Während der Liegezeiten von Flusskreuzfahrtschiffen läuft ein Teil der Motoren, um den Strombedarf zu decken. Landstromversorgung vermeidet Emissionen.

Die meisten Schiffe führen bereits Kabel zum Anschluss an entsprechende Versorgungsschränke mit (Bild: Jean Müller)

Wie sieht das Konzept Landstromversorgung aus?

Schmidt: Um Lärm und Abgase zu vermeiden wird versucht, den Strombedarf der Hotelschiffe während der Liegezeiten aus dem öffentlichen Verteilnetz zu decken. Je nach Größe des Schiffs kann der Bedarf bis zu 800 A betragen.

Wie sind Aufbau und Wirkungsweise?

Schmidt: Die meisten Schiffe führen bereits Kabel zum Anschluss an entsprechende Versorgungsschränke mit. Bei einem Strombedarf bis 125 A sind die im Markt weit verbreiteten CEE-Stecker vorgesehen. Ist der Strombedarf größer, kommen Kabel mit einem Stecksystem Power Lock des Unternehmens ITT Canon zum Einsatz. Diese können mit Strömen bis zu 400 A belastet werden. Um den Anschluss der Kabel möglichst sicher durchführen zu können, müssen die Steckvorrichtungen während des An- und Abklemmens spannungsfrei sein.

Welche Normen gelten bei Errichtung von Landstromversorgungen?

Schmidt: Vorgaben zur Ausführung der Landstromversorgung bis 125 A sind in der DIN EN 15869 zu finden. Diese Norm wurde überarbeitet und ist seit August 2019 gültig. Für größere Ströme gilt die DIN EN 16840. Außerdem gelten natürlich alle einschlägigen Normen und VDE-Vorschriften zum Errichten elektrischer Anlagen.

Welche Herausforderungen und Besonderheiten gibt es bei der Arbeit mit dieser Anlage?

Schmidt: Der Aufbau eines Landstromschranks muss gewährleisten, dass das für den Anschluss des Schiffs zuständige Personal nur Zugang zu den Einrichtungen erhält, die für den Anschluss unerlässlich sind. Dabei muss ausgeschlossen werden, dass Manipulationen an Leistungsschaltern, Messsystemen oder der Steuerung möglich sind. Gleichzeitig müssen die Schränke so sicher sein, dass der Zugang ausschließlich durch autorisiertes Personal erfolgt – vorzugsweise ohne Schlüssel, um den organisatorischen Aufwand der Zugangssteuerung in Grenzen zu halten. Gleichzeitig sollte jeder Ladevorgang so dokumentiert werden, dass die verbrauchte Energie präzise und rechtssicher abgerechnet werden kann. Das alles sollte möglichst ohne Hafenpersonal vor Ort möglich sein.

Welche Unfallgefahren gibt es bei der Arbeit in und an der Anlage (entsprechend Gefährdungsbeurteilung)?

Schmidt: Da die Steckvorrichtungen im Anschlussschrank erst eingeschaltet werden, wenn alle Kabel richtig gesteckt sind und die Schranktür sicher verschlossen ist, gehen keine direkten Gefahren von so einem Anschlussschrank aus. Da die Arbeiten aber im direkten Uferbereich bzw. auf dem Anleger (Ponton) stattfinden, besteht natürlich immer die Gefahr, dass ein Mitarbeiter ausrutscht und ins Wasser fällt. Eine weitere Gefahr könnte auftreten, wenn die Schiffsbesatzung versucht, unterbrechungsfrei von Eigenversorgung auf Landstromversorgung umzuschalten, ohne die beiden Systeme sauber zu synchronisieren.

Welche Schutzmaßnahmen lassen sich ableiten?

Schmidt: Alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der an diesem Schrank tätigen Personen sind bereits vorgesehen. Möglicherweise müssen Absturzsicherungen vor Ort erstellt werden. Es muss auf jedem Schiff geprüft werden, ob die elektrische Installation für den Anschluss an eine Landstromversorgung geeignet ist. Auch muss für jedes Schiff festgelegt werden, ob die erforderlichen technischen Einrichtungen für eine unterbrechungsfreie Umschaltung gegeben sind oder ob die Umstellung nur mit einer kurzen Unterbrechung der schiffseigenen Systeme durchzuführen ist.

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