In den Niederlanden hat BayWa r.e. bereits drei Projekte mit einer installierten Leistung von insgesamt rund 25 MWp realisiert. Die Studie des Fraunhofer ISE zeigt, dass auch in Deutschland ein immenses Potenzial für schwimmende PV-Anlagen besteht.

In den Niederlanden hat BayWa r.e. bereits drei Projekte mit einer installierten Leistung von insgesamt rund 25 MWp realisiert. Die Studie des Fraunhofer ISE zeigt, dass auch in Deutschland ein immenses Potenzial für schwimmende PV-Anlagen besteht. (BayWa r.e.)

Schwimmende PV-Anlagen auf künstlichen Seen können dazu beitragen, Landnutzungskonflikte für den PV-Ausbau in Deutschland zu entschärfen. Darüber hinaus weist die Technologie einige Vorteile gegenüber Freiflächenanlagen auf, beispielweise die erhöhte Stromproduktion aufgrund des Kühleffekts des Gewässers und eine höhere Flächennutzungseffizienz. Das technische Potenzial schwimmender PV-Anlagen auf Braunkohle-Tagebauseen in Deutschland hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE jetzt in einer Studie auf 56 GW peak geschätzt. Nach Abzug der für Freizeitaktivitäten, Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz geschätzten relevanten Flächen verbleibt ein wirtschaftliches Potenzial von 2,74 GW.

Flächenneutraler PV-Ausbau durch schwimmende PV-Anlagen

»Schwimmende PV-Anlagen sind ein relativ neues Konzept für die Nutzung von Photovoltaik, für das jedoch weltweit ein großes Stromerzeugungspotenzial besteht, nicht zuletzt, weil sie einen flächenneutralen Ausbau erlauben«, erklärt Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE. Laut Fraunhofer ISE ist im Rahmen der Energiewende in Deutschland ein Photovoltaik-Ausbau von bis zu 500 GW notwendig. Aufgrund der begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche müssten dafür landneutrale Lösungen entwickelt werden. Eine Option dafür sind schwimmende PV-Anlagen, denn sie erreichen eine hohe Flächennutzungseffizienz von rund 1,33 MWp/ha installierter Leistung. Zudem lässt sich durch die Montage über Wasser ein etwas höherer Ertrag aufgrund geringerer Betriebstemperaturen erzielen.

Montiert werden die Module, und in den meisten Fällen auch die Wechselrichter, auf Schwimmkörpern, die je nach Lösung am Ufer oder im Seegrund verankert sind. Tagebauregionen sind insofern gut geeignet, da sie netztechnisch bereits gut angeschlossen sind. Ist eine Verankerung an Land nicht möglich, können zum Beispiel klassische Schiffsanker zum Einsatz kommen, was jedoch je nach Tiefe des Sees zu Mehrkosten führt. Die Stromgestehungskosten von schwimmenden PV-Anlagen liegen im Schnitt um 10 bis 15 Prozent über denjenigen herkömmlicher Freiflächen-PV-Kraftwerken.

Potenzialabschätzung für Braunkohle-Tagebauseen

Durch den Braunkohletagebau entstanden in Deutschland knapp 500 Tagebauseen mit einer Gesamtfläche von 47.251 Hektar. Die meisten davon liegen in Brandenburg (29,8%), Sachsen-Anhalt (28,2%) und Sachsen (15,7%). Um deren Stromerzeugungspotenzial abzuschätzen, führte das Fraunhofer ISE unter anderem Potenzialabschätzungen durch, interviewten Behörden, Akteure und Experten aus den Bereichen Genehmigung, Planung, Installation und Gewässerschutz. Vom technisch nutzbaren Installationspotenzial in Höhe von 56 GW wurden die für Freizeitaktivitäten, Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz relevanten Flächen gemäß Schätzwerten abgezogen. Tagebauseen mit weniger als einem Hektar Fläche oder erheblichen Seetiefenschwankungen sowie Seen, die keine Verankerung der Anlage am Ufer zulassen, wurden aus Kostengründen ausgeschlossen. Das gesamte wirtschaftlich erschließbare Potenzial für schwimmende PV-Anlagen schätzt das Projektteam auf 4,9% der theoretischen Seefläche, was einer installierten Leistung von 2,74 GWp in Deutschland entspricht. Die größten Potenziale für schwimmende PV-Anlagen liegen dabei in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier. Andere künstliche Gewässertypen sowie die natürlichen Standgewässer wurden in der Studie nicht berücksichtigt, sodass von einem insgesamt deutlich größeren Potenzial auszugehen ist. In Deutschland gibt es 4474 künstliche Standgewässer, die meist aus dem Tagebau für Baumaterialien entstanden sind. So gibt es 725 Baggerseen und 354 Kiesseen, der Anteil der Braunkohletagebauseen liegt nur bei 12,9%.

In den Niederlanden ist die Vergütung ausreichend, um schwimmende PV-Anlagen wirtschaftlich umsetzen zu können. Die BayWa r.e. hat dort bereits erste Anlagen installiert. »In den Niederlanden haben wir bereits drei Projekte mit einer installierten Leistung von insgesamt rund 25 MWp realisiert. Mit den Bauarbeiten für Europas größten schwimmenden Solarpark (27,4 MWp) haben wir kürzlich begonnen“, betont Edgar Gimbel, Head of Power Plant Engineering bei der BayWa r.e. Solar Projects GmbH. „Die Studie des Fraunhofer ISE zeigt eindrucksvoll, dass in Deutschland ein immenses Potenzial für schwimmende PV-Anlagen besteht. Jetzt gilt es die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Genehmigungspraxis zu vereinfachen, um dieses Potenzial heben zu können.“ In Deutschland ging die erste Anlage im Jahr 2019 in Betrieb, aufgrund der EEG-Bestimmungen allerdings nur mit einer Nennleistung von 750 kW.

Anreize für schwimmende PV-Anlagen schaffen

Weil die Investitionskosten für schwimmende PV-Anlagen (Floating PV - FPV) etwas höher liegen als bei herkömmlichen Freiflächenanlagen (FFA), kommen sie bisher in Ausschreibungen nicht zum Zug. »Sinnvoll wären deshalb Innovationsausschreibungen speziell für FPV und andere flächenneutrale PV-Kraftwerke, die noch einen Marktanschub benötigen. Um aufwändige Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans zu vermeiden, sollte die flächenneutrale FPV privilegiert werden, ähnlich wie es heute schon für die Nutzung von Flächen für Windenergie vorgesehen ist«, erklärt Dr. Harry Wirth, Bereichsleiter Photovoltaik- Module und Kraftwerke am Fraunhofer ISE.

Zudem empfehlen die Wissenschaftler des Fraunhofer ISE, Tagebau-Seen im EEG als Konversionsfläche einzuordnen, weil sich künstliche Standgewässer oft in Rohstoffabbaugebieten befinden. So könnten FPV-Projekte an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilnehmen. Um FPV auf Tagebauseen zu installieren, könnte es auch sinnvoll sein, diese Nutzungsform in die Sanierungsrahmenpläne der ehemaligen Tagebaue mit aufzunehmen. Da FPV-Anlagen eine konkurrierende Nutzungsform zu Tourismus, Naherholung, Naturschutz und Wasserwirtschaft darstellen können, wird zudem die Erforschung der Umweltverträglichkeit und Akzeptanz an einem FPV-Prototypen in Deutschland empfohlen. Auch eine Methode zur Bürgerbeteiligung speziell für die Umsetzung von FPV-Kraftwerken sieht das Projektteam des Fraunhofer ISE als sinnvoll an.

ew-Redaktion

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