Vom Treibhausgas zum Hightech-Rohstoff

Im Forschungsprojekt NECOC entsteht eine integrierte Versuchsanlage, mit der ein neuer Prozess zur Reduktion des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre erprobt werden soll. Produziert wird dabei Carbon Black – ein hochwertiger, fester Kohlenstoff (Bildquelle: Moritz Leg)

Die Anlage im Containermaßstab produziert aus dem in der Umgebungsluft enthaltenen CO2 das hochreine Kohlenstoffpulver „Carbon Black“, welches industriell als Rohstoff genutzt werden soll. Forschungspartner sind die Ineratec GmbH, eine Ausgründung aus dem KIT, sowie Climeworks, eine Ausgründung der ETH Zürich. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Forschungsprojekt über drei Jahre mit insgesamt 1,5 Mio. €.

Mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 hat sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, die globale Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Um dieses Ziel noch zu erreichen, sind neben den globalen Anstrengungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen auch Lösungen erforderlich, um bereits emittiertes CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. „Der in unserem Projekt verfolgte Ansatz ist es, CO2 aus der Atmosphäre abzutrennen und in Carbon Black umzuwandeln, einen pulverförmigen, hochreinen Kohlenstoff“, sagt Prof. Thomas Wetzel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT) und Leiter des Karlsruher Flüssigmetalllabors KALLA am Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) des KIT. „Aus einem schädlichen Treibhausgas wird so ein Rohstoff für Hightech-Anwendungen. Carbon Black kann etwa in der Elektronik-, Druck-, oder Bauindustrie eingesetzt werden.“

Versuchsanlage kombiniert mehrere Prozessschritte

Im Forschungsprojekt NECOC, welches sich mit dem Thema Treibhausgas beschäftigt, soll nun eine entsprechende Versuchsanlage entstehen, in der die folgenden Prozessschritte miteinander kombiniert werden: mithilfe eines Adsorbers wird CO2 dabei zunächst aus der Umgebungsluft gefiltert (Direct-Air-Capture-Verfahren, DAC). Anschließend wird es zusammen mit erneuerbarem Wasserstoff in einem mikrostrukturierten Reaktor in Methan und Wasser umgewandelt. Das erzeugte Methan dient als Kohlenstoffträger für den weiteren Prozess und wird in einen mit flüssigem Zinn befüllten Blasenreaktor geleitet. In den aufsteigenden Methanblasen kommt es zur Pyrolysereaktion, bei der Methan in seine Bestandteile zerfällt. Dies sind zum einen Wasserstoff, der direkt in die Methanisierung zurückgeführt wird, sowie fester Kohlenstoff in Form von mikrogranularem Pulver, dem Carbon Black.

Alle Prozessschritte in der Umwandlung vom Treibhausgas CO2 wurden von den beteiligten Forscherinnen und Forschern bereits bis zum Labormaßstab entwickelt und untersucht. „Wir kennen die einzelnen Bausteine gut“, sagt NECOC-Projektkoordinator Dr. Benjamin Dietrich (TVT). „Allerdings wurden sie noch nie im Verbund in einer integrierten Anlage realisiert, das ist eine Weltpremiere. Die geschickte Integration der Prozessbausteine und die richtige Prozessführung werden entscheidend für die Energieeffizienz des Verfahrens und die Qualität des Produkts Carbon Black sein.“ Der entscheidende Vorteil gegenüber den bisher vorgeschlagenen Konzepten zur Reduzierung von atmosphärischem CO2 als Treibhausgas – etwa Carbon-Capture-and-Storage-Methoden (CCS), bei denen die Speicherung von CO2 in tiefen Gesteinsschichten vorgesehen ist – liege dabei vor allem in diesem Endprodukt: „Fester Kohlenstoff ist viel weniger komplex in der Handhabung als CO2 und sogar als Rohstoff nützlich. Bislang wurde Carbon Black im Übrigen hauptsächlich aus fossilem Erdöl hergestellt. Insofern ist das Verfahren in mehrfacher Hinsicht ein technologischer Ansatz für eine nachhaltige Zukunft: Es kombiniert den direkten Beitrag zur Lösung des Klimaproblems mit einem Baustein einer postfossilen Rohstoffversorgung“, so Dietrich.

Die Versuchsanlage wird auf dem Gelände des KIT errichtet. Ziel ist es, den Betrieb über einen längeren Zeitraum zu demonstrieren. In zukünftigen Ausbaustufen wird dann sowohl die Leistungsfähigkeit pro Container gesteigert als auch der parallele Betrieb vieler Anlagen möglich.

et-Redaktion

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