Lizenz kann für mehrere Anwendungen genutzt werden, solange diese nicht gleichzeitig ausgeführt werden sollen.   

Ziel der Einführung von Software Robots sollte jedoch nicht nur eine „taktische“ Kostensenkung sein. Vielmehr sind RPA-Lösungen als wichtiger Baustein einer unternehmensweiten Digitalisierungsstrategie zu sehen, dessen wirkliche Attraktivität in den über die Kostensenkung hinaus gehenden strategischen Vorteilen liegt:

  • Steigerung des Kundenerlebnisses: Dazu tragen insbesondere verkürzte Bearbeitungszeiten durch höhere Reaktionsfähigkeit sowie die rasche Skalierbarkeit und damit der verbesserte Umgang mit Nachfrage-Sprüngen bei. Außerdem ermöglicht der Einsatz von Software Robots eine deutliche Verbreiterung der Möglichkeiten in der Analyse von Unternehmens- sowie Marktdaten – und damit ein verbessertes Kundenverständnis und maßgeschneiderte Angebote.
  • Deutliche Senkung der Fehlerquote: Diese resultiert daraus, dass für den Software Robot die Arbeitsschritte und auch die Grenzen des selbstständig zu bearbeitenden Standardfalls bereits im Vorfeld eindeutig definiert werden und menschliche Eigenschaften wie Unaufmerksamkeiten oder Ermüdung entfallen.
  • Attraktivierung der Arbeitsplätze: RPA bedeutet die enge Zusammenarbeit der Mitarbeiter mit einer digitalen Workforce innerhalb der unterschiedlichen Prozesse. Dabei steht nicht Personalabbau im Fokus, sondern eine neue Aufgabenzuordnung – die Entlastung der Mitarbeiter von Routineaufgaben, um wertschöpfende Aufgaben zu erledigen, die oftmals liegen bleiben, oder auch neue interessante Tätigkeiten zu übernehmen.
  • Erhalt bzw. Steigerung der eigenen Wertschöpfung: Durch den Einsatz von Robots wird der wirtschaftliche Druck, Prozesse outzusourcen, deutlich reduziert bis hin zur Möglichkeit, ausgelagerte Prozesse auf Basis von RPA wieder inzusourcen. Konsequenzen sind eine sinkende Abhängigkeit von Drittfirmen sowie eine Steigerung der Sicherheit im Datenmanagement.
  • Erfüllung von Compliance-Anforderungen: Die Tätigkeit eines Software Robots ist klar nachvollziehbar, da sowohl die Gestaltung als auch die Ausführung jedes Arbeitsschritts eindeutig dokumentiert werden. Dadurch ist die Auditierbarkeit von Robots gewährleistet, der compliancekonforme Einsatz kann jederzeit nachgewiesen werden.
  • Eingrenzung von Risiken: Durch den Einsatz von Software Robots können Arbeitsweisen und Abläufe in Unternehmen grundsätzlich verändert werden. Während ein klassisches IT-Projekt zur Prozessautomatisierung üblicherweise ein ausgeprägtes Risikoprofil besitzt, können Transformationsrisiken durch den schrittweisen Ausbau von Software Robots deutlich eingegrenzt werden. Außerdem ist bei späteren System-Updates anstelle einer Neu-Programmierung von Schnittstellen nur eine Adaptierung von Robots erforderlich.

Erfolgsfaktoren für eine Etablierung von Robots

Dezentrale Gestaltung

Die Entwicklung und Implementierung von Robots sind Aufgaben der für den jeweiligen Prozess verantwortlichen Einheiten. Wie in einem „digitalen Labor“ ermöglicht RPA einen schrittweisen Aufbau der Robots nach dem Prinzip, dass gut besser als perfekt ist. Dies bedeutet, dass eine Automatisierung mittels Robots nur soweit erfolgen soll, wie dies auch wirtschaftlich und strategisch sinnvoll ist.

Entsprechend ist die enge Einbindung der Process Owner, also jener Mitarbeiter, die künftig „Hand in Hand“ mit den Robots zusammenarbeiten sollen, ganz wesentlich. Diese Mitarbeiter müssen mit ihrer Erfahrung von der detaillierten Vorstellung zur Prozessdigitalisierung bis zur Entscheidung, wann der optimale Automatisierungsgrad erreicht ist, eng eingebunden werden. Nur so kann schließlich das durch die Digitalisierung angestrebte positive Momentum, der gewünschte Transformationsprozess der Organisation, auch tatsächlich Wirklichkeit werden.

Center of Expertise als Koordinator

Durch den Aufbau eines bereichsübergreifenden Centers of Expertise (CoE) für Software Robots soll sichergestellt werden, dass trotz des business-orientierten, dezentralen Ansatzes der Aufbau der Robot-Landschaft unternehmensweit koordiniert und effizient erfolgt. Zu den Kernfunktionen eines CoE gehören: 

  • Das Management der Robot-Pipeline aus Automatisierungsvorschlägen der operativen Einheiten durch Priorisierung der unterschiedlichen Vorschläge sowie die regelmäßige Aktualisierung der Pipeline.
  • Der Aufbau und die laufende Erweiterung einer „Bibliothek“ von Robot-Elementen, wie z.B. das Versenden einer Email, die den Prozess-Teams für die Gestaltung von deren Robots zur Verfügung steht (business object reuse) – für eine beschleunigte Entwicklung und einheitliche Gestaltung von Robots.
  • Die Prüfung sowie die Abnahme der in Prozessteams entwickelten Robots, um die Einhaltung unternehmensweiter Qualitätsstandards und die Korrektheit der Robots zu gewährleisten und die Compliance-Konformität der Robots sicher zu stellen.
  • Die Dokumentation der freigegebenen Robots, um bei Änderungen in der Systemlandschaft kurzfristig jene Robots zu identifizieren, die davon betroffen sind und deshalb adaptiert werden müssen.

Frühzeitige Einbindung von Revision und IT

Sollen im Rahmen des RPA-Rollouts auch unternehmenskritische Prozesse, insbesondere Steuerungsprozesse, automatisiert werden, sind Revision und IT frühzeitig in die Automatisierung einzubeziehen, um einerseits bereits in der Gestaltung der Software Robots die Anforderungen an die Auditierbarkeit der Prozesse zu berücksichtigen und um andererseits das Verständnis für den Aufbau und die Gestaltungsmöglichkeiten von Robots in der Revisionsfunktion bereits frühzeitig zu entwickeln. Ziel muss sein, dass die Revision mit dem Prozess der Robotentwicklung und -freigabe für die unternehmenskritischen Prozesse einverstanden ist und der IT-Bereich den dezentralen Aufbau der Robot-Landschaft mit dem CoE als unternehmensweiten Koordinator als zielführend und mit der von der IT betreuten unternehmensweiten Systemlandschaft kompatibel betrachtet.

Start der Robot-Initiative mit einem einfachen Piloten

Der Start mit einem einfachen Piloten ist wesentlich, um die breite Akzeptanz für Software Robots bereits frühzeitig abzusichern. Der Begriff „einfach“ umfasst dabei mehrere Aspekte:

  • Der Pilot sollte nur wenige Prozessschritte und den Zugriff auf wenige IT-Systeme (als Datenquelle, Datenablage) erfordern, um so den Aufbau von dezentraler „Gestaltungs“-Kompetenz für Robots zu ermöglichen.
  • Der zu automatisierende Prozessabschnitt sollte maximal zwei bis drei Ausnahmen außerhalb des Standardablaufs umfassen. Diese Ausnahmen sind mittels eines einfachen alternativen Pfads, etwa der Information eines Mitarbeiters per Email, darstellbar.
  • Durch einen Wegfall manueller Tätigkeiten und/oder von Medienbrüchen in relevantem Umfang soll der RPA-Mehrwert im Pilotprozess anschaulich zu kommunizieren sein.
  • Der zu automatisierende Prozessabschnitt sollte innerhalb eines Verantwortungsbereichs liegen, um die Lösungsfindung zu vereinfachen.
  • Der Pilot sollte in keinen der Kernprozesse des Unternehmens eingreifen, sodass etwaige Anfangsfehler in der Robot-Gestaltung keine Verzögerungen oder Unterbrechungen in unternehmenskritischen Abläufen verursachen.

Klare Win-Win-Chance

RPA bzw. Software Robots bilden eine sehr interessante und konkrete Form der Digitalisierung, denn in jedem EVU existiert eine Vielzahl von standardisierten Routineabläufen und mehrfachen Datenhaltungen/Dateneingaben infolge fehlender Schnittstellen zwischen IT-Systemen. Mitarbeiter von beidem zu entlasten und Digitalisierung konkret und positiv erlebbar zu machen bedeutet eine klare Win-Win Chance für jedes Unternehmen!

Gerald Kalny und Hannes Kieberger
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