Ingenieure während einer Besprechung ueber Netzzustandsdaten

Bild 1: Anhand der Netzzustandsdaten aus intelligenten Messsystemen ist es möglich, den Netzzustand zu bestimmen. (Quelle: Voltaris)

Der netzdienliche Einsatz intelligenter Messsysteme (iMSys) wird zunehmend wichtig, um fluktuierende Energieerzeugung und Bedarf aufeinander abzustimmen. Dabei sind neue Randbedingungen sowohl in der Netzplanung als auch im Netzbetrieb zu berücksichtigen. Weiterhin sind mögliche Störungen oder Angriffe auf die Komponenten zu betrachten. Diesen Fragestellungen ging die Voltaris GmbH in Kooperation mit dem Institut für Elektrische Energiesysteme der htw saar mit der Masterthesis »Stör- und Angriffsszenarien in Netzen mit intelligenten Messsystemen« nach. Im Rahmen der Arbeit wurde ein Verfahren entwickelt, das Stör-, Angriffs- und Gegenmaßnahmen-Szenarien mit Hilfe von Lastflussberechnung untersucht und auswertet. Fazit: Anhand der Netzzustandsdaten aus iMSys ist es möglich, den Netzzustand zu bestimmen, Störungen, Angriffe und Gegenmaßnahmen zu simulieren und geeignete Strategien für den Ernstfall abzuleiten.

Bewertung von Stör- und Angriffs-Szenarien in Netzen mit iMSys

Im September 2016 trat das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende in Kraft. In dessen Zentrum steht das Messstellenbetriebsgesetz, welches u.a. Regelungen zur Ausbringung von iMSys und deren technische Mindestanforderungen zur Gewährleistung von Datensicherheit und Datenschutz vorschreibt. Neben Abrechnungszwecken ist der netzdienliche Einsatz von iMSys ein weiterer Mehrwert der Digitalisierung der Energiewende. Dazu werden zum einen Messdaten in zeitlich kleiner Auflösung zur Netzzustandsbestimmung erhoben und zum anderen steuerbare Anlagen über den Kommunikationskanal des iMSys netzdienlich gesteuert. Intelligente Netze müssen auch bei hoher Durchdringung mit iMSys sicher und zuverlässig betrieben werden. Die Masterthesis beschäftigte sich  damit, Auswirkungen von Störungen und Angriffen auf diese überwachten und steuerbaren Netze zu simulieren und auszuwerten sowie Gegenmaßnahmen zu untersuchen. Dazu wurde ein Verfahren entwickelt, das Stör-, Angriffs- und Gegenmaßnahmen-Szenarien mit Hilfe von Lastflussberechnung untersucht und auswertet. Zudem bereitet das Verfahren Messdaten aus iMSys als Eingangswerte für die Lastflussberechnung auf und stellt Analyse-Werkzeuge bereit. Die Ergebnisse werden in einem Auswertekatalog dargestellt, um Bewertungen vergleichbar zu machen.

Messdaten aus intelligenten Messsystemen

Die wichtigsten Eingangsparameter für die Berechnungen waren netzdienliche Messdaten. Hierzu wurden in einem Feldtest mit Smart Meter Gateway-Prototypen – über Basiszähler mit Grid-Funktion – Netzzustandsdaten (Ströme, Spannungen, Leistungen sowie Phasenverschiebungswinkel) im 5-Sekunden-Intervall bei Netznutzern bezogen. Die Netznutzer setzten sich zusammen aus Haushalten, Gewerbebetrieben und Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Die Rohdaten wurden für die Netzberechnung in Netznutzungsfälle aufbereitet. Eine Forschungsfrage war, ob alle Messdaten am Zähler zu erheben sind oder ob Werte nachgelagert berechnet werden können. Eine nachgelagerte Berechnung hätte den Vorteil einer datensparsameren Auslesung. Untersucht wurden dazu exemplarisch zwei Netznutzer, ein Gewerbekunde und eine PV-Anlage. Die gemessene und die berechnete Wirkleistung wurden miteinander verglichen. Insgesamt lagen über 17.000 Datensätze vor. Der Vergleich von gemessener zu berechneter Wirkleistung beim Gewerbebetrieb zeigte, dass in über 93 % der Fälle bei einem Leistungsbezug unter 3 kW Abweichungen von 3 % bis 15 % auftraten. Ab 3 kW ist die Abweichung in 97 % der Fälle kleiner als 3 %. An der PV-Anlage zeigte sich eine Abweichung von 5 % bis über 25 % in über 85 % der Fälle, unabhängig von der Einspeiseleistung. Die Abweichungen sind teilweise auf die Rundung beim Bilden der Messwerte im Zähler zurückzuführen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine nachgelagerte Berechnung der Wirkleistung unvorteilhaft ist, da sie zu Folgefehlern führt. Für Anwendungen, die nur geringe Abweichungen zulassen, ist daher eine direkte Auslesung zu empfehlen.

Störungen, Angriffe und Gegenmaßnahmen

Zur Bewertung möglicher Stör-, Angriffs- und Gegenmaßnahmen- Szenarien beim netzdienlichen Einsatz von iMSys fand zunächst eine Definition dieser statt. Hauptquelle waren die Schutzprofile des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die BSI TR 03109 6, welche bereits eine Vielzahl an Bedrohungen am Smart Meter Gateway beschreiben. Diese wurden um weitere Fälle, beispielsweise hohe Gleichzeitigkeit bei Ladung von Elektromobilen, Fehler in Batteriesystemen oder Netzfehler, erweitert. Darauf aufbauend wurden Gegenmaßnahmen wie z.B. die Steuerung benachbarter Anlagen, Rückgriff auf Referenzmessungen oder Netzumschaltungen eruiert. Zur gegliederten Darstellung wurden die Szenarien in einem dafür entwickelten Testkatalog aufbereitet. Zur Bearbeitung durch Anwender wurde zudem ein Auswertungskatalog entworfen, in den die Ergebnisse einzutragen sind. Beides zusammen ermöglicht standardisierte und reproduzierbare Untersuchungen.

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