Wiederholungsmessungen zustandsorientiert planen

Bild 4. Ergebnisdarstellung in Statex für ein wenig gealtertes VPE-/PE-Kabel von 1980 mit rund 600 m Länge; Messung 2017. Darstellung statistische Restlebensdauer Stand 2019 und aktuell (2021)

Bild 4. Ergebnisdarstellung in Statex für ein wenig gealtertes VPE-/PE-Kabel von 1980 mit rund 600 m Länge; Messung 2017. Darstellung statistische Restlebensdauer Stand 2019 und aktuell (2021) (Quelle: Baur)

Abhängig von der Alterungsgeschwindigkeit (und der errechneten Zeit bis zum Erreichen des CP) erfolgen die ­Empfehlungen für den Zeitpunkt der Wiederholungsmessung. Für schnell alternde Kabel wird somit ein früherer Zeitpunkt für die Wiederholungsmessung vorgeschlagen als für diejenigen Kabel, bei denen der Alterungsprozess langsam voranschreitet. Diese Empfehlungen für Wiederholungsmessungen bieten die Möglichkeit, von den früher angewendeten, starren Zeitintervallen (vier Jahre für sehr wichtige, acht Jahre für wichtige Kabelstrecken) abzurücken und im Idealfall die Messintervalle zu strecken.

Um zu prüfen, inwiefern die Netze Magdeburg durch den Einsatz von Statex Zeit und Kosten sparen kann, wurde die Software Anfang 2020 installiert. Im ersten Schritt spielten die Anwender die Werte von 500 bereits vorhandenen tan-δ-Messungen ein und werteten diese aus. Die entsprechenden Messungen fanden an VPE-, PE und Misch-Kabelstrecken statt.

Güte der Restlebensdauerberechnung bestätigt

Da die Netze Magdeburg bereits eine Software einsetzte, die anhand von tan-δ-Messungen den Zustand ermitteln kann und sich als zuverlässig erwies, bot sich hier ein Vergleich mit den Ergebnissen von Statex an. Hierfür ergab sich eine gute Übereinstimmung, sodass Anwender, die eine Methode zur Restlebensdauerberechnung suchen, in ­Statex eine gute Lösung finden. Es hat sich sogar herausgestellt, dass die Alterung sensitiver errechnet wird als mit der bereits vorhandenen Softwarelösung.

Für die Netze Magdeburg bietet Statex erstmals eine Möglichkeit, außer der Restlebensdauer die Empfehlungen für Folgemessungen des tan d zu berechnen. Für die 500 Messreihen des Testlaufs ergab sich im Durchschnitt ein Zeitraum von 6,4 Jahren bis zur Messung statt bisher – nach festen Intervallen – alle sechs Jahre. Die statistische Restlebensdauer der gemessenen Kabelstrecken beträgt 16,2 Jahre.

Mit gleichem Aufwand 17 % mehr Kabel messen

Aufgrund der längeren Zeit bis zu einer Wiederholungsmessung können jährlich bereits rund 7 % mehr Kabelstrecken der tan-δ-Messung unterzogen werden. Zudem wird nun auf die tan-d-Messung an Kabeln verzichtet, die den DSP noch nicht überschritten haben. Dadurch werden weitere Kapazitäten für Messungen an anderen Kabeln frei, sodass in Summe jedes Jahr 17 % mehr Kabel getestet werden können. Mit anderen Worten: Der Alterungszustand wird für 17 % mehr Kabel transparent, was eine bessere Planung von Ersatzmaßnahmen oder Reparaturen ermöglicht und somit Kostenvorteile eröffnet. Zudem rechnet das Netz-Team der Netze Magdeburg damit, dass sich durch die zusätzliche Transparenz Netzstörungen vermeiden lassen.

Zusatznutzen der Software rechnet sich

Setzt man diese Kostenvorteile und die Lizenzkosten der Software Statex plus den Aufwand für ihre Einführung und Bedienung in Relation, ergibt sich ein eindeutiger wirtschaftlicher Nutzen. Nach rund 2,1 Jahren haben die Einsparungen bei der Netzinstandhaltung die Ausgaben kompensiert. Die Netze Magdeburg hat Statex daher in ihre Softwarelandschaft integriert und wird künftige Messungen des tan d stets mit dieser Software auswerten. Allerdings löst Statex hier die anderen Software-Tools nicht ab, da diese zur Auswertung anderer Diagnosedaten, zum Beispiel von Teilentladungsmessungen, weiterhin nützlich sind.

Für all diejenigen, die bislang zwar Verlustfaktormessungen durchführen, aber noch keine Restlebensdauer für ihre Mittelspannungskabel errechnen, sind die wirtschaftlichen Vorteile bei Einsatz von Statex noch größer als bei der Netze Magdeburg. Diese Anwender profitieren von der wahrscheinlich um Jahre längeren Nutzung vorhandener Assets, ohne dabei die Netzverfügbarkeit zu gefährden.

Dr. Sven Hunold, Bereich Netzbetrieb, Netze Magdeburg GmbH, Magdeburg, sven.hunold@netze-magdeburg.de

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