Mit ihrer szenariobasierten Analyse auf der Grundlage von Netzsimulationen stellen die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) wichtige Grundlagen für eine leistungsfähige überregionale Wasserstofftransportinfrastruktur bereit

Mit ihrer szenariobasierten Analyse auf der Grundlage von Netzsimulationen stellen die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) wichtige Grundlagen für eine leistungsfähige überregionale Wasserstofftransportinfrastruktur bereit (Quelle: Adobe Stock)

In einem Pressegespräch erläuterten die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) ihre aktuellen Überlegungen zum Wasserstoffnetz für ein klimaneutrales Deutschland (kurz: H2-Netz 2050). Sie gehen davon aus, dass sie ein solches Netz zu moderaten Investitionskosten volkswirtschaftlich effizient und verlässlich errichten können. Das H2-Netz 2050 haben die FNB aus dem im Januar 2020 veröffentlichten „Visionären Wasserstoffnetz“ weiterentwickelt. In dieses erste Zukunftsbild waren viele Überlegungen eingeflossen, jedoch ohne Netzsimulation für den zukünftigen Wasserstoff-Transportbedarf. Dem jetzt vorgelegten H2-Netz 2050 dagegen liegt eine detaillierte Netzplanung zu Grunde.

Grundlagen des H2-Netzes 2050

Die FNB haben die Szenarienbetrachtungen und Planungen für das zukünftige Wasserstofftransportnetz im Frühjahr 2020 begonnen. Grundlage ist ein gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen 4Management auf der Basis der anerkannten dena Leitstudie I (TM95) entwickeltes Szenario für die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff in Deutschland [1].

Die Netzplanung berücksichtigt die Transportbedarfe von Wasserstoff für einen klimaneutralen Zielzustand im Jahr 2050. Die für ein klimaneutrales Energiesystem benötigten Wasserstoffleitungen ließen sich durch eine Anpassung der entsprechenden Planungszeiträume jedoch auch bereits bis zum Jahr 2045 realisieren.

Mit Unterstützung von 4Management haben die FNB das TM95-Szenario weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund der deutschen Wasserstoffstrategie sowie einer sich abzeichnenden Marktnachfrage wurde eine dynamischere Entwicklung des Wasserstoffmarktes unterstellt. So ist insbesondere ein stärkerer Einsatz von Wasserstoff im Industriesegment (v.a. Stahl und Chemie), ein leicht erhöhter Einsatz von Wasserstoff im Verkehrsbereich und ein moderater Einsatz von Wasserstoff in Kraftwerken – insbesondere in der Kraft-Wärmekopplung – und im Wärmebereich unterstellt worden. Auf der Verteilnetzebene wurde eine Beimischung von Wasserstoff und langfristig auch die Umstellung ganzer Netzbereiche auf eine Versorgung mit reinem Wasserstoff angenommen.

Kenngrößen des H2-Netzes 2050

Das H2-Netz 2050 ist etwa 13.300 km lang, von denen rund 11.000 Leitungskilometer auf umgestellten Gasleitungen basieren. Das betrachtete Szenario geht dabei auch zukünftig weiter von einer Nachfrage nach „grünem“ Methan in einer mit Wasserstoff vergleichbaren Größenordnung aus. Bei einem Szenario mit geringerer Nutzung von Methan (wie z.B. in der erst kürzlich veröffentlichten dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität), ließen sich ggf. noch weitere Potentiale zur Optimierung durch einen höheren Anteil umgestellter Leitungen heben.

Das geplante Wasserstofftransportnetz kann eine Energiemenge von 504 TWh (Heizwert) bereitstellen, bei einer Spitzenabnahme von rund 110 GWh/h Wasserstoff. Aktuellere Studienergebnisse wie z.B. die Folgestudie der dena Leitstudie I (dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität) bestätigen die Größenordnung des angenommenen zukünftigen H2-Bedarfes.

Die Kostenabschätzung für die Wasserstoffinfrastruktur zeigt, dass sich ein leistungsfähiges Wasserstofftransportnetz vergleichsweise kostengünstig realisieren lässt. Danach belaufen sich die Investitionskosten bis zum Jahr 2050 auf etwa 18 Mrd. €. Die Schätzung deckt die Kosten für die notwendigen Investitionen für den überregionalen Transport ab. Nicht berücksichtigt sind z.B. Kosten zur Umstellung von Speicherinfrastruktur, für Offshore-Leitungen oder auch Leitungen für die Anbindung einzelner Erzeugungsanlagen und zu einzelnen Verbrauchern.

Der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur ist die Ergänzung zum ebenfalls notwendigen Ausbau der Strominfrastruktur, dessen Investitionsbedarf allein bis 2035 gemäß NEP Strom auf 72-76,5 Mrd. € [2] geschätzt wird. Eine integrierte Netzplanung kann dazu beitragen, den insgesamt benötigten Netzausbau zu optimieren. Die Wasserstoffinfrastruktur würde die Integration und Speicherung von erneuerbarer Energie über erzeugungsnahe Elektrolyseanlagen ermöglichen und deutlich beschleunigen. Zudem stellen Wasserstoffleitungen ein Vielfaches an Transportkapazität im Vergleich zu HGÜ-Leitungen bereit und können damit effizient einen großen Teil des auch zukünftig benötigten Energieimports nach Deutschland realisieren.

Details der H2-Netzplanung

Das H2-Netz 2050 basiert auf einer strömungsmechanischen Netzsimulation. Dafür haben die FNB konkrete Ein- und Ausspeiseleistungen an allen Ein- und Ausspeisepunkten des zukünftigen Netzes festgelegt und eine Regionalisierung der Leistungen für den Industriebereich auf Basis der existierenden Industriestandorte und den verfügbaren aktuellen Produktionsmengen durchgeführt. Die Verbräuche im Verkehr bzw. im Wärmebereich wurden auf der Basis des vorhandenen Tankstellennetzes sowie der Fahrzeugzulassungen und beim Wärmemarkt im Wesentlichen auf Basis der Bevölkerungszahlen grob regionalisiert.

In den Simulationen wird der zukünftige Wasserstoffbedarf primär über Importe gedeckt. Basis für die Kapazitäten an den Ländergrenzen war die Einschätzung über das Wasserstoff-Erzeugungspotential der verschiedenen Erzeugungsregionen. Basierend auf den Annahmen des dena Leitstudie I TM95 Szenarios wurden ca. 63 GW Elektrolyseleistung im Jahr 2050 in Deutschland eingeplant, die primär im norddeutschen Raum angesiedelt sind.

Für die Auslegung des Netzes berücksichtigten die FNB verschiedene Lastszenarien in Abhängigkeit der Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie und der bestehenden angebundenen Kavernenspeicher.

Ausblick

Neben den Arbeiten im aktuellen Netzentwicklungsplan Gas 2022-2032, in dem die FNB das Wasserstofftransportnetz für das Jahr 2032 bedarfsorientiert auf der Basis einer konkreten Marktabfrage (WEB – Wasserstofferzeugung und Bedarf) modellieren, werden sie die jeweilige szenarienbasierte Modellierung des Wasserstofftransportnetzes für das Zieljahr 2045 bzw. darüber hinaus unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse und Studien weiterentwickeln.

Gleichzeitig stellen die FNB mit ihrer detaillierten szenariobasierten Analyse auf der Grundlage von Netzsimulationen wichtige Grundlagen bereit, um bereits jetzt die politischen Weichen für eine leistungsfähige überregionale Wasserstofftransportinfrastruktur zu stellen und die frühen Möglichkeiten zur Dekarbonisierung durch die Verwendung von Wasserstoff zu realisieren.

Quellen

[1] FNB Gas (2021): Szenariorahmen zum NEP Gas 2022-2032, S.39.
[2] Netzentwicklungsplan Strom 2035, S. 176.

Weitere Information unter fnb-gas.de

„et“-Redaktion

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