Kraftwerk Lippendorf bei Leipzig

Kraftwerk Lippendorf bei Leipzig (Quelle: Leag/Kathrin Rößler)

Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt (UBA) hat in ihrem aktuellen Bericht die Treibhausgasemissionen der emissionshandelspflichtigen stationären Anlagen und im Luftverkehr für Deutschland im Jahr 2020 veröffentlicht. Das Ergebnis: Im Jahr 2020 emittierten die 1.817 im europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) erfassten stationären Anlagen in Deutschland rund 320 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO2-Äq). Dies entspricht einem Rückgang um 12 Prozent gegenüber 2019 und einem Rückgang um 33 Prozent gegenüber 2013, dem ersten Jahr der dritten Handelsperiode. Der Rückgang der Emissionen geht maßgeblich auf Minderungen in der Energiewirtschaft zurück. Aufgrund der konjunkturellen Lage durch die Covid-19-Pandemie gingen auch die Emissionen der energieintensiven Industrie das zweite Mal im Verlauf der dritten Handelsperiode zurück.

Jürgen Landgrebe, Leiter des Fachbereichs V Klimaschutz, Energie, Deutsche Emissionshandelsstelle: „Mit dem Ende der dritten Handelsperiode des Emissionshandels in 2020 haben wir in den einbezogenen Sektoren auf europäischer Ebene eine Minderung von rund 43 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2005 erreicht. Das aktuelle Emissionsniveau entspricht bereits der geltenden Zielvorgabe für 2030. Dies unterstreicht den großen Spielraum für eine Ambitionssteigerung im EU-ETS. Wir müssen jetzt entschieden handeln und die Emissionsobergrenzen im EU-ETS für den Zeitraum bis 2030 schnell und deutlich absenken. Dann kann und wird der Emissionshandel zum zentralen Eckpfeiler der europäischen Klimapolitik in dieser für den Klimaschutz entscheidenden Dekade.“

Ergebnisse im Detail

Energie

Im Jahr 2020 gingen die Emissionen der deutschen Energieanlagen im Vergleich zum Vorjahr um etwa 15 Prozent auf 207 Millionen Tonnen Kohlendioxid zurück. Damit beschleunigte sich der relativ starke Rückgang der Emissionen in der Energiewirtschaft aus dem Vorjahr weiter. Maßgeblich für den Rückgang waren die in 2020 abnehmenden Stein- und Braunkohleemissionen. Die Anteile von Braunkohle und Erdgas an der Bruttostromerzeugung Deutschlands lagen gemäß Daten der AG Energiebilanzen 2020 erstmals gleichauf bei 16 Prozent, während Steinkohle nur noch einen Anteil von etwa 7 Prozent hatte.

Industrie

Die Emissionen der energieintensiven Industrie in Deutschland fielen gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent auf 114 Millionen Tonnen CO2-Äq. Damit sanken die Emissionen seit Beginn der dritten Handelsperiode zum zweiten Mal in Folge deutlich. Die größten Rückgänge erfolgten in der Eisen- und Stahlindustrie mit minus 12 Prozent, gefolgt von Industrie- und Baukalk mit minus 7 Prozent. In den übrigen Branchen (Papier- und Zellstoffindustrie, Nichteisenmetallindustrie, Raffinerien) lagen die Rückgänge bei minus 2 bis minus 3 Prozent. Die Emissionsrückgänge korrespondieren in den genannten Branchen vor allem mit den rückläufigen Produktionsmengen gegenüber den Vorjahren. Die Emissionen der Anlagen zur Zementklinkerherstellung blieben hingegen wie auch in 2019 in etwa unverändert. Dies gilt auch für die Emissionen der chemischen Industrie.

Luftverkehr

Die Emissionen der von Deutschland verwalteten Luftfahrzeugbetreiber betrugen in 2020 etwa 4 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Dies entspricht einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 58 Prozent. Zurückzuführen ist das auf den starken Rückgang von Flügen infolge der Covid-19-Pandemie.

Deutschland und Europa

Die Emissionen aller am EU-ETS teilnehmenden Anlagen (in den 27 EU Mitgliedstaaten und Großbritannien, Island, Liechtenstein, Norwegen) sanken 2020 in ähnlichem Maße wie in Deutschland: Nach Angaben der Europäischen Kommission gingen die Emissionen in 2020 um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück und beliefen sich auf rund 1,33 Milliarden Tonnen CO2-Äq. Ursächlich für diese Entwicklung war wie in Deutschland vor allem ein Rückgang der Emissionen bei der Stromerzeugung (EU-weiter Rückgang um rund 15 Prozent), wenngleich auch Emissionen der Industrieanlagen pandemiebedingt um 7 Prozent zurückgingen. Gegenüber 2005 sind die EU-ETS-Emissionen europaweit um rund 43 Prozent und damit noch stärker zurückgegangen als in Deutschland mit etwa 38 Prozent. Das Europäische Klimaziel für die vom EU-ETS umfassten Bereiche, minus 21 Prozent im Jahr 2020 gegenüber 2005, wird damit deutlich übererfüllt. Das aktuelle Emissionsniveau entspricht bereits der aktuell gelte nden Zielvorgabe für 2030, was den großen Spielraum für eine Ambitionssteigerung im EU-ETS deutlich unterstreicht. 

Emissionshandel und Gesamtemissionen: Der relative Rückgang der Emissionen im Emissionshandelssektor fällt stärker aus als der Rückgang der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Die Vorjahresschätzung des UBA vom März weist einen Rückgang von rund 70 Millionen Tonnen CO2-Äq bzw. 8,7 Prozent aus. Mit den aktuellen Angaben der DEHSt ist eine vorläufige Berechnung der deutschen Emissionen außerhalb des EU-ETS für 2020 möglich. Demnach haben die deutschen Emissionen innerhalb des Europäischen Lastenteilungsverfahrens die zugewiesenen Emissionsrechte in 2020 um rund 7,4 Millionen Tonnen CO2-Äq überschritten. Das kumulative Defizit über den Gesamtzeitraum 2013 bis 2020 beträgt voraussichtlich ca. 22,3 Mio. t CO2. Die europäische Lastenteilungsentscheidung (ESD) ermöglicht den Mitgliedstaaten, ein Defizit durch Zukauf von Emissionsrechten auszugleichen (Flexibilitätsmechanismus).

Dirk Messner, Präsident des ⁠ UBA: „Der relative Rückgang der Emissionen im Emissionshandelssektor fällt wie schon in den vergangenen Jahren deutlich stärker aus als der Rückgang der nationalen Gesamtemissionen. In diesem besonderen Jahr macht sich der Pandemie-Effekt bemerkbar und vor allem im Bereich der Industrieanlagen dürfte der Emissionsrückgang nicht nachhaltig sein. Hier brauchen wir dringend weitere Anstrengungen und eine anspruchsvolle Dekarbonisierungsstrategie. Dass Klimapolitik bereits wirkt, zeigt sich vor allem im Energiesektor, wo der Kohleausstieg sehr gut vorankommt. Hier macht sich auch die Reform des Europäischen Emissionshandels aus dem Jahr 2018 bemerkbar, die zu deutlich höheren CO2-Preisen geführt hat."   

ew-Redaktion

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