Ausbaupläne von Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Deutschland

Abb.1 Energiewende in Deutschland – historische Entwicklung, Ausbauziele bis 2030 sowie Hochrechnungen der kumulativen Rohstoffbedarfe für den Zubau von Windenergie und Photovoltaik von 2021 bis 2030

Abb.1 Energiewende in Deutschland – historische Entwicklung, Ausbauziele bis 2030 sowie Hochrechnungen der kumulativen Rohstoffbedarfe für den Zubau von Windenergie und Photovoltaik von 2021 bis 2030 (Quellen: [1], [2], [4], [5], [6], eigene Berechnungen)

Abb. 2 Kritikalität der für Windkraft- und Photovoltaikanlagen benötigten Rohstoffe anhand von Angebotskonzentration (HHI) und Länderrisiko der Produktionsländer sowie Anteile der größten Produktionsländer im Jahr 2018

Abb. 2 Kritikalität der für Windkraft- und Photovoltaikanlagen benötigten Rohstoffe anhand von Angebotskonzentration (HHI) und Länderrisiko der Produktionsländer sowie Anteile der größten Produktionsländer im Jahr 2018 (Quellen: [9], [10])

Ende 2020 waren knapp 63 GW an Windenergiekapazitäten (56 GW an Land, 7 GW auf See) und 54 GW an Photovoltaikkapazitäten in Deutschland installiert. Die mit Windenergie erzeugte Strommenge belief sich auf 132 TWh, die mit Photovoltaik erzeugte auf 51 TWh (Abb. 1). So trugen diese im Jahr 2020 27 % bzw. 10 % zur Stromerzeugung in Deutschland bei. Zusammengenommen kamen Erneuerbare Energien (inkl. Wasserkraft und Biomasse) auf einen Anteil von 47 % [7]. 2021 sank die produzierte Strommenge aus Windenergie und Photovoltaik wetterbedingt laut vorläufiger Zahlen leicht [8].

Wie bereits dargestellt, visiert das BMWK einen Anteil von 80 % Erneuerbarer Energien für das Jahr 2030 im deutschen Strommix an. Alle Erneuerbaren zusammengenommen sollen dann für 544 - 600 TWh an Strom sorgen. Insbesondere für Windenergie und Photovoltaik gibt es dazu ambitionierte Ausbauziele. Die Kapazitäten von Windenergie sollen demnach um 67,3 GW (45,0 GW an Land, 22,3 GW auf See) ansteigen – mehr als eine Verdoppelung der bislang installierten Kapazitäten. Die Kapazitäten von Photovoltaik sollen um 146 GW anwachsen – beinahe eine Vervierfachung der bislang installierten Kapazitäten (Abb. 1).

Für den anvisierten Ausbau von WKA und PVA in Deutschland werden die oben beschriebenen Rohstoffe benötigt. Die kumulierte Hochrechnung bis 2030 ergibt, dass vor allem große Mengen Stahl und Beton, aber auch viel Glas für Photovoltaik und Gusseisen für Windenergie eingesetzt werden (Abb. 1). Ebenso werden größere Mengen an Kunststoffen sowie Kupfer, Aluminium, Zink und Silizium benötigt. Insbesondere Spezialmetalle wie die Seltenen Erden, Gallium, Germanium und Indium, werden in weitaus geringeren Mengen verwendet. Dennoch sind gerade diese Metalle meist potenziell kritisch im Hinblick auf die Versorgungslage (Abb. 2).

Bewertung der Rohstoffsituation

Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) beobachtet und bewertet die internationalen Märkte metallischer Rohstoffe kontinuierlich. Auf der Angebotsseite beleuchtet die DERA-Rohstoffliste potenzielle Preis- und Lieferrisiken über die Angebotskonzentration (HHI) und das gewichtete Länderrisiko (GLR), das die politische, soziale, rechtliche und wirtschaftliche Stabilität der Lieferstaaten beschreibt.

Ein Großteil der Märkte der für WKA und PVA benötigten Rohstoffe sind hochkonzentriert und die Metalle kommen überwiegend aus Ländern mit mittlerem gewichteten Länderrisiko (Abb. 2). Diese Konstellation kann zu einem erhöhten Preis- und Lieferrisiko führen. Durch die Ausübung von Marktmacht bedeutender Produktionsländer, z. B. durch die Einführung von Förderquoten oder den Auf- und Ausbau von Handelsbarrieren, kann es daher zu Preiserhöhungen und Lieferausfällen kommen.

Besonders hohe Marktkonzentrationen der identifizierten Metalle weisen Gallium, Germanium und die Seltenen Erden auf. Diese Rohstoffe kommen zum überwiegenden Teil aus China. Wie das Beispiel der Seltenen Erden schon in der Vergangenheit gezeigt hat, nutzt China seine Quasi-Monopolstellung, um Produktionsmengen und damit auch die Preise zu bestimmen. China misst den Seltenen Erden eine strategische Bedeutung bei und kontrolliert über Produktionsquoten den Bergbau sowie die Weiterverarbeitung im eigenen Land.

Viele Spezialmetalle, die für WKA und PVA benötigt werden, weisen noch eine weitere Besonderheit auf. Es handelt sich um vergleichsweise kleine Märkte (Weltproduktion < 100.000 t/a) und die Gewinnung erfolgt meist als Beiprodukte im Zuge der Produktion von Industriemetallen wie Aluminium, Kupfer und Zink. Sie können dadurch weniger schnell auf Nachfragesprünge reagieren, als die großen Märkte der Industriemetalle. Dennoch sind diese Spezialmetalle wie Indium, Selen und Tellur oft unerlässlich für Hightech-Anwendungen aufgrund ihrer ganz spezifischen Eigenschaften.

Ausblick

Langfristig gesehen wird der Transformationsprozess zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft die Bedarfe nach bestimmten Rohstoffen ansteigen lassen. Hier stehen insbesondere die kleinen Märkte der Spezialmetalle im Fokus. Deutschland steht hierbei in Konkurrenz zu anderen Ländern. China beispielsweise will im Jahr 2060 klimaneutral sein, die USA 2050. Die Energiewende und die hierfür benötigten Rohstoffe müssen also letztendlich immer im globalen Kontext betrachtet werden.

Dabei ist und bleibt die Volksrepublik China mit seiner dominierenden Stellung auf den metallischen Rohstoffmärkten der entscheidende Akteur. Dies gilt sowohl für die großen Märkte der Basismetalle als auch die kleinen Märkte der Spezialmetalle. Zuletzt sorgten Energiekürzungen in der chinesischen Metallindustrie, die zur Reduktion des CO2-Ausstoßes angeordnet wurden, für Ausfälle bei der energieintensiven Produktion von Magnesium, Aluminium und Silizium. Diese Produktionskürzungen hatten Auswirkungen auf die globalen Metallmärkte und ihre nachgelagerten Produktionsketten.

Auch die Covid-19-Pandemie hat weiterhin Einfluss auf die globalen Rohstoffmärkte. Aktuell sind diese besonders durch eine hohe Rohstoffnachfrage, Logistikengpässe, hohe Energie- und Rohstoffpreise gekennzeichnet. Damit hat die Pandemie zusammen mit anderen Faktoren die globalen Abhängigkeiten und die Verwundbarkeit der Rohstoffversorgung offengelegt.

Für deutsche Unternehmen schlägt sich diese Marktlage in hohen Rohstoffpreisen und Lieferengpässen nieder. Für die Zukunft ist es daher wichtig, die Abhängigkeiten zu reduzieren, die Lieferquellen zu diversifizieren und neue Recyclingpotenziale besser auszuschöpfen.

(Redaktionsschluss 22.02.2022)

Quellen

[1] BMWK (2022): Eröffnungsbilanz Klimaschutz – URL:  https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Energie/220111_eroeffnungsbilanz_klimaschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=22 [Stand: 14.02.2022].
[2] Carrara, S.; Alves Dias, P.; Plazzotta, B.; Pavel, C. (2020): Raw materials demand for wind and solar PV technologies in the transition towards a decarbonised energy system. – Publication Office of the European Union, Luxembourg.
[3] Fraunhofer ISE (2021): Photovoltaics Report. – URL: https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/Photovoltaics-Report.pdf [Stand: 14.02.2022].
[4] Marscheider-Weidemann, F.; Langkau, S.; Baur, S.-J.; Billaud, M.; Deubzer, O.; Eberling, E.; Erdmann, L.; Haendel, M.; Krail, M.; Loibl, A.; Maisel, F.; Marwede, M.; Neef, C.; Neuwirth, M.; Rostek, L.; Rückschloss, J.; Shirinzadeh, S.; Stijepic, D.; Tercero Espinoza, L.; Tippner, M. (2021): Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2021. – DERA Rohstoffinformationen 50: 366 S., Berlin.
[5] GWEC (2019): Global wind market development – Supply side data 2018. – Brussels.
[6] Strom-Report.de (2022): Photovoltaik in Deutschland. – URL: https://strom-report.de/photovoltaik/ [Stand 02.02.2022]; Windenergie in Deutschland. – URL: https://strom-report.de/windenergie/ [Stand 02.02.2022].
[7] Fraunhofer ISE (2021): Nettostromerzeugung in Deutschland 2020: Erneuerbare Energien erstmals über 50 Prozent. Pressemitteilung 04.01.2021 – URL: https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/news/2020/nettostromerzeugung-in-deutschland-2021-erneuerbare-energien-erstmals-ueber-50-prozent.html [Stand: 03.02.2022].
[8] Fraunhofer ISE (2022): Nettostromerzeugung in Deutschland 2021: Erneuerbare Energien witterungsbedingt schwächer. Pressemitteilung 03.01.2022 – URL: https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/news/2022/nettostromerzeugung-in-deutschland-2021-erneuerbare-energien-witterungsbedingt-schwaecher.html [Stand: 03.02.2022].
[9] DERA – Deutsche Rohstoffagentur in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2021): DERA-Rohstoffliste 2021. – DERA Rohstoffinformationen 49: 108 S., Berlin.
[10] BGR – Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (o. J.): Fachinformationssystem Rohstoffe – unveröffentlicht, Hannover. [Stand: 14.02.2022].

J. Perger, U. Dorner, V. Tremareva, Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Berlin, johannes.perger@bgr.de

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