Wollen die Transparenz und Steuerbarkeit in der Niederspannung erhöhen: Robin Rudat und Oliver Deuschle, Geschäftsführer der Smight GmbH.

Wollen die Transparenz und Steuerbarkeit in der Niederspannung erhöhen: Robin Rudat und Oliver Deuschle, Geschäftsführer der Smight GmbH. (Quelle: Smight)

Herr Deuschle, Herr Rudat, Smight wurde im Jahr 2014 als Corporate Start-up ins L­eben gerufen. Im Juni 2022 wurde das Innovationsprojekt der EnBW als eigenständige GmbH ausgegründet. Wie hat sich Smight in dieser Zeit entwickelt?

Deuschle: Smight ist unter dem Dach des Innovationsmanagements der EnBW mit der Aufgabe gestartet, neue Geschäftsmodelle jenseits des klassischen Versorgerumfelds zu entwickeln. Zu Beginn standen IoT-Lösungen im Smart-City-Umfeld im Blickfeld, zum Beispiel eine Retrofit-Lösung, um bestehende Straßenleuchten intelligent zu machen. Dabei konnten wir zum einen ein hohes Maß an Kompetenz und Know-how im IoT-Bereich aufbauen. Zum anderen mussten wir jedoch auch Lösungen entwickeln, die vom Anwender selbst ohne großen Aufwand und ohne viel Know-how selbstständig installiert werden können. Es hat sich jedoch gezeigt, dass sich diese Smart-City-Produkte zu dieser Zeit nicht in der erwarteten Form im Markt etablieren ließen. Allerdings ­passte das vorhandene Fähigkeiten-Cluster von Smight aus Daten managen, Geräte managen und IoT-Prozesse betreiben auf eine andere Anforderung im EnBW-Konzern. Netze BW, einer der großen Verteilnetzbetreiber in Deutschland, stand vor rund drei Jahren vor der Herausforderung, seine Stromnetze intelligent zu machen. Dabei wurde schnell deutlich, dass das Überwachen, Steuern und Schalten in der Niederspannung nicht mit der gleichen technologischen Herangehensweise funktionieren kann, wie in der Hochspannung. Aus dieser Anforderung, einer darauf basierenden Konzeptidee von Netze BW und dem IoT-Know-how von Smight entstand schließlich das Produkt Smight Grid – eine IoT-Lösung speziell für das Niederspannungsnetz. Hier sehen wir ein enormes Marktpotenzial, sodass wir uns heute mit unserem IoT-Know-how vollständig auf den Anwendungsbereich der Niederspannungsnetze fokussieren.

Rudat: Dieser Fokus auf einen Anwendungsbereich und eine Zielgruppe ist aus meiner Sicht ganz entscheidend und auch einzigartig. So schaffen wir es, unsere Kunden, die Verteilnetzbetreiber, ganzheitlich in den Blick zu nehmen, um ihnen eine passgenaue Branchenlösung bieten zu können. Was uns also auszeichnet, ist eine konsequente Orientierung: auf das Thema Niederspannungsnetz, auf die Anwendung bei Verteilnetzbetreibern und auf das Thema Retrofit von Ortsnetzstationen. In dieser Fokussierung sehen wir eine Marktlücke und mit Smight Grid bieten wir dafür die passende Lösung.

Was bedeutet die Ausgründung für das Unternehmen? Was ändert sich damit und welche Ziele verfolgen Sie?

Rudat: Wir haben jetzt eine sehr inte­ressante Kombination aus unternehmerischer Freiheit und der Sicherheit als hundertprozentige EnBW-Tochter. Diese Sicherheit ist für uns enorm wichtig, denn so können wir unseren Kunden gewährleisten, dass es uns als Technologieanbieter auch in fünf oder zehn Jahren noch gibt. Für Investitionen in die Netzinfrastruktur ist diese Verlässlichkeit enorm wichtig. Allerdings glauben wir auch – und hier greift der Aspekt der unternehmerischen Freiheit –, dass wir künftig Partner brauchen werden, um unsere unternehmerischen Ziele erreichen zu können. Vor allem in den Bereichen Produktion, Vertrieb – auch international – und Automatisierungstechnik ist es möglich, dass wir unsere eigenen Fähigkeiten durch das Know-how von externen Partnern ergänzen müssen. Dies gelingt als eigenständiges Unternehmen leichter, als wenn man Teil eines großen Konzerns ist. Welche Ziele haben wir uns gesetzt? Wir möchten die größte und netzbetreiberübergreifende Messdatenbasis für das Niederspannungsnetz in Deutschland aufbauen und managen. Dabei ist der Aspekt netzbetreiberübergreifend ganz entscheidend. Alle Netzbetreiber können Messtechnik installieren und die erhobenen Daten auch in einfachen Anwendungen nutzen. Wenn es aber darum geht, weitergehende Anwendungen auf der Basis umfassender Algorithmen zu nutzen, ist es entscheidend, so viele Daten wie möglich für das trainieren dieser Algorithmen zu nutzen. Und dies können viele Netzbetreiber allein aufgrund deren Netzgröße nicht. Daher setzen wir auf eine netzbetreiberübergreifende Datenbasis, um darauf aufbauend präzise Algorithmen für innovative Mehrwerte zu entwickeln und diese allen Netzbetreibern zur Verfügung zu stellen.

Deuschle: Ich möchte dies nochmals an einem Beispiel erläutern. Zwei Drittel der Stromnetze in Deutschland werden heute im Blindflug betrieben. Lediglich bei einem Drittel des Netzes kommt Messtechnik zum Einsatz. Die dabei erhobenen Daten werden jedoch isoliert im jeweiligen Leitsystem des Verteilnetzbetreibers gespeichert. Dadurch ist keine übergreifende Datenanalyse und kein Vergleich einzelner Szenarien in verschiedenen Verteilnetzen möglich. Beim Aufbau der Messtechnik in den Niederspannungsnetzen haben wir jetzt die Chance, dies anders zu lösen. So lassen sich über ein zentrales und netzbetreiberübergreifendes Datenmanagement über Prognosen, Analytics und KI viele wichtige Erkenntnisse des künftigen Netzbetriebs ableiten und vor allem auch allen Netzbetreibern zur Verfügung stellen. Selbstverständlich werden hierfür nur anonymisierte Daten verwendet, um alle Aspekte des Datenschutzes zu berücksichtigen.

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