Über den Integration Layer werden Drittlösungen in die Plattform integriert. In welchen Bereichen setzen Sie eher auf Drittlösungen und wo auf Eigenentwicklungen?

Dell: Ich gehe davon aus, dass der Einsatz von Drittlösungen eher zunehmen wird. Daher ist der Integration Layer ein ganz zentrales Element von NextGen. Drittlösungen kommen zum Beispiel aus den Bereichen CRM und Portale oder sind Spezialanwendungen wie Workforce-Management-Systeme im Netzbereich oder Systeme für Redispatch 2.0. Wir haben zwar auch hierfür eigene Lösungen im Portfolio. Tendenziell wollen die Kunden in diesen Bereichen jedoch eher frei entscheiden, welche Produkte jeweils zum Einsatz kommen sollen beziehungsweise welche auch schon im Unternehmen etabliert sind. Mittlerweile sind über 60 Standardschnittstellen zu unterschiedlichen Lösungsderivaten im Release 1.0 vom Integration Layer enthalten. Kunden, die sich für unser Plattform-Konzept entscheiden, erhalten automatisch ohne Aufpreis und ohne zusätzliche Projektarbeit diese Schnittstellen mitgeliefert.

Hat ein Kunde eines dieser 60 Lösungsderivate bereits im Einsatz, kann er dies also ohne großen Aufwand weiternutzen?

Dell: Exakt, und genau dies ist ein wesentlicher USP unserer Lösung.

Bei wie vielen Unternehmen ist NextGen bereits im Einsatz?

Dell: Wir haben relativ früh mit der Produktentwicklung und dem Aufbau des Angebots begonnen. Mittlerweile haben wir bereits knapp zehn S/4 HANA-Kunden in den produktiven Betrieb übernommen beziehungsweise sind bei einigen in den finalen Projektphasen. Weitere sind geplant. Allein in diesem Jahr laufen parallel dazu fünf Kundenprojekte und im kommenden Jahr sind – Stand heute – fünf weitere Projekte in der Planung. Ich gehe jedoch davon aus, dass wir im nächsten Jahr weitere Projekte umsetzen können, denn die Nachfrage ist mittlerweile sehr groß. Dies schaffen wir auch nur mit einem guten Partner-Ökosystem – also mit erfahrenen Unternehmen, die uns dabei unterstützen. Denn auch wenn wir als Unternehmen weiterwachsen – auf rund 500 Mitarbeiter bis Ende 2024 –, so könnten wir diese Projektlast nicht alleine schaffen.

Wie laufen üblicherweise solche Transformationsprojekte ab? Was sind die Erfolgsfaktoren?

Dell: Neben dem genannten Partner-Ökosystem ist ein stringentes und erprobtes Projektmanagement entscheidend, das wir bei unseren NextGen- und SAP-Projekten zum Einsatz bringen. Hier sind drei Schlüsselfaktoren zu nennen. Erstens: Wir haben ein übergeordnetes Programmmanagement aufgesetzt, das alle NextGen-Einführungsprojekte orchestriert. An dieses berichten alle Projektmanager, die ein NextGen-Einführungsprojekt zu verantworten haben. So können wir alle Lessons Learned bündeln und aus den Erfahrungen projektübergreifend die effizientesten Prozesse ableiten. Zweitens: Wir setzen konsequent auf unsere erprobte Projektmethodik mit Namen Kompass. In dieser, von uns selbst entwickelten Methodik ist das Projektvorgehen stringent und standardisiert definiert. Der dritte Schlüsselfaktor ist das bereits genannte Partnermanagement, das uns in die Lage versetzt, flexibel Ressourcen und damit kompetente Partner einbinden zu können.

Wie lange dauert üblicherweise ein solches Transformationsprojekt?

Dell: Dies ist auch von der Unternehmensgröße abhängig. Bei größeren mittelständischen Unternehmen schaffen wir durch diese stringente Vorgehensweise Projektzeiten von bis zu einem Jahr. Bei größeren Unternehmen dauert ein solches Projekt eher zwischen eineinhalb und zwei Jahren.

Seit Mitte 2023 bieten Sie eine NextGen-Lösung für die Marktrolle Verteilnetzbetreiber an. Für die Marktrolle Lieferant soll diese demnächst folgen. Was verbirgt sich dahinter?

Dell: Richtig, die Produktenwicklung für die Marktrolle Verteilnetzbetreiber ist zum 30. Juni 2023 abgeschlossen worden. Ab 1. Juli 2023 ist das Produkt verfügbar. Die Lösung für die Marktrolle Lieferant wird zum 1. Juli 2024 zur Verfügung stehen. Für beide Marktrollen konnten wir bereits Kundenverträge abschließen, und wir planen die ersten Go-Lives mit diesen Kunden bis Ende 2024.

Was verbirgt sich hinter diesen Produkten?

Dell: Wir bilden mit den jeweiligen Produkten, also zum Beispiel mit NextGen VNB, alle relevanten Prozesse ab, die ein Verteilnetzbetreiber benötigt. Dies umfasst zum Beispiel auch die Prozesse des grundzuständigen MSB, das Energiedatenmanagement und die Gerätethematik, also alles, was ein Verteilnetzbetreiber benötigt. Auch die Prozesse der Marktkommunikation sind enthalten, die wir über die MaKo-Cloud von SAP abbilden. Ähnlich ist es bei dem Produkt ­NextGen Lief.

Abschließend, wie unterscheidet sich die IT-Plattform NextGen von anderen, auf dem Markt verfügbaren Plattform-Lösungen?

Dell: Hier gibt es einige Aspekte hervorzuheben. Ganz wichtig: Unsere Plattform ist systemagnostisch und damit eine echte IT-Plattform. Darüber ­hinaus bieten wir unseren Kunden durch den Integration Layer volle Flexibilität, sodass sie sich nicht in eine strategische Sackgasse begeben. Sie behalten ihre Flexibilität und können gleichzeitig von den Vorteilen der Standardisierung durch die Templates profitieren – und dies auch marktrollenspezifisch. So kann ein Kunde zum Beispiel NextGen VNB nutzen und im Lieferantenbereich eine andere Software. Und wir sorgen als Integrator und Orchestrator dafür, dass diese Lösungen über die Plattform effizient miteinander verbunden werden. Als nächstes ist der Faktor Zeit zu nennen. Wir können liefern, wir können mit unseren vorkonfektionierten Templates Projekte sehr schnell umsetzen und wir haben dafür auch die notwendigen Ressourcen – auch durch das bereits genannte Partner-Ökosystem. Zum Thema Qualität: Wir haben markterprobte Standards, die bereits im Einsatz sind. Wir können also Referenzen benennen, was uns wirklich von anderen Plattform-Anbietern unterscheidet. Last but not least – und das ist häufig ein ganz wichtiger Aspekt bei der Investitionsentscheidung: Wir liefern nicht nur einen Software-as-a-Service, sondern wir bieten ein Partizipationskonzept und eine Gemeinschaft an kommunalen Energieversorgern. Das finden viele Unternehmen sehr inte­ressant, weil sie hier in den Austausch kommen und weil sie an der Weiterentwicklung der Plattform mitwirken können. Und zuletzt: Aufgrund unseres SaaS-Modells sind wir kostengünstig und der Kunde bekommt Planungssicherheit.

Martin Heinrichs
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