Biogaskraftwerk. Bioenergieträger können dazu beitragen, die 2030er-Klimaziele zu erreichen, wenn auch in begrenztem Maß.

Biogaskraftwerk. Bioenergieträger können dazu beitragen, die 2030er-Klimaziele zu erreichen, wenn auch in begrenztem Maß (Quelle: Adobe Stock)

Bei erneuerbaren Energien (EE) kommen fast jedem zuerst Solar- und Windenergie in den Sinn. Doch blickt man auf ihren Beitrag zur Energiebilanz, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Mit einem mehr als 50-prozentigen Anteil am erneuerbaren Energiemix ist Bioenergie derzeit die wichtigste EE-Quelle in Deutschland – und damit ein zentraler Faktor der Energiewende.

Vor allem im Verkehrs- und Wärmesektor, wo die Energiewende noch stockt, leistet Bioenergie schon heute wertvolle Dienste. Bleibt es beim aktuellen Trend und dem regulatorischen Rahmen, dürfte ihre Bedeutung nach unseren Analysen bis 2030 noch weiter steigen. Das sind gute Neuigkeiten – denn ohne Bioenergie wären Deutschlands Emissionsziele kaum zu erreichen.

Bioenergie: mit 265 TWh die wichtigste Säule der Erneuerbaren

2022 wurden in Deutschland rund 265 TWh Endenergie durch Bioenergieträger gedeckt, davon 180 im Wärmesektor, 50 in der Stromerzeugung und 35 im Verkehrssektor. Das entspricht rund einem Zehntel des deutschen Endenergieverbrauchs von 2.400 TWh. Auch die Klimabilanz kann sich sehen lassen: Nach unseren Berechnungen konnten bislang über 70 Mt CO2 pro Jahr vermieden werden (gemessen am Gesamtausstoß von rund 750 Mt im Jahr 2022). Wie verteilt sich der aktuelle Bioenergieeinsatz auf die einzelnen Sektoren? Ein Überblick:

Wärme. Der mit Abstand größte Einsatzbereich ist mit 180 TWh der Wärmesektor. 2022 machten Bioenergien rund 15 % des Verbrauchs im Bereich Wärme (und Kälte) aus. Der am häufigsten eingesetzte Rohstoff ist Holz mit einem Anteil von rund 80 % (140 TWh). Einen Großteil davon nutzen private Haushalte und das Gewerbe in Form von Scheitholz und Holzpellets. Besonders Letztere liegen im Trend: 2023 lag die Zahl der installierten Pelletheizungen bereits bei über 700.000 – ein Zuwachs von 50 % gegenüber 2020.

Strom. Mit 50 TWh tragen Bioenergien rund ein Fünftel zur EE-Stromproduktion in Deutschland bei. Damit machen sie rund 9 % des hiesigen Endstromverbrauchs aus. Der größte Anteil entfällt derzeit auf Biogas, das überwiegend aus Mais- und Gras-Silage gewonnen wird, gefolgt von Getreide und Zuckerrüben.

Verkehr. Mit 35 TWh ist der Verkehrssektor bisher zwar der kleinste Einsatzbereich, dennoch stellen Biokraftstoffe hier rund 85 % der erneuerbaren Energien – deutlich mehr als der EE-Strom für Elektrofahrzeuge. Dabei handelt es sich zu fast drei Vierteln um die Beimischung von Biodiesel aus meist Raps-, Palm- oder Sojaöl, zu einem Viertel um Bioethanol als Beimischung zu Benzin aus Getreide oder Zuckerrüben sowie in geringem Umfang um Biomethan. Die Nutzung beschränkt sich derzeit noch fast ausschließlich auf den Straßenverkehr.

320 TWh bis 2030 möglich 

In den kommenden Jahren dürfte Bioenergie noch einmal einen Schub erfahren. Mit Ausnahme des Stromsektors, in dem die Verwendung regulatorisch bedingt tendenziell rückläufig ist, wird sich der Einsatz in den übrigen Sektoren intensivieren. Nach unseren Berechnungen könnten im Jahr 2030 insgesamt rund 320 TWh Endenergie durch Bioenergieträger gedeckt werden (Abb. 1):

Wärme. Der Endenergieverbrauch aus Bioenergien erhöht sich voraussichtlich von 180 auf 210 TWh. Rund 80 TWh davon entfallen auf Industrieanwendungen – hier haben wir den Verbrauch als weitgehend konstant angenommen. Mögliches weiteres Potenzial für eine stärkere Nutzung in Form von Biomasse-betriebenen Heizkraftwerken besteht zwar, bleibt aber in unserer Berechnung unberücksichtigt. Den größten Anteil macht indessen mit 130 TWh der Verbrauch in Heizungen und Kaminen von Privathaushalten und Gewerbe aus. Und diese setzen immer stärker auf Pellets: Bleibt es bei der aktuellen Regulatorik, wird sich der Anlagenbestand von derzeit über 700.000 Pelletheizungen bei gleichbleibender Neuinstallationsrate bis 2030 auf über 1,2 Mio. fast verdoppeln; die daraus genutzte Energie beträgt dann bis zu 25 TWh. Ursächlich für den Pellet-Boom ist nicht nur die gute Klimabilanz der Heizungen, sondern auch das relativ stabile Preisniveau des Brennstoffs. Zwar stiegen die Preise 2022 um teilweise mehr als 100 %, jedoch weniger drastisch als die für Strom und Gas. Inzwischen hat sich der Pelletpreis wieder auf Vorkrisenniveau eingependelt.

Neben dem Pellet-Einsatz kommt zunehmend auch Biogas ins Spiel: Da das Gebäudeenergiegesetz vorsieht, neu installierte Heizungen (mit Ausnahmen) zu mindestens zwei Dritteln mit erneuerbaren Energien zu betreiben, müssen bei der Verwendung von Gas vermehrt klimaneutrale Heizmittel zum Einsatz kommen. Und weil Wasserstoff bis mindestens zum Ende des Jahrzehnts nicht in ausreichendem Maße für Privathaushalte zur Verfügung steht, wird vor allem Biomethan die Lücke füllen. Bei rund 2 Mio. neuen Gasheizungen mit 65 % EE-Anteil (abzüglich der Ausnahmen) und einem Durchschnittsverbrauch von 20 MWh pro Gebäude könnte sich (zusammen mit der bereits bestehenden Biomethannutzung von knapp 5 TWh) bis 2030 ein Gesamtbedarf von rund 20 TWh ergeben – in etwa das Vierfache dessen, was 2022 verbraucht worden ist.

Strom. Im Stromsektor könnte der Einsatz von Bioenergien bei gleichbleibenden Betriebsstunden von 50 auf etwa 40 TWh sinken. Denn zahlreiche Bestandsanlagen dürften aufgrund der auslaufenden EEG-Förderung den Betrieb einstellen. Die Ausschreibungsrunde im Oktober 2023 war dreifach überzeichnet, so dass viele Anlagen künftig keine Förderung mehr erhalten – und dann ganz schließen oder nur noch zur Spitzenlastabdeckung eingesetzt werden. Die EEG-Novelle von 2023 zielt bei den Ausschreibungen auf eine installierte Leistung aus Biomasse- und Biomethananlagen von 8,4 GW in 2030 – und damit auf einen Nettorückbau von rund 2 GW gegenüber 2022.

Verkehr. Der Bioenergieeinsatz im Verkehrssektor wird sich nach unserer Analyse bis 2030 von heute 35 auf rund 70 TWh verdoppeln. Das gilt dann, wenn die Ziele des Gesetzgebers zur Treibhausgasreduktion sektorspezifisch erreicht werden. Diese gehen in Deutschland noch über die der EU hinaus: So sollen hierzulande die im Verkehr verwendeten Kraftstoffe 2030 ein Viertel weniger THG ausstoßen, als bei ausschließlicher Verwendung fossiler Kraftstoffe anfallen würde. Hinzu kommen EU-Regulierungen, wie etwa THG-Vorgaben in der Schifffahrt und eine Mindesteinsatzquote nachhaltiger Kraftstoffe in der Luftfahrt. Zur Erreichung der Ziele werden neben der zunehmenden Elektromobilität vor allem nachhaltige Kraftstoffe einen substanziellen Teil beisteuern – in den nächsten Jahren vorrangig Biokraftstoffe. Die aktuell vorherrschenden Produkte (Biodiesel und Bioethanol) lassen sich allerdings aus technischen und regulatorischen Gründen nur in begrenztem Umfang beimischen. Daher werden vermehrt fortschrittliche Biokraftstoffe zum Einsatz kommen, die fossile Treibstoffe vollständig ersetzen können, z. B. erneuerbarer Diesel und nachhaltiges Kerosin.

Die EU-Vorgaben werden auch Einfluss auf den Rohstoffeinsatz nehmen: Derzeit überwiegen in der Biokraftstoffproduktion noch Rohstoffe der „ersten Generation“, darunter essbare Öle wie Raps-, Palm- und Sojaöl für Biodiesel sowie Getreide und Zuckerrüben für Bioethanol und -Methan. Ihrer Nutzung setzt die Regulatorik allerdings zunehmend Grenzen, weshalb sie trotz steigender Gesamtnachfrage nach Biokraftstoffen 2030 nur etwa im gleichen Umfang wie heute verwendet werden. Stattdessen kommen künftig verstärkt Ausgangsstoffe der „zweiten Generation“ zum Einsatz, die weder ess- noch fütterbar sind. Dazu zählen:

  • „Fortschrittliche“ Reststoffe aus Biomasse. Für sie schreibt die überarbeitete EE-Richtlinie der EU einen Mindestanteil von 5,5 % vor (gemeinsam mit strombasierten Kraftstoffen, die mindestens 1 Prozentpunkt ausmachen sollen). In diese Rohstoffkategorie fallen einerseits bestimmte Öle (z.B. Ausfluss von Palmölmühlen), die global nur begrenzt zur Verfügung stehen, andererseits Bioreststoffe wie z.B. Stroh. Letztere sind in Deutschland zwar verfügbar, erfordern aber komplexere Verfahren zur Umwandlung in Treibstoff als die Verarbeitung von Ölen zu erneuerbarem Diesel oder nachhaltigem Kerosin im etablierten HVO-Prozess. Die hierzu benötigten Kapazitäten werden auch bis 2030 nur beschränkt verfügbar sein. Deutschland wird sich daher bei der Verwendung dieser Rohstoffe voraussichtlich auf die Erfüllung der Mindesteinsatzquote beschränken.
  • Abfallfette. Hierzu zählen gebrauchte Speiseöle sowie tierische Fette der Kategorien I und II mit hohem oder mittlerem Gesundheitsrisiko, die für den Verzehr ungeeignet sind. Für ihren Einsatz zur Herstellung von Biodiesel oder erneuerbarem Diesel und nachhaltigem Kerosin über den HVO-Prozess hat die EU-Richtlinie eine Obergrenze definiert, die Deutschland wahrscheinlich ausschöpfen wird.
  • Sonstige Abfallstoffe. Hierbei handelt es sich vor allem um tierische Fette der Kategorie III, die in der EU-Gesetzgebung weder als Abfallfett noch als fortschrittlicher Reststoff gelistet sind. Sie werden voraussichtlich in ausreichender Menge für die Kraftstoffproduktion zur Verfügung stehen. Kriterium für die Verwendung ist jedoch, dass die daraus hergestellten Biokraftstoffe gegenüber fossilen mindestens 65 % Emissionen einsparen.

85 Mt vermiedenes CO2 jährlich

Laut Klimaschutzgesetz sollen Deutschlands CO2-Emissionen bis 2030 um rund 300 Mt sinken – eine Reduktion von über 40 % gegenüber 2022. Durch den Einsatz von Bioenergieträgern anstelle von fossilen werden, wie oben erwähnt, aktuell bereits mehr als 70 Mt pro Jahr vermieden. Bis 2030 könnte das Einsparungsvolumen nach McKinsey-Analysen auf knapp 85 Mt steigen. Basis für unsere sektorspezifischen Berechnungen sind die jeweiligen Differenzen zwischen den Emissionen der Bioenergien selbst (z.B. aus Produktion und Logistik) und denen, die beim Einsatz fossiler Energieträger entstehen würden. Für die Analyse des Wärme- und Stromsektors wurden Vermeidungsfaktoren des Umweltbundesamts herangezogen, für den Verkehrssektor die Referenzemissionswerte fossiler Kraftstoffe.

Wärme. Schon heute spart der Wärmesektor durch den Einsatz von Bioenergie jährlich 34 Mt CO2 ein. Setzt sich der Ausbau der Pellet- und Biomethanheizungen wie oben beschrieben fort, könnten es 2030 schon 42 Mt sein. Um die zusätzlichen 8 Mt mit Wärmepumpen anstelle von Bioenergien einzusparen, müssten in den kommenden sechs Jahren mehr als 1,5 Mio. Geräte zusätzlich eingebaut werden – ein Drittel mehr als die für diesen Zeitraum bereits geplanten 4 bis 5 Mio.

Strom. Da die Nutzung von Bioenergie zur Stromerzeugung voraussichtlich zurückgehen wird, sinkt auch ihr Beitrag zur Emissionsreduktion in diesem Sektor: Bis 2030 wird sich die CO2-Einsparung durch Bioenergie von derzeit rund 30 auf etwa 25 Mt pro Jahr verringern.

Verkehr. Derzeit helfen Biokraftstoffe, jährlich 8 Mt CO2 gegenüber fossilen Kraftstoffen einzusparen. 2030 können es annähernd 18 Mt pro Jahr sein. Um diese Menge allein durch Elektromobilität einzusparen, müssten über das aktuelle 2030-Ziel von 15 Mio. Elektroautos hinaus weitere 13 Mio. vollständig EE-betriebene Fahrzeuge auf den Straßen fahren. Dass sich die CO2-Einsparungen durch Biokraftstoffe mehr als verdoppeln, liegt an den veränderten Rohstoffen: Diejenigen der ersten Generation reduzieren THG um rund die Hälfte; die der zweiten sogar um 80 bis 90 %.

Die Knackpunkte: Nachhaltigkeit, Flächenbedarf, Kosten und Verfügbarkeit

Nachhaltigkeit. Obwohl Biomasse aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt wird, setzt auch sie bei der Verbrennung CO2 frei, statt es langfristig zu binden. Beispiel Holz: Nach dem Bundesklimaschutzgesetz sollen Land- und Waldwirtschaft 2030 insgesamt 25 Mio. t Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen, vor allem durch die CO2-Bindung in Bäumen und Böden. Laut Bundesumweltamt zeichnet sich jetzt schon ab, dass dieses Ziel deutlich verfehlt wird. Eine vermehrte energetische Holznutzung würde es in noch weitere Ferne rücken.

Flächenbedarf. 2022 entfielen rund 15 % (23.000 km2) der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland auf den Anbau von Energiepflanzen: knapp 10 % davon (14.000 km2) für den Strom- und Wärmesektor und etwas mehr als 5 % (9.000 km2) für den Verkehrssektor. Bis 2030 wird der Flächenbedarf jedoch nur geringfügig weiter zunehmen – selbst im stark wachsenden Verkehrssektor voraussichtlich um nicht einmal 1.000 km2. Der Grund sind gesetzliche Beschränkungen: Würden die bis 2030 hinzukommenden Rohstoffe zweiter Generation durch solche der ersten Generation ersetzt (während die bereits eingesetzten Mengen aus der zweiten konstant blieben), stiege der Flächenbedarf um weitere 6.000 km2 – das entspricht mehr als der doppelten Fläche des Saarlands. Das will der Gesetzgeber vermeiden. Daher wird der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen für die Biokraftstoffproduktion weitgehend auf dem Niveau von 2022 verbleiben. Im Gegenzug muss die Nutzung von Rohstoffen der zweiten Generation, die keine zusätzlichen Flächen benötigen, überproportional ansteigen.

Flächeneffizienz. Neben dem reinen Platzbedarf ist die Flächennutzung für Bioenergien auch unter Effizienzaspekten umstritten – vor allem in der Stromproduktion: Hier schneiden Bioenergien im direkten Vergleich zur Photovoltaik deutlich schlechter ab: Nach einer Analyse des Umweltbundesamts kann eine Solar-Neuanlage auf der gleichen Fläche 40-mal mehr Strom produzieren als eine mit Mais betriebene Biogasanlage. 

Kosten. In fast allen Sektoren ist Bioenergie teurer als konventionelle. Doch je nach eingesetztem Rohstoff gibt es teils signifikante Unterschiede, wie der direkte Preisvergleich zeigt:

  • Wärme. Aufgrund der gestiegenen Gaspreise waren Pelletheizungen in den vergangenen Jahren (trotz höherer Anschaffungskosten) in ihren Gesamtkosten deutlich günstiger als Gasheizungen. Aktuell betragen die Verbraucherpreise für Pellets rund 6,5 ct/kWh, während die für Gas aktuell bei ca. 10 ct/kWh liegen. Bleiben die Holzpreise stabil und die Regularien gleich, werden die steigenden CO2-Preise bei Gasheizungen auch weiterhin für Kostenvorteile sorgen. Anders beim Einsatz von Biomethan in Gasheizungen: Hier liegen die Tarife für Gas mit Biomethananteil deutlich über denen für Erdgas. Grund dafür ist die teurere Produktion, die den Preis für zukünftige Terminkontrakte (Futures) von Biomethan im Vergleich zu Gas nahezu verdreifachen kann. Deshalb werden Einspeisungen von Biomethan in das Gasnetz künftig vor allem regulatorisch getrieben sein.
  • Strom. Die EEG-Novelle wird den von kleinen Anbietern geprägten Bioenergiemarkt verändern: Es steht zu erwarten, dass viele Biogasanlagen den Betrieb wegen der wegfallenden Einspeiseförderung einstellen. Günstiger sieht es für größere Kraftwerke aus, die Zugang zu den Spotmärkten und effizienter Kraft-Wärme-Kopplung haben: Ihre Kosten für die Stromerzeugung liegen mit 7 bis 10 ct/kWh nur leicht über denen von kommerziellen Solar- und Windanlagen (4 bis 8 ct/kWh) und im Rahmen der erwarteten Durchschnittspreise für Strom in den nächsten Jahren. 
  • Verkehr. Die Biokraftstoffproduktion ist wegen ihrer aufwendigen Herstellungsprozesse teurer als die konventionelle. So kostete die Herstellung von erneuerbarem Diesel aus Ölen und Fetten 2022 rund 1.800 €/t – mehr als doppelt so viel wie herkömmlicher Diesel. Auch nachhaltiges Kerosin aus Abfallfetten ist zwei- bis dreimal teurer als die fossile Variante. Hinzu kommt, dass erneuerbarer Diesel und nachhaltiges Kerosin um die gleichen Rohstoffe konkurrieren, was die Preise weiter steigen lassen könnte. Im Gegensatz dazu unterscheiden sich die Kosten für Bioethanol aus Rohstoffen der ersten Generation mit rund 800 €/t (Stand 2022) nicht signifikant von denen für konventionelles Benzin. Dieses Preisniveau könnte zukünftig auch bei vermehrter Nutzung von Rohstoffen der zweiten Generation gehalten werden, da die Bioethanolproduktion aus diesen Rohstoffen nicht viel teurer ist. Allerdings ist der Einsatz von Bioethanol im Straßenverkehr regulatorisch und technologisch begrenzt, während die alternative Nutzung von Rohstoffen der zweiten Generation zur Herstellung von nachhaltigem Kerosin oder erneuerbarem Diesel („Alcohol to Fuel“) zusätzliche Verfahrensschritte erfordert, was wiederum die Produktionskosten erhöht.

Verfügbarkeit. Bislang werden in Deutschland weniger als 2 % aller Bioenergieträger importiert. Im Verkehrssektor allerdings könnte sich der Anteil der importierten Rohstoffe deutlich erhöhen, wenn künftig vermehrt Rohstoffe der zweiten Generation zum Einsatz kommen sollen. Zwar stehen einige davon (z.B. Stroh) in Deutschland ausreichend zur Verfügung, aber ihre Herstellverfahren sind komplex und die Kapazitäten begrenzt. Andere Rohstoffe (z.B. Ausfluss von Palmölmühlen) lassen sich einfacher umwandeln, sind jedoch hierzulande nur begrenzt verfügbar. Daher wird Deutschland, so wie andere Länder in Europa auch, vermehrt auf Einfuhren angewiesen sein: Nach unseren Schätzungen könnten 2030 europaweit mehr als die Hälfte der Rohstoffe zweiter Generation zur Produktion von Biokraftstoff aus Importen stammen.

Fazit

Wo und in welcher Form lohnt sich der Einsatz von Bioenergie? Sicher ist: Bioenergieträger können dazu beitragen, die 2030er-Klimaziele nach heutiger Regulierung zu erreichen, wenn auch in begrenztem Maß. Vielversprechendstes Einsatzgebiet ist der Wärmebereich; im Stromsektor ergeben sich kurzfristige Potenziale aus der flexiblen Zuschaltung zu Spitzenlastzeiten.

Im Verkehrssektor wiederum bieten sich Bioenergien als Übergangslösung an, bis die Elektrifizierung und der Einsatz von strombasierten Kraftstoffen ihr volles Potenzial entfalten. Dabei werden, um den Flächenverbrauch zu begrenzen, zunehmend Rohstoffe der zweiten Generation zum Einsatz kommen müssen. Aufgrund ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit hierzulande sollten allerdings frühzeitig Importstrategien entwickelt und die Weiterentwicklung zu komplexeren Herstellungsverfahren forciert werden.

1 / 3

Ähnliche Beiträge