Eine grüne Wasserstoffwirtschaft braucht einen klaren und in sich stimmigen Rechtsrahmen.

Eine grüne Wasserstoffwirtschaft braucht einen klaren und in sich stimmigen Rechtsrahmen (Quelle: Adobe Stock).

In den letzten Jahren gab es auf EU-Ebene mehrere Gesetzgebungsverfahren zur Gestaltung des Rechtsrahmens für erneuerbaren Wasserstoff. Besonders interessant ist dabei die Wasserstoff-Delegierte-Verordnung der EU-Kommission vom 10. Februar 2023. Diese enthält Regelungen, nicht nur für erneuerbaren Wasserstoff, sondern auch für andere erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO). Gleichzeitig wurde im Rahmen des Fit for 55-Pakets die Erneuerbare-Energien-Richtlinie novelliert, die am 20. November 2023 in Kraft trat und umfassende Änderungen für erneuerbaren Wasserstoff bringt. 

In der nun veröffentlichten Würzburger Studie zum Umweltenergierecht Nr. 32, „Wie man (k)einen einheitlichen Rahmen für erneuerbaren Wasserstoff schafft“, analysieren Burkhard Hoffmann, Johanna Kamm und Fabian Pause von der Stiftung Umweltenergierecht die jüngsten Gesetzesänderungen der EU im Bereich Wasserstoff. Die Studie bewertet insbesondere die Wasserstoff-Delegierte-Verordnung in Verbindung mit der novellierten EE-Richtlinie und zeigt rechtliche Unklarheiten auf.  

Worum geht es? 

Mit der Wasserstoff-Delegierte-Verordnung sind detaillierte Anforderungen für den zur Produktion von erneuerbarem Wasserstoff genutzten erneuerbaren Strom festgelegt worden. Nur wenn Erzeuger von erneuerbarem Wasserstoff für den Verkehr diese Voraussetzungen einhalten, kann dieser vollständig auf die Klima-Zielvorgabe für den Verkehrssektor angerechnet werden. 

Mit der neuen Fassung der EE-Richtlinie werden die Regeln zur Anrechenbarkeit von zur Wasserstoff-Produktion genutzter Elektrizität auch auf andere Sektoren ausgeweitet. In dem Zuge wird für den Einsatz von erneuerbaren Brennstoffen nicht biogenen Ursprungs eine eigene Zielvorgabe für den Industriesektor geschaffen und die Zielvorgabe für den Verkehrssektor angehoben. Zudem wird festgelegt, dass der Anteil von diesen Kraftstoffen im Verkehrssektor 2030 mindestens ein Prozent betragen muss. Die Bedeutung der Wasserstoff-Delegierte-Verordnung wird damit rechtlich und faktisch aufgewertet. 

Kernergebnisse des Forschungsteams 

„Im Zusammenspiel von EE-Richtlinie und der Wasserstoff-Delegierte-Verordnung konnten wir Inkonsistenzen und Unsicherheiten identifizieren – insbesondere auch mit der ihr zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage“, erläutert Johanna Kamm. „Bei Verwendung delegierter Rechtsetzung müssen die Vor- und Nachteile abgewogen werden. Unter anderem steht der Gewinn an Regelungsflexibilität einer Erhöhung der Regelungskomplexität gegenüber“, so Kamm weiter. Im Ergebnis sieht sie bei der Wasserstoff-Delegierte-Verordnung nur begrenzte Vorteile. 

Ein zentrales Problem sieht das Team der Stiftung Umweltenergierecht in der Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung in der EE-Richtlinie, sowohl in der bisherigen als auch in der novellierten Fassung. „Inhalt und Umfang der Ermächtigungsgrundlage sind nicht eindeutig. Es sprechen einige Argumente dafür, dass einzelne Regelungen in der Verordnung nicht von der Ermächtigung in der EE-Richtlinie gedeckt sind“, sagt Burkhard Hoffmann. Dafür verweist er auf die Vorschriften zur Zusätzlichkeit, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bezug von Strom über eine Direktleitung. Zusätzlichkeit bedeutet hier, dass der Strom aus neu errichteten EE-Anlagen kommen muss. „Dies führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, welche auch mit der Novellierung der EE-Richtlinie bestehen bleiben und den politisch gewollten schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hemmen könnten.“ 

Lehren für die Zukunft

Zudem sieht das Team mit der Novellierung der EE-Richtlinie einen Anpassungsbedarf bei der Wasserstoff-Delegierte-Verordnung in Bezug auf die Reichweite des Anwendungsbereichs. Denn obwohl mit der Novellierung der Anwendungsbereich erweitert wurde, wurde keine entsprechende Überarbeitung der Wasserstoff-Delegierte-Verordnung durch die EU-Kommission angeregt.

„Aus unserer Studie lassen sich viele Regelungsherausforderungen bei der Delegation von Rechtsakten an die EU-Kommission ableiten, die bei der Wahl dieses Rechtsinstruments auch für andere Rechtsbereiche berücksichtigt werden sollten“, sagt Fabian Pause. „Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer klaren und kohärenten Grundlage im Gesetz, um einen in sich stimmigen Rechtsrahmen für erneuerbaren Wasserstoff zu schaffen.“ 

Publikation 

Hoffmann/Kamm/Pause, Wie man (k)einen Rechtsrahmen für erneuerbaren Wasserstoff schafft, Würzburger Studien zum Umweltenergierecht Nr. 32 vom 19.11.2023 

Weitere Informationen unter stiftung-umweltenergierecht.de.

„et“-Redaktion

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