Enge Zusammenarbeit im agilen Team

 Einsatz des Automatisierungstools vTF im ART-Center

Bild 1. Einsatz des Automatisierungstools vTF im ART-Center (Quelle: Quelle: R. Tiesarzik/Viadee AG)

Die Komplexität der energiewirtschaftlichen Anwendungslandschaft erfordert den Einsatz eines Automatisierungstools, das alle erforderlichen Tests anwendungsübergreifend sowie prozessorientiert durchführen kann. Die Einführung des Tools – Viadee Testframework – erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern des ART-Centers und der Viadee Unternehmensberatung AG als Anbieter der Automatisierungssoftware in einem agilen Scrum-Team.

Für die initiale Erstellung von automatisierten Testfällen ist ein gewisses technisches Wissen erforderlich. Ein strategischer Grundpfeiler des Projekts lag daher von Beginn an im Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses. Die Testanalysten müssen das Prinzip und die Wirkweise des Tools verstehen und die resultierenden Ergebnisse analysieren sowie interpretieren können. Sie müssen Vertrauen in den automatisierten Ablauf aufbauen. Die Verantwortung, dass das erwartete Ergebnis des Tests positiv ist, bleibt auch nach der Automatisierung bei ihnen, weshalb automatisierte Skripte bezüglich fachlicher Korrektheit abgenommen werden müssen. Gleichzeitig erlangen die Testentwickler Einsichten in die Fachlichkeit.

Erfolgsgaranten sind in einem solchen Projekt folgende Aspekte:

  • wertschätzende Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern auf Augenhöhe
  • Transparenz und offene Kommunikation, auch in herausfordernden Situationen
  • gemeinsame Planung der Aktivitäten
  • Investition in Schulungen.

Nach zwei erfolgreichen Jahren im ART-Center erfolgte im Rahmen der Fusion von Eon und Innogy eine erneute Evaluierung des Tools. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Perspektiven hat es sich wiederum als sehr gut nutzbar für diejenigen Anwendungsfälle gezeigt, die bestehen bleiben oder neu hinzukommen. Bei Detailfragen und Sonderfällen gibt es für alle Beteiligten bei Eon Energie Deutschland stets die Möglichkeit, dienstleistende Unterstützung von den Beratern der Viadee AG zu erhalten. So stehen sowohl die Benutzer und Entwickler des Automatisierungstools vTF als auch die Abteilungsleiter beider Häuser, René Tiesarzik, Felix Gerdwilker und Bernd Rinklake, in engem Austausch miteinander. Die intensive Zusammenarbeit zeigt nachhaltige Wirkung.

Höhere Testabdeckung und verbesserte Betriebsstabilität

Der Mehrwert der Automatisierung entsteht durch die regelmäßige Ausführung der Tests und der Sichtung der Ergebnisse. Die Testabdeckung beschreibt das Verhältnis von theoretisch denkbaren Testfällen zu Testfällen, die manuell oder automatisiert durchgeführt werden. Je höher die Testfallabdeckung, desto wahrscheinlicher ist es, dass Fehler entdeckt und korrigiert werden. Testautomatisierung leistet durch effizienten Ressourceneinsatz einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Testfallabdeckung. Denn in einem heterogenen Umfeld gibt es stets Testfälle, die nicht automatisiert werden können – beispielsweise aufgrund ihrer Komplexität. Nichtsdestotrotz müssen diese Testfälle durchgeführt und deren Ergebnisse ausgewertet werden.

Für diese anspruchsvollen Aufgaben bleibt wenig Zeit, wenn die Tester mit wiederkehrenden Routineaufgaben beschäftigt sind. Ihre Kapazitäten werden durch Testautomatisierung wieder frei. Der Test nicht-funktionaler ­Anforderungen und die Durchführung von risikobasierten Testfällen, die zuvor nicht abgedeckt werden konnten, erhöhen die Stabilität der Systeme. Kurzum: Im Vergleich zum ausschließlich manuellen Testen erhöht sich die Testfallabdeckung mit steigendem Automatisierungsgrad bei gleichem Ressourceneinsatz.

Die Vorteile der Testautomatisierung sind:

  • erhöhte Sicherheit bei Modifikationen
  • lückenlose Auswertung der Testergebnisse zum Beispiel Performance der Systeme, Revisionssicherheit
  • Optimierung des Testfallkatalogs aufgrund von erkannten Fehlern
  • Reduktion des Testaufwands
  • verbesserte, erweiterte Automatisierung bestehender Testfälle.

Beispielhaft lässt sich dies an der ehemaligen Legacy-Anwendungslandschaft der Innogy verdeutlichen. Von damals 1 500 identifizierten Testfällen waren rund zwei Drittel für die Automatisierung geeignet. Die Mitarbeiter hatten mehr als 800 dieser Regressionstestfälle automatisiert. Aktuell liegt der Automatisierungsgrad bei 59,1 von möglichen 72 %. Die freien Ressourcen werden zur Durchführung der verbleibenden manuellen Tests verwendet. Die Testabdeckung erreicht dadurch 98 % und eine gleichzeitig nachgewiesene Qualität der Betriebsstabilität von 95 %.

Die Gleichung der Testautomatisierung lautet also: weniger Defects = hohe Qualität = weniger Incidents = stabiler Betrieb. Ein starkes Argument dafür, den Einsatz von Testautomatisierung weiterzuführen und bei der Eon ­Energie Deutschland kontinuierlich auszubauen.

Synergieeffekte und Continuous Delivery

Die Erfahrungen der Testanalysten mit dem Automatisierungswerkzeug fließen in dessen Weiterentwicklung ein. Durch kurze Release-Zyklen sind angeforderte Funktionalitäten schnell einsatzbereit. Durch eine flexible Architektur werden mit dem vTF End-to-End-Tests entlang von Geschäftsprozessen in einer heterogenen Anwendungslandschaft umgesetzt. »Das vTF ist damit in der Lage, mit uns zu lernen und bleibt so immer im Standard. Mehraufwände aus neuen Projekten, neuen Anwendungen oder gesetzlichen Anforderungen können mit der Testautomatisierung aufgefangen werden«, so René Tiesarzik, Head of Testcoordination bei Eon Energie Deutschland. Der Senior Expert Systemmanager und Mitbegründer des ART-Centers betont: »Die Testautomatisierung liefert den Weg zu völlig neuen Arbeitsweisen und ist der fehlende Dominostein zum Continuous Delivery: Wir schaffen eine Testumgebung, in der jede Software-Version jederzeit in der gewünschten Qualität in die Produktion überführt werden kann.«

Die Potenziale von Continuous Delivery, das heißt von automatisierten und damit effizienteren wie stabileren Integrations- und Auslieferungsprozessen in der Softwareentwicklung, für Eon Energie Deutschland offenbaren sich vor allem vor dem Hintergrund der ­Innogy-Integration im Jahr 2020 sowie der Fortführung im Rahmen der Digital ­Sales Platform. So ist auch René Tiesarzik überzeugt, dass es die neue Eon nach vorne bringt, wenn die gesammelten Erfahrungen kombiniert werden und alle Beteiligten in die gleiche Richtung gehen: »Let’s do great things – together!«

Autoren

René Tiesarzik, Head of Testcoordination/ART-Center, Eon Energie Deutschland GmbH, Essen

Bernd Rinklake MScIS, Leiter Qualitätssicherung, Testautomatisierung und RPA, Viadee Unternehmensberatung AG, Münster

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