Aus Sicht des Umweltrates sollte sich die deutsche wie die internationale Klimapolitik weiterhin an der Einhaltung der 1,5 °C-Grenze orientieren, selbst wenn das hierfür verbleibende CO₂-Budget auch auf globaler Ebene inzwischen sehr klein ist.

Aus Sicht des Umweltrates sollte sich die deutsche wie die internationale Klimapolitik weiterhin an der Einhaltung der 1,5 °C-Grenze orientieren, selbst wenn das hierfür verbleibende CO₂-Budget auch auf globaler Ebene inzwischen sehr klein ist. (Quelle: Pixabay)

Das CO2-Budget umfasst die Menge an CO2-Emissionen, die Deutschland bei einer international gerechten Verteilung des globalen Budgets maximal noch ausstoßen dürfte. Für eine Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 °C ist dieses deutsche CO2-Budget fast oder sogar vollständig aufgebraucht – je nachdem, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Klimagrenze eingehalten werden soll. Es stellt sich die Frage nach dem Umgang damit.

„Das noch verbleibende CO2-Budget schmilzt rapide“, sagt Prof. Wolfgang Lucht. „Die Klimawissenschaft hat stets gewarnt, dass sich das Fenster schließt, in dem Deutschland einen ausreichenden und fairen Beitrag zur Einhaltung der 1,5 °C-Grenze leisten kann, ohne auf spekulative Maßnahmen wie eine künftige Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre oder Budgetzukäufe im Ausland zurückzugreifen. Inzwischen ist unausweichlich, dass wir mehr CO2 ausstoßen als uns zusteht, wenn wir unseren Anteil an der Weltbevölkerung zugrunde legen. Die Überschreitung dieses fairen deutschen Budgets für 1,5 °C muss daher umso mehr Ansporn sein, mit neuer Entschlossenheit an einer schnelleren Reduzierung der Emissionen zu arbeiten. Es wirft aber auch die Frage nach der Verantwortung für Schäden und Verluste aufgrund der Überschreitung auf.“

Konkret hat Deutschland seinen fairen Anteil an einem globalen CO2-Budget, mit dem die 1,5 °C-Grenze mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 % eingehalten werden kann, bereits Anfang 2023 überschritten. Legt man eine Wahrscheinlichkeit von 50 % zugrunde, verbleibt noch ein sehr geringes deutsches Restbudget, das im Verlauf von 2024 aufgebraucht wird. Für eine Temperaturgrenze von 1,75 °C mit 67 % Wahrscheinlichkeit umfasst das maximale CO2-Budget für Deutschland noch 3,9 Gigatonnen CO2. Würden die Emissionen in diesem Fall ab heute linear auf null reduziert, müsste Deutschland spätestens 2037 CO2-neutral sein. Aus Sicht des SRU sollte sich die deutsche wie die internationale Klimapolitik weiterhin an der Einhaltung der 1,5°C-Grenze orientieren, auch wenn das hierfür verbleibende CO2-Budget auch auf globaler Ebene inzwischen sehr klein ist.

Die Berechnungen beruhen auf aktuellen Emissionsdaten sowie verbesserten wissenschaftlichen Analysen zum verbleibenden globalen CO2-Budget, die seit den letzten Veröffentlichungen des Weltklimarates erschienen sind. Sie verwenden ansonsten die gleiche Methodik wie die früheren Veröffentlichungen des Umweltrats zum CO2-Budget (SRU 2020 und 2022).
Download der Veröffentlichung „Wo stehen wir beim CO2-Budget? Eine Aktualisierung unter umweltrat.de

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) berät die Bundesregierung seit über 50 Jahren in Fragen der Umweltpolitik. Die Zusammensetzung des Rates aus sieben Professorinnen und Professoren verschiedener Fachdisziplinen gewährleistet eine wissenschaftlich unabhängige und umfassende Begutachtung, sowohl aus naturwissenschaftlich-technischer als auch aus sozialwissenschaftlicher Perspektive.

„et“-Redaktion

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