Abb. Prognostizierte Speicherentwicklung bis 2045 (Quelle: Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) 2020)
Nur durch leistungsstarke Speicher lässt sich der notwendige Tag-Nacht-Ausgleich für eingespeisten Solarstrom erreichen. Zudem verhindern Stromspeicher lokale Netzengpässe bei der fluktuierenden Einspeisung von Wind- und PV-Strom. Außerdem können Speicher die Netzsicherheit erhöhen, wenn sie Reserveleistung und Ausgleichsenergie bereitstellen.
Stromspeicher übernehmen viele Aufgaben: Prioritär ist der Ausgleich zwischen witterungsbedingter, saisonal oder tageszeitlich schwankender Einspeisung und der wenig flexiblen Netzlast. Zukünftig müssen Stromspeicher auch Aufgaben übernehmen, die bisher meist von Großkraftwerken bereitgestellt werden. Der Aufbau einer Speicherinfrastruktur in Deutschland wäre ähnlich wichtig wie der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und der Stromnetze. Doch eine leistungsfähige Speicherinfrastruktur ist hierulande derzeit jedoch noch immer vorwiegend ein Thema von Forschung und Erprobung. Der notwendige Gleichschritt bei den drei Säulen einer erfolgreichen Energiewende wird durch die jetzt verabschiedeten neuen Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien nochmals unwahrscheinlicher [1].
Die Stromversorgung in Deutschland soll bereits im Jahr 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen. Dafür schafft das Gesetz für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien jetzt die erforderlichen Rahmenbedingungen. Das geltende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus dem Jahre 2021 sah einen Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien am inländischen Bruttostromverbrauch auf 65 % im Jahr 2030 und eine treibhausgasneutrale Stromerzeugung bis 2050 vor. Jetzt soll die Stromversorgung deutlich schneller auf erneuerbare Energien umgestellt werden: Im Jahr 2030 sollen mindestens 80 % des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, und bereits im Jahr 2035 soll die Stromversorgung fast vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Deutschland folgt damit einer Empfehlung der Internationalen Energieagentur (IEA) und zieht mit anderen OECD-Staaten wie den USA und Großbritannien gleich, die ebenfalls bis 2035 eine klimaneutrale Stromversorgung anstreben.
Massivste Anstrengungen für den Erneuerbaren-Ausbau im Stromsektor
Galten die bisherigen nationalen Ziele als ambitioniert, so sind für die Erreichung der neuen massivste Anstrengungen erforderlich. Im vergangenen Jahr lag der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bei etwa 42 %. Bis 2030 muss dieser Anteil gemäß der neuen Ziele verdoppelt werden. Dazu reicht eine proportionale Erhöhung der installierten Erzeugungskapazitäten nicht aus, denn der Strombedarf wächst durch die zunehmende Elektrifizierung von Industrieprozessen, Wärme und Verkehr im Rahmen der Sektorenkopplung. Außerdem sollen große Mengen Wasserstoff auf Basis von EE-Strom erzeugt werden, um bei der Sektorkopplung zu helfen. Um den von der Bundesregierung für 2030 erwarteten Bruttostromverbrauch von 750 TWh zu 80 % aus erneuerbaren Energien zu decken, muss die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von derzeit knapp 240 TWh auf mindestens 600 TWh erhöht werden.
Um diese Strommenge netzsynchron und bedarfsgerecht verwenden zu können, werden nach aktuellen Berechnungen des Fraunhofer ISE [2] bis 2030 große Batteriespeicher mit einer Leistung von 100 GW benötigt. Bis 2045 wird der Bedarf auf 180 GW ansteigen, heißt es in der kürzlich vorgelegten Kurzstudie des Instituts (siehe auch Abb.). Für diese Speicherleistungen müssen geeignete leistungsfähige Einspeisepunkte gefunden werden. Nach den Untersuchungen von Fraunhofer ISE sind dafür Standorte von Großkraftwerken, die infolge des Kernenergie- und Kohleausstiegs nicht mehr benötigt werden, am besten geeignet. Die „hochwertige Infrastruktur“ an diesen Standorten reicht aus, um etwa 65 % der benötigten Speicherkapazitäten ins deutsche Stromnetz einzubinden.
Allerdings sind die Potentiale bundesweit recht unterschiedlich verteilt. In den Küstenregionen, wo große Mengen an Windstrom anfallen, ist der Bedarf an Speicherbedarf deutlich höher als das Anschlusspotential an ehemaligen Kraftwerksstandorten. Auch in Bayern liegt der Bedarf höher als das vorhandene Anschlusspotential. Anders sieht es in Nordrhein-Westfalen aus: Hier könnten an ehemaligen Kraftwerkstandorten Speicher mit einer Kapazität von bis zu 16 GW installiert werden, bei einem Bedarf von knapp 10 GW, errechnete Fraunhofer ISE. Auch in Baden-Württemberg übersteigt die potenzielle Anschlussleistung den voraussichtlichen Speicherbedarf.
Ehemalige Kraftwerksstandorte mit ihrer leistungsfähigen Netzanschluss-Infrastruktur sind also wichtige potentielle Speicherstandorte, die nach der Abschaltung der Kraftwerke erhalten bleiben sollten. Aber auch ein Parallelbetrieb ist möglich, wie das Beispiel Big Battery (53 MW) am Kraftwerksstandort Schwarze Pumpe in der Lausitz sowie Projekte an den Kraftwerksstandorten Lingen (Niedersachsen) und Werne (Nordrhein-Westfalen) mit einer Leistung von insgesamt 117 MW zeigen.
Vielfalt an Speichertechnologien
Bei Stromspeichern gilt es, zwischen Kurz- und Langzeitspeichern zu unterscheiden. Kurzzeitspeicher speichern Energie im Bereich von Stunden bis Tagen. Zum Einsatz kommen vor allem Batteriesysteme. Grundprinzip aller Batteriespeicher ist die umkehrbare elektrochemische Reaktion, mit der Strom ein- oder ausgespeichert wird.
Blei-Säure-Batterien werden zur Erzeugung von Minutenreserve oder Spitzenlastabdeckung eingesetzt sowie beim Schwarzstart von Kraftwerken oder als Puffer für die PV- und Windstromerzeugung in netzschwachen Regionen verwendet. Sowohl die Lebensdauer wie die Leistungsfähigkeit von Blei-Säure-Akkumulatoren gelten als verbesserungsfähig.
Lithium-Ionen-Akkumulatoren umfassen einen Batterietypus, bei dem die Kathode, abhängig von den gewünschten Speichereigenschaften, aus unterschiedlichen Lithium-Metalloxiden besteht. Lithium-Ionen-Batterien kommen als Spitzenlastreserve, für den Schwarzstart oder als Minutenreserve zum Einsatz. Ihre hohe Energiedichte machen Lithium-Ionen-Akkus derzeit zur bevorzugten Speichertechnologie, insbesondere in der E-Mobilität. Entwicklungspotential besteht bei den Kosten, der Wiederaufladbarkeit sowie der Energiedichte.
Natrium-Schwefel-Batterien gehören mit Betriebstemperaturen zwischen 290 und 360 Grad Celsius zu den Hochtemperaturbatterien und werden deshalb vornehmlich stationär eingesetzt, um überschüssigen Strom aufzunehmen (Einspeicherung) oder Lastspitzen zu brechen (Ausspeicherung).
Redox-Flow-Batterien arbeiten dagegen im Niedertemperaturbereich. Energie wird dabei nicht am Ort der elektro-chemischen Umwandlung, sondern in Form von (transportabler) Salzlösung gespeichert. Neben der Trennung von Leistung und Speicherteil ist bei Redox-Flow-Batterien die Speichermenge unabhängig von der Zellgröße der Batterie. Redox-Batterien haben einen vergleichsweise hohen Wirkungsgrad, sind langlebig und zeigen keine nennenswerte Selbstentladung. Bei nahezu allen Speichertechnologien auf Batteriebasis stellt sich die Frage nach der Versorgung mit kritischen Rohstoffen, insbesondere beim Lithium.
Mit Langzeit- oder Reservespeichern ist es möglich, saisonale Überschussproduktionen aus jahreszeit- oder witterungsabhängigen Energiequellen für Zeiten zu speichern, in denen die Stromerzeugung geringer ist als der Bedarf. Zu den Langzeitspeichern gehören Druckluftspeicher, bei denen komprimierte Luft in unterirdische Kavernen eingepresst wird. Bei der Entnahme wird die Druckluft direkt auf Turbinen geleitet und kann grundsätzlich ohne Fremdenergie zur Stromerzeugung genutzt werden. Eines der weltweit wenigen Projekte arbeitet seit mehr als 40 Jahren am Standort Huntorf (Niedersachsen). Die Anlage kann über einen Zeitraum von zwei Stunden 321 MW elektrische Leistung bereitstellen. Ein sog. „adiabater Druckluftspeicher für die Elektrizitätsversorgung“, bei dem ein Wärmetauscher zur Effizienzverbesserung eingesetzt wird, sollte ab 2013 in Staßfurt (Sachsen-Anhalt) errichtet werden. Das Projekt wurde 2015 „mangels konkreter Marktperspektive“ eingestellt. Damit hat Deutschland eine wichtige Technologieführung im Bereich der Energiespeicherung verloren.
Der klassische Langzeitspeicher ist das Pumpspeicherkraftwerk
In Deutschland sind derzeit etwa 30 Pumpspeicherkraftwerke in Betrieb. Die Gesamtleistung beträgt gegenwärtig 6.198 MW [3]. Die jährliche Erzeugung liegt bei 7,0 TWh. Zusätzlich speisen Pumpspeicherkraftwerke in Luxemburg und Österreich mit einer Gesamtleistung von rund 3.600 MW etwa 3,3 TWh Strom direkt in das deutsche Netz der allgemeinen Versorgung ein. Ein weiteres Pumpspeicherkraftwerk mit einer Netto-Nennleistung von 16 MW befindet sich derzeit in Baden-Württemberg im Bau und soll 2023 in Betrieb gehen.
Damit werden auf der Aufkommensseite bei Pumpspeicherkraftwerken derzeit rund 10 TWh Strom erzeugt. Die im Pumpbetrieb aus dem Netz bezogenen Strommengen belaufen sich auf knapp 12 TWh. Bei der Differenz handelt es sich um Strommengen, die beim Pumpvorgang, also dem Hochpumpen des Wassers, benötigt werden und die spätere Erzeugung übersteigen. Der Speicher-Energiegehalt der inländischen Pumpspeicherkraftwerke liegt bei etwa 40 GW pro Lastzyklus.
Pumpspeicherkraftwerke stellen derzeit die einzige großtechnisch nutzbare und in Deutschland auch großtechnisch eingesetzte Speichertechnologie für Energie im regionalen und überregionalen Stromnetz dar. Durch das Hochpumpen von Wasser aus dem Unter- in das Oberbecken wird elektrische in potenzielle Energie umgewandelt. Bei Generatorbetrieb werden durchschnittlich etwa 83 % des ursprünglich für das Hochpumpen eingesetzten Stroms zurückgewonnen. Pumpspeicherkraftwerke könnten die vorgehaltene Energie theoretisch unbegrenzt speichern, es treten kaum Speicherverluste auf und die eingespeicherte Energie ist kurzfristig abrufbar.
Bislang werden Pumpspeicherkraftwerke als Leistungsreserve bei Spitzenlast, zum Ausgleich von Spannungsschwankungen sowie zur Bereitstellung von Regelleistung eingesetzt. Grundsätzlich wären sie ein wirtschaftlich und sicher zu betreibender Langzeitspeicher. Allerdings gibt es in Deutschland aus Gründen der Landschaftstopographie und Siedlungsstruktur kaum Potenzial für neue Anlagen. In der Diskussion sind deshalb unterirdische Pumpspeicher bzw. die Nutzung künstlicher Senken wie Halden oder Tagebaue.
Alternativen zum Pumpspeicherkraftwerk
Die begrenzten Ausbaumöglichkeiten für Pumpspeicherkraftwerke haben die Suche nach alternativen Groß- und Langzeitspeichern angeregt. Favorisiert wird die Speicherung von Elektrizität in Form von chemischer Energie als Wasserstoff oder Methan (Power to Gas).
Wenn Wasser durch Elektrolyse elektrochemisch gespalten wird, kann der gewonnene Wasserstoff in oberirdischen Druckbehältern oder unterirdischen Speichern langfristig gespeichert werden. Allerdings kann Wasserstoff durch verschiedene Materialien diffundieren, so dass sichere und praktikable Lösungen für die Handhabung, den Transport und die Speicherung entwickelt werden müssen. Die nationale Wasserstoffstrategie basiert auf der Annahme, dass die Wasserstoffelektrolyse ausschließlich mit (überschüssigem) Strom aus erneuerbaren Energien durchgeführt wird. Da bis 2035 aber durch die neue Gesetzgebung nahezu der gesamte Strombedarf aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll, erscheint fraglich, ob zusätzliche, emissionsfrei gewonnene Strommengen für die Wasserstoff-Produktion zur Verfügung stehen. Wasserstoff kann direkt als Brennstoff eingesetzt oder in Brennstoffzellen wieder zu Strom (und Wärme) gewandelt werden.
Wird Wasserstoff in einer nachgelagerten Hydrierungsreaktion bei hohen Temperaturen und Drücken zusammen mit Kohlendioxid umgesetzt, entsteht synthetisches Methan, wobei Wasser und Wärme als Nebenprodukte anfallen. Die Umwandlung von Wasserstoff in Methan ist sinnvoll, wenn eine Einspeisung in ein bestehendes Erdgasversorgungsnetz vorgesehen ist, da reiner Wasserstoff nur bis zu einem Anteil von 10 % dem Erdgas beigemischt werden kann. Sowohl Wasserstoff wie auch synthetisches Methan können Strom speicherfähig machen und neue Anwendungsmöglichkeiten für Wind- und Solarenergie vornehmlich im Verkehrsbereich erschließen.
Probleme mit der Regulierung
Der Begriff Stromspeicher umfasst Anlagen, die elektrische Energie zum Zwecke der elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Zwischenspeicherung verbrauchen und als elektrische Energie oder in einer anderen Energieform wieder abgeben [4]. Stromspeicher haben energiewirtschaftlich betrachtet also eine Doppelfunktion: Sie sind einerseits Letztverbraucher, denn der Strom, der in einen Stromspeicher eingespeichert wird, wird in eine andere energetische Form umgewandelt und dadurch letztverbraucht [5]. Andererseits ist der Speicherbetreiber mit Blick auf die ausgespeicherten Strommengen auch Erzeuger. Deshalb fallen an sich auch beim Betrieb von Stromspeichern für die aus dem Netz bezogenen Strommengen Netzentgelte und Umlagen an. Allerdings gelten für Stromspeicher zahlreiche und unterschiedliche Sonderregelungen, die die Zahlung von Entgelten und Umlagen drastisch reduzieren oder sogar vollständig davon befreien.
Für bestehende Pumpspeicherkraftwerke sowie neu errichtete sonstige Stromspeicher gelten hinsichtlich der Netzentgelte die Begünstigungsregelungen nach § 118 EnWG, die eine befristete vollständige Befreiung von den Netzentgelten vorsehen. Des Weiteren können Pumpspeicherkraftwerke, die nicht vollständig von den Netzentgelten befreit sind, ein individuelles Netzentgelt vereinbaren und zusätzlich einen Rabatt durch netzdienliches Verhalten beanspruchen. Ferner können Speicherbetreiber an der durch die Netzbetreiber vorgenommenen Ausschüttung vermiedener Netzentgelte teilhaben. Die unübersichtliche Lage hat dazu geführt, dass die amtierende Bundesregierung sich im geltenden Koalitionsvertrag zu einer Reform der Netzentgeltsystematik bei Stromspeichern verpflichtet hat [6].
Fazit
Der beschleunigte Ausbau der Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien, die angestrebte Sektorkopplung sowie die Gewährleistung der Versorgungssicherheit zwingen zum raschen Aufbau großer Speicherpotentiale für Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Rückgrat der bisherigen Speicherinfrastruktur sind Pumpspeicherkraftwerke, deren Ausbaupotential eng begrenzt ist. Batteriespeicher sowie die Nutzung von Wasserstoff oder synthetischem Methan liefern derzeit noch keine technisch oder wirtschaftlich überzeugenden Lösungen für die Langzeit- oder Reservespeicherung.
Quellen
[1] Entwurf eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor https://dserver.bundestag.de/btd/20/016/2001630.pdf
[2] Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE): Batteriespeicher an ehemaligen Kraftwerksstandorten. https://www.ise.fraunhofer.de
[3] Bundesnetzagentur: Monitoringbericht 2021 https://www.bundesnetzagentur.de/
[4] § 3 Nr. 15d EnWG.
[5] vgl. BGH EnVR 56/08 Rn. 9.
[6] Deutscher Bundestag: Drucksache 20/1653 vom 10.03.2022: Bericht der Bundesregierung zur aktuellen Netzentgeltsystematik im Kontext von Stromspeichern, insbesondere von Pumpspeichern, uns sonstigen flexiblen Verbrauchern.
„et“-Redaktion/Wieland Kramer