Bohrpfähle als Vorbild

Bild 3. Mit den patentierten Dämmbohrpfählen werden deutlich tiefere Wärme­- speicher möglich, da sich diese so gegen das Grundwasser isolieren lassen

Bild 3. Mit den patentierten Dämmbohrpfählen werden deutlich tiefere Wärme­-
speicher möglich, da sich diese so gegen das Grundwasser isolieren lassen (Bildquelle: AEE Intec)

Projektsteckbrief zum Projekt giga_TES

Projektsteckbrief zum Projekt giga_TES (Quelle: AEE Intec)

Die Projektpartner haben eine spezielle Wandkonstruktion aus Dämmbohrpfählen entwickelt und patentieren lassen (Bild 3). Die Bohrpfähle werden im Inneren mit Schaumglasschotter gefüllt und überlappen sich jeweils ein Stück, so dass eine durchgängige Wand entsteht. Vorbild waren dabei klassische Bohrpfähle, eine etablierte Technik im Spezialtiefbau.

Speicheroberflächen nutzen – See, Park oder Solaranlage?

Eine besondere Herausforderung ist auch die Abdeckung des Speichers. Sie muss mindestens ihr eigenes Gewicht tragen und über Jahrzehnte hohen Temperaturen von unten und der Witterung und UV-Licht von oben Stand halten. Sie muss auch flexibel sein, denn die Erwärmung und Abkühlung sorgt dafür, dass der Wasserspiegel je nach Speichergeometrie um 1 bis 2 m variiert.

Zudem ist es in einer urbanen Umgebung kaum vorstellbar, die Oberfläche ungenutzt zu lassen. Die Projektpartner haben daher zwei verschiedene Deckelkonstruktionen entwickelt und patentieren lassen. Das „Floating Cover 2.0“ schwimmt auf der Wasseroberfläche. Auf der Abdeckung könnten ein Park, Gewächshäuser oder Solaranlagen entstehen. Beim „Submerged Cover“ liegt die Abdeckung einige Meter tief unter der Wasseroberfläche. Der Raum über dem Speicher wird zu einem künstlichen See. Dieser hält UV-Licht, Hagel und Temperaturextreme von der Speicherdecke fern. Der See ist als Freizeitgewässer nutzbar – zum Rudern, für Schwimmstege oder auch schwimmende Solaranlagen.

Auch für die innere Abdichtung des Speichers, den Liner, haben die Projektpartner neue Materialien entwickelt. Dabei ging es vor allem um die Haltbarkeit über mehrere Jahrzehnte bei hohen und wechselnden Temperaturen. Die Partner entwickelten dafür ein Polypropylen-Material mit einem speziellen Stabilisator. In beschleunigten Alterungsversuchen kamen sie zu dem Schluss, dass der neue Liner etwa doppelt so lange hält wie das bisher verwendete Polyethylen-Material. In Zahlen sind das gut 30 Jahre im oben beschriebenen Hochtemperaturszenario. Bei Betriebstemperaturen zwischen 35 und 80 °C könnte das neue Linermaterial sogar deutlich über 50 Jahre halten.

Grundlagenarbeit am Modell

Angesichts der Größe, Bauzeit und Kosten der Wärmespeicher kann die Entwicklung unmöglich am Original stattfinden. Deshalb arbeiten die Projektpartner mit detaillierten numerischen Modellen, um beispielsweise die ideale Bauform und Dämmstärke abzuleiten. Um das energetische Verhalten des Speichers zu modellieren und zu bewerten, z. B. seine Leistung oder die Wärmeabgabe ans Grundwasser, nutzten sie das Simulationstool Comsol Multiphysics.

Zudem entwickelten die Projektpartner ein eigenes Kostentool zur Wirtschaftlichkeitsberechnung. Anhand einer Schätzung der Investition sowie mit Parametern wie Effizienz und Zyklenzahl berechneten sie die spezifischen Speicherkosten (Levelised Cost of Storage, LCOS).

Niedrige Temperaturen führen zu niedrigen Kosten

An den spezifischen Speicherkosten zeigt sich, dass eine niedrige Systemtemperatur gleich mehrere Vorteile bietet. Eine geringere Speichertemperatur bedeutet weniger Wärmeverluste und eine geringere Erwärmung des Grundwassers. So kann die Isolierung dünner ausfallen.

Wichtig sind auch die Kosten für Liner und Abdeckung. Bei niedrigen Temperaturen lässt sich die gewünschte Lebensdauer mit recht günstigen Materialien erreichen. Bei sehr hohen Temperaturen wird ein Stahlliner benötigt. Zwischen den Bauformen gleichen sich dagegen verschiedene Effekte teilweise aus: Bei flachen Speichern ist die großflächige Abdeckung der größte Kostenfaktor, bei den tiefen Bauformen sind es die Schlitzwände.

In Zahlen heißt das für die simulierten Prototypen: Im Hochtemperatursystem kostet die Speicherung etwa 84 bis 92 €/MWh. In der Niedrigtemperaturversion sind es nur knapp 50 bis 55 €/MWh. Bei zukünftigen Projekten auf dem Weg zu einem breiten Roll-Out gibt es bei den Materialien, der Konstruktion und der Implementierung noch erhebliches Potenzial für die Kostensenkung.

Skalierbarer Pilotspeicher als nächster Schritt

Das Projekt giga_TES hat viele grundlegende Erkenntnisse und drei patentierte Konstruktionslösungen gebracht. Im nächsten Schritt müssen sich die Entwicklungen an der Praxis messen: Wie leicht lassen sich die Dämmbohrpfähle installieren – und ist ihre Wirkung so, wie erhofft? Schwimmt die Abdeckung so stabil, wie sie soll? Ein Speicher in voller Größe würde allerdings einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Deshalb soll es zunächst noch einen kleineren Pilotspeicher in der Größenordnung von etwa 10 000 m3  geben. Gespräche mit möglichen Partnern und die Standortsuche laufen gerade.
 

Wim van Helden, Bereichsleiter Techno­logieentwicklung, AEE Intec, Gleisdorf/Österreich, w.vanhelden@aee.at, www.aee-intec.at, www.gigates.at

4 / 4

Ähnliche Beiträge