Aufmacher-Schmuckbild Technologie- und Innovationsmanagement

Die ÜNB stehen im Wesentlichen vor folgenden drei Herausforderungen: Management-Commitment, Projektpriorisierung und Governance (Quelle: Adobe Stock)

Die gesamte Energiebranche befindet sich im Wandel: Der Ausbau erneuerbarer Energien steigt mit enormem Tempo, die Elektrifizierung schreitet voran, Wertschöpfungsketten werden zunehmend dezentralisiert und neue Marktteilnehmer gewinnen zunehmend an Bedeutung. Inmitten dieser Veränderungen befinden sich die ÜNB, welche sich nach Jahren der Beständigkeit selbst in einer Transformation befinden. Die Anforderungen an eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung wachsen und nehmen die ÜNB immer mehr in die Pflicht, Flexibilitäten im Netz zu gewährleisten und Prognosen unter hoher Unsicherheit zu stellen.

Die Treiber: Dekarbonisierung, Digitalisierung und Dezentralisierung

Mit dem European Green Deal [1] steht das Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu senken. Bis zum Jahr 2040 sollen hierfür bis zu 81 % des Energiebedarfs von erneuerbaren Energien gedeckt werden [2]. Mit dem Rückgang an fossilen Brennstoffen werden immer mehr Energiequellen elektrifiziert und die Stromerzeugung wird sich weiter dezentralisieren. Dies erfordert, dass Verbraucher aktiver in die Energieversorgung involviert werden und die verschiedenen Marktrollen intensiver und smart miteinander kommunizieren.

Der europäische Verband der Übertragungsnetzbetreiber – ENTSO-E – skizziert in seiner RDI-Roadmap 2020-2030 [3] den Rahmen für die dafür erforderlichen technologischen Entwicklungen im europäischen Stromnetz für die nächsten zehn Jahre. Diese Entwicklungen umfassen zum einen die physischen Anlagen: Neue Komponenten wie verbesserte leistungselektronische Wandler und Supraleitung-Anwendungen werden zukünftig eine wichtige Rolle spielen, aber auch Methoden zur Lebenszyklusbewertung und zur optimalen Netzauslegung nehmen an Bedeutung zu. Die Digitalisierung dieser Assets bietet darüber hinaus Möglichkeiten zur Steigerung der Systemeffizienz und zur Instandhaltung der Anlagen. Instrumente zur Beobachtung der Netzzustände und Echtzeitbewertung sind nur eine kleine Auswahl der potenziellen Einsatzgebiete. Mit dem Einsatz von Digitalisierungslösungen steigt auch der Bedarf an Schutzvorkehrungen gegen Cyber-Angriffe.

Ein weiterer wesentlicher Punkt sind die Flexibilitätsbedarfe: Mit dem enormen Ausbau erneuerbarer Energiequellen wie Photovoltaik und Windenergie unterliegt die Erzeugungsseite mehr und mehr Schwankungen. Um diese zu beherrschen, sind genaue Erzeugungsprognosen und eine entsprechende Informationsverarbeitung gefragt. Dies erfordert eine sichere Echtzeit-Datensammlung und -nutzung. Die Blockchain-Technologie ist ein zentraler Ansatz, um einen sicheren Datenaustausch zwischen Marktrollen zu gewährleisten.

Mit der Dynamik dieser neuen, technischen Anforderungen an das Übertragungsnetz wächst auch der Anspruch an die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der ÜNB. Da die Struktur der Energiebranche in den letzten Jahrzehnten weitestgehend beständig war, fokussierten sich deren Aktivitäten auf die Instandhaltung und den sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes. Der Planungshorizont von ÜNB lag bislang bei mehreren Jahrzehnten. Demnach müssen die ÜNB zunächst lernen, organisatorisch mit dem vergleichsweise kurzfristigen Wandel umzugehen. Eine Analyse von ENTSO-E aus dem Jahr 2020 [4] konnte zeigen, dass der Anteil des für Forschung, Entwicklung und Innovation eingesetzten Personals lediglich bei 0,36 % der Arbeitnehmer liegt.

Nichtsdestotrotz ist in den letzten Jahren zu beobachten, dass in den Unternehmen nach und nach immer mehr Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationseinheiten entstehen, die zum Ziel haben, neue Technologien einzusetzen. Um herauszufinden, welchen Herausforderungen diese Einheiten unterliegen und welche Ansätze sie nutzen, um diese zu überwinden, wurde eine Benchmarking-Studie mit 16 europäischen ÜNB durchgeführt. Hierfür wurden Experten aus den Abteilungen Business Development, Asset Management und Research, Development & Innovation in Interviews befragt und die Aussagen gemäß einer wissenschaftlichen Bewertungsmetrik ausgewertet.

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