Das Bundeskartellamt nimmt derzeit die Anwendung von Preisgleitklauseln in Fernwärmeverträgen einzelner Versorger unter die Lupe

Das Bundeskartellamt nimmt derzeit die Anwendung von Preisgleitklauseln in Fernwärmeverträgen einzelner Versorger unter die Lupe (Quelle: Louis auf Pixabay).

Der AGFW begrüßt zwar grundsätzlich die Kontrolle von Marktteilnehmern durch das Bundeskartellamt, fordert aber im Detail einen genaueren Blick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, so Dr. Norman Fricke, Bereichsleiter Recht & Europa des AGFW. „Das Bundeskartellamt leitet aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, dass das Marktelement im Verhältnis zum Kostenelement gleichwertig zu berücksichtigen sei, um damit eine preisdämpfende Wirkung für die Verbraucher zu erzielen.“ Den Fernwärmeversorgern werde somit vorgeworfen, das Marktelement nicht ausreichend gewichtet zu haben. „Aus unserer Sicht handelt es sich dabei jedoch um eine Fehlinterpretation von BGH-Entscheidungen durch das Bundeskartellamt.“

Anderweitige Gewichtungen zwischen Kosten- und Marktpreis seien sehr wohl möglich, wenn dies angemessen sei, so Fricke weiter. „Das Marktelement ist ein zweischneidiges Schwert. Es kann eine preisdämpfende Wirkung entfalten, gleichzeitig kann es jedoch auch für eine Erhöhung der Fernwärmepreise sorgen.“ Würden die Versorger das Marktelement wie gefordert stärker gewichten, würden aktuell die Fernwärmepreise steigen, so Fricke. „Wie Beobachter der Energiemärkte wissen, entwickeln sich die Brennstoffpreise nicht nur kurzfristig, sondern können in beide Richtungen schwanken. So steigt etwa der sich träge entwickelnde Wärmepreisindex des Statistischen Bundesamts, ein geeigneter Marktrepräsentant, derzeit an, während die Brennstoffpreisindizes bereits deutlich gefallen sind. Eine stärkere Gewichtung des Marktelements hätte zur Folge, dass der Arbeitspreis höher bleibt als bei einer Untergewichtung.“

Erdgaspreisbindung in Preisänderungsklausel

Das Bundeskartellamt erachtet außerdem den Umstand für problematisch, dass Preisgleitklauseln zur Abbildung der Wärmeerzeugungskosten auf einen Erdgasindex referenzieren, obwohl der Fernwärmeversorger erneuerbare Energien einsetzt. Diese Konstellation ist häufig in solchen Fällen anzutreffen, in denen der Versorger Abwärme – sie ist rechtlich erneuerbaren Energien gleichgestellt – aus Müllverbrennungsanlagen bezieht. Moderne Wärmebezugsverträge knüpfen häufig an die Preisentwicklung für Erdgas an. Folgerichtig ist der Fernwärmeversorger gehalten, diese Erdgaspreisbindung in der Fernwärme-Preisänderungsklausel im Kostenelement aufzunehmen. Er handelt damit nicht missbräuchlich, sondern setzt gesetzliche Vorgaben konsequent um. Bei Abschluss der Wärmebezugsverträge war die exorbitante gaskrisenbedingte Preissteigerung nicht vorhersehbar. Ganz im Gegenteil galt bis vor kurzem die Gaspreisbindung in Abwärmebezugsverträgen unter Energieökonomen als vorzugswürdig. Alternativen zur Ermittlung des Werts der Abwärme hätten zu vergleichbaren Unsicherheiten geführt.

Der AGFW fordert daher, dass das Bundeskartellamt in seiner Argumentation die bestehende Gesetzeslage richtig interpretiere. „Die Fernwärmeversorger in Deutschland unternehmen seit Jahren große Anstrengungen, auch in Krisenzeiten die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig ihre Wärmenetze auszubauen und zu dekarbonisieren“, erklärt Dr. Fricke. Wenn das Bundeskartellamt die Preisentstehung unter die Lupe nehme, dann müsse es die BGH-Entscheidungen richtig interpretieren.

EHP-Redaktion

Ähnliche Beiträge