Das FLAIR-Konzept zur lokalen Integration erneuerbarer Energien haben LVN und die Projektpartner bereits 2018 bei fünf Haushalten getestet. Nun wird das Projekt in deutlich größerem Maßstab fortgeführt.

Das FLAIR-Konzept zur lokalen Integration erneuerbarer Energien haben LVN und die Projektpartner bereits 2018 bei fünf Haushalten getestet. Nun wird das Projekt in deutlich größerem Maßstab fortgeführt. (Quelle: Jonas Zieger/LVN)

Herzstück von FLAIR (flexible Anlagen intelligent regeln) sind weitgehend autonom arbeitende Steuerboxen in Privathaushalten. Sie können dort angeschlossene steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Ladeboxen oder Wärmepumpen steuern. Indikator dabei ist vor allem die Spannung vor Ort im Niederspannungsnetz. Die Spannung steigt, wenn Strom aus dezentralen Erzeugungsanlagen, in der Regel Photovoltaikanlagen, in entsprechenden Leitungsabschnitt des Ortsnetzes eingespeist wird. Dann versuchen die FLAIR-Steuerboxen den Energieverbrauch vor Ort zu erhöhen, indem die Wärmepumpe angeschaltet oder das Elektroauto geladen wird. So wird mehr Energie direkt vor Ort genutzt und muss nicht mehr über die Netze abtransportiert werden. Die dezentrale Steuerung beruht auf den lokalen Netzzustandsdaten sowie der in der Steuerbox vorliegenden Informationen zu der Art der steuerbaren Verbrauchseinrichtung und den Vertragsbedingungen.

Der Algorithmus der Steuerboxen ist so konzipiert, dass er die vertraglich vereinbarte Freigabezeit und Mindestladezeiten von Verbrauchseinrichtungen einhält. Ein separater Stromzähler soll für diese Flexibilität künftig nicht mehr nötig sein. Das kundeneigene Energiemanagement im Haushalt soll auf die Steuersignale des Netzes reagieren. Der Nutzer kann mithilfe der Heimautomatisierung selbst entscheiden, welche Verbrauchseinrichtung ihm gerade besonders wichtig ist.

Feldversuche bei rund 120 Haushalten im städtischen und ländlichen Umfeld

Das FLAIR-Konzept haben LVN und die Projektpartner bereits 2018 bei fünf Haushalten getestet. Nun führen LVN, Stromnetz Berlin, die Hochschule München und der Mobilfunknetzbetreiber e-Message das Projekt in deutlich größerem Maßstab fort. Die eigens entwickelten FLAIR-Steuerboxen sollen ab Winter 2021 in insgesamt rund 120 Haushalten installiert werden – jeweils 60 im ländlich strukturierten Netzgebiet von LEW Verteilnetz in Bayerisch-Schwaben sowie bei 60 Haushalten im Berliner Stromnetz.

Das ländlich geprägte Netz der LVN und das städtische Netz der SNB bilden hierbei unterschiedliche Netztypen ab. Die dezentrale Einspeisung und unterschiedlich große Lasten in den beiden Netzen führen dazu, dass sich sehr unterschiedliche Anwendungsszenarien für das Forschungsvorhaben ergeben. Der Feldtest ist auf mindestens ein Jahr angelegt, das Gesamtprojekt läuft bis 2023. Finanziert wird das Projekt vor allem durch LVN und SNB.

Lokale Nutzung von Energieressourcen

Eine hohe Effizienz und optimierte Auslastung bestehender Strukturen sind wesentliche Ziele eines intelligenten Stromnetzes. Ein besserer Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch vor Ort entlastet das Verteilnetz insgesamt, da weniger Energie über weite Strecken transportiert wird. Ein vielversprechender Ansatz, auf dem sich FLAIR begründet, setzt darauf, den Leistungsbezug zeitlich flexibler Verbraucher im Verteilnetz, sogenannter steuerbarer Lasten, in die Zeiten des Energieüberschusses zu verlegen. Die weitestgehend autarke Steuerbox kann so Fahrpläne generieren, die den individuellen Gegebenheiten und dem lokalen Netzzustand besser angepasst sind als zentral erstellte Fahrpläne. So sollen Engpässe vermieden, Leistungsspitzen abgemindert und damit das System robuster werden. Der Ansatz dezentraler, im Normalfall autark arbeitender Steuereinheiten reduziert die Notwendigkeit eines Datenaustauschs mit zentralen Einheiten auf ein Minimum. Die Möglichkeit der überregionalen Steuerung über die Netzleitstelle bleibt erhalten.

ew-Redaktion

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