Chart, der folgende Risikoeinschätzungen der Energiewende abgibt: Hohe Kosten = 70 %, Landsame Umsetzung = 52 %, Versorgungssicherheit = 41 %, Wirtschaftliche Belastung = 40 %, Politische Hindernisse = 40 %, Keine Risiken = 4 %

Abb. 1: Als größtes Risiko der Energiewende werden in der wattline-Studie [2] mit 70 % die hohen Kosten angegeben. (Bild: wattline)

Seit der Energiepreiskrise 2022 [1] hat sich das Bewusstsein für energiebedingte Geschäftsrisiken drastisch geschärft. Volatile Großhandelspreise, schwankende Netzentgelte und der CO₂-Preis setzen Unternehmen zunehmend unter Druck. Hinzu kommen Netzengpässe, die flexible Produktionsplanung erschweren, sowie regulatorische Unsicherheiten, etwa durch verzögerte Gesetzesvorhaben oder kurzfristige Änderungen bei Förderprogrammen (siehe Abb. 1).

Selbst gut vorbereitete Unternehmen stoßen an ihre Grenzen, wenn kalkulierte Strategien plötzlich von politischen Entscheidungen überholt werden. Die Herausforderungen der Energiewende [2] stellen nicht nur technologische Anforderungen, sondern verlangen auch nach hoher Anpassungsfähigkeit auf Managementebene.

Strategische Energiebeschaffung: Modelle mit Substanz

Der Energieeinkauf ist vielfältiger geworden. Unternehmen können heute aus verschiedenen Beschaffungswegen wählen – je nach Verbrauchsstruktur, Risikobereitschaft und strategischer Zielsetzung. Die folgenden Modelle haben sich in der Praxis bewährt:

Vollversorgung: In diesem klassischen Modell stellt der Lieferant die gesamte benötigte Energiemenge bereit und über-nimmt sämtliche Preis- und Mengenrisiken. Für Unternehmen mit wenig Erfahrung oder begrenzten internen Ressourcen ist das eine bequeme und risikoarme Lösung. Allerdings ist dies meist mit einem Risikoaufschlag im Preis verbunden.

Strukturierte Beschaffung: Hier wird der Energiebedarf in Teilmengen aufgeteilt und zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschafft – je nach Marktpreisniveau. Diese Strategie reduziert das Risiko eines ungünstigen Einkaufszeitpunkts und erlaubt eine flexible Reaktion auf Marktentwicklungen. Voraussetzung ist ein solides Marktwissen oder ein erfahrener Dienstleister.

Spotmarkt-Beschaffung: Strom wird tagesaktuell an der Börse beschafft. Das kann bei sinkenden Preisen von Vorteil sein, erfordert aber eine hohe Risikobereitschaft und ein genaues Monitoring des Marktes. Diese Form der Beschaffung eignet sich nur für Unternehmen mit hoher Markttransparenz und ausgeprägtem Risikomanagement.

Portfoliomanagement: die anspruchsvollste, aber auch flexibelste Form der Energiebeschaffung. Unternehmen kombinieren verschiedene Modelle, sichern Teilmengen langfristig ab und lassen andere flexibel offen. Ziel ist ein maßgeschneidertes Beschaffungsportfolio, das Preisschwankungen abfedert und strategische Planung ermöglicht.

Energie-Einkaufsgemeinschaft: Mehrere Unternehmen bündeln ihre Nachfrage und treten gemeinsam als Großabnehmer auf. Das erhöht die Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten und ermöglicht Zugang zu besseren Konditionen. Dieses Modell eignet sich besonders für kleine und mittlere Unternehmen, die allein keinen Marktzugang auf Großhandelsebene hätten.

Eigenversorgung und Flexibilität: mehr als nur ein Trend

Immer mehr Unternehmen setzen auf Eigenerzeugung, bspw. durch Photovoltaik-Anlagen. In Kombination mit Energiespeichern [3] entstehen nahezu autarke Inseln innerhalb eines volatilen Marktes. Das senkt nicht nur die Abhängigkeit von Netzstrukturen, sondern eröffnet Spielräume im Energieeinkauf.

Besonders attraktiv wird diese Strategie durch die Möglichkeit, überschüssigen Strom zu vermarkten oder netzdienlich zu nutzen. Gleichzeitig verlangen volatile Einspeiseprofile eine präzise Abstimmung mit dem Verbrauch – hier sind digitale Steuerungssysteme gefragt.

Potenziale digitaler Plattformen und Energiemanagementsysteme

Digitale Tools gewinnen rasant an Bedeutung. Sie helfen, Energieflüsse in Echt-zeit zu erfassen, Lastspitzen zu vermeiden und Optimierungspotenziale sichtbar zu machen. Moderne Energiemanagementsysteme (EMS) [4] integrieren neben Verbrauchsdaten auch Wetterprognosen, Preisentwicklungen und Lastverschiebungsszenarien. Dadurch lassen sich Beschaffungsstrategien nicht nur besser planen, sondern auch dynamisch anpassen.

Insbesondere KI-gestützte Systeme entwickeln sich zu einem neuen Standard. Sie bieten Vorhersagen zum Energiebedarf, identifizieren ungenutzte Potenziale und liefern Entscheidungsgrundlagen für operative wie strategische Energieentscheidungen.

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