Arbeitsbedingungen für Muffenmonteure

Expertenrunde zur Qualitätssicherung im Fernwärmeleitungsbau

Diskutieren, inwiefern eine Automatisierung möglich ist (v.l.):Hans-Peter Weber, Jörg Kauschat, Andreas Lederele und Holger Hamers

Neben dem Faktor Zeit sind die gesamten Arbeitsbedingungen ausschlaggebend. „Die Qualität der Arbeitsstelle ist wichtig“, sagte Michael Stolze, Brugg Rohrsysteme GmbH. „Die Kollegen müssen in den Gräben gute Bedingungen vorfinden, um ihre Arbeit richtig machen zu können, und beispielsweise nicht bis zur Hüfte in Wasser stehen.“ So muss u. a. ausreichend Platz zur Verfügung stehen. 

„Die Kommunikation auf der Baustelle muss funktionieren“, merkte Hamers an. Grundsätzlich ist es ratsam, alle Baubeteiligten vorher an einen Tisch zu holen, damit sie sich austauschen und die Baustellenplanung durchgehen können. So kann beispielsweise auch vermieden werden, dass zwar die Zeit für den Schweißer eingeplant ist, aber die Muffenmontage vernachlässigt wurde. 

Die Monteure sollten ermutigt werden, auf Missstände bei den Arbeitsbedingungen hinzuweisen. „Allerdings ist es oft so, dass wenn wir als Montageunternehmen die Hinweise weiterleiten und auf Abhilfe bestehen, wir oft im Gegenzug eine Baubehinderungsanzeige erhalten“, wusste Haushahn aus der Praxis zu berichten. 

Für Richter ist das eine Frage der Fehlerkultur. Unzureichende Arbeitsbedingungen seien ganz klar nicht die Schuld des Monteurs. Lederle war der Ansicht, dass alles im Vorfeld besprochen und festgelegt werden könne: Wenn alles vertraglich genau definiert sei, z. B. Breite des Grabens oder dass unter 5 °C nicht gearbeitet werden kann, dann dürfte es keine Probleme geben. Die Realität sähe aber anders aus, meinten Kauschat und Haushahn. „Wenn wir Monteure haben, die unter widrigen Umständen weiterarbeiten, gehen wir das größte Risiko ein. Deswegen haben wir auch ein Interesse daran, die Verhältnisse zu ändern und sitzen hier am Tisch“, so Haushahn.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Fernwärmeversorger mit den Baustellen im Fokus der Öffentlichkeit stehen: Straßensperrungen, Umleitungen, nicht nutzbare Gehwege, Baulärm usw. werden von den Bürgern als störend empfunden. 

Automatisierung beim Fernwärmeleitungsbau?

Könnte Automatisierung helfen, die Qualität beim Fernwärmeleitungsbau zu sichern? Diesen Aspekt brachte Lederle in die Disksussion ein: „Wie können wir den Prozess der Montage einer Muffe auf der Baustelle so weit automatisieren, dass menschliche Fehler weitestgehend ausgeschlossen sind?“ Für die Herstellung der Verbindungen der Stahlmediumrohre wäre es sicherlich möglich, das Orbitalschweißverfahren einzusetzen, sagte Besier. Dies sei aber im Baustellenbereich bisher noch nicht üblich. Auch dazu müssten die Arbeitsbedingungen stimmen. Ein AGFW-Projektkreis arbeitet derzeit zudem an der Festlegung von Anforderungen und Prüfungen für metallisch dichtende Pressverbindungen für kleine Nennweiten. Damit könnten die handwerklichen Anforderungen an die Herstellung von Rohrverbindungen reduziert werden, denn gute Stahlschweißer seien ebenfalls schwer zu finden. „Bei den Muffen ist die Automatisierung allerdings noch eine Herausforderung“, so Besier. 

„Das Orbitalschweißverfahren ist eine gute Lösung“, stimmte Kauschat zu. „Dazu müssen jedoch die Umgebungsbedingungen stimmen.“ Platz werde benötigt, aber der Auftraggeber kämpfe um jeden Zentimeter Rohrgrabenbreite. „Und der Schweißer muss noch weiter qualifiziert werden als jetzt schon“, merkte Stolze an. 

„Die Wertigkeit einer Muffe liegt ja nicht nur an dem Schweißen und dem wärmeschrumpfenden Verfahren der Muffe, sondern oftmals auch am Schaum, der eingebracht wird“, warf Weber ein. Automatisiertes Schäumen wäre wiederum mit Kosten, Platz usw. verbunden. Mit einer Schaummaschine hat Schöller bereits in den 1980er-Jahren gearbeitet und schlechte Erfahrungen gemacht. „Ich glaube nicht, dass wir aus dem Bereich der Manufaktur angesichts der Besonderheiten an jeder Straßenecke, jedem Kanal oder Schachtdeckel herauskommen.“

„Wie viele Sonderfälle haben wir in der Fernwärme wirklich?“, fragte Lederle. Seiner Ansicht nach müsse die Branche dahin kommen, 80 % der Schweißnähte oder Muffen standardisiert abwickeln zu können und nur noch bei 20 % Hand anlegen zu müssen. „Wir müssen uns einfach auf eine neue Welt einlassen“, so Lederle. 

Für Muffen, die geschrumpft werden, ist eine Automatisierung bisher nicht möglich. Bei den Schweißmuffen werden in der Regel Schweißautomaten eingesetzt. Das kann gut dokumentiert werden. Auch die Lage der Muffe in System lässt sich gut verzeichnen, so dass diese schnell gefunden werden kann, wenn im System etwas nicht funktioniert. „Es gibt aber Stellen, an denen der Betreiber oder auch wir an die Muffe heranwollen, an denen das aber unmöglich ist“, sagt Haushahn. Oft liegen widrige Umstände vor: Die Fernwärmeleitungen sind z. B. von Gas- und Wasserleitungen oder Telefonkabeln überlagert. „Das zeigt, in welchem komplexen Zusammenhang das alles zu sehen ist“, so Haushahn.  

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