Projekte:

et: Eine der vier Pilotregionen der Plattform ist die Lausitz, ein Teil davon liegt im Süden Brandenburgs. Um welche Projekte geht es dabei?

Freytag: Brandenburg hat in der ersten Arbeitsgruppensitzung im Februar in Brüssel insgesamt 13 Projekte präsentiert. Dazu zählt die Brandenburger Internationalisierungsinitiative MinGenTec (Mining & Generation Technology). Deren Ziel ist es, Lausitzer Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Kompetenzen und Technologien in neue Märkte zu bringen. Zudem wurde ein Vorhaben zur Entwicklung CO2-minimaler Wasserfahrzeuge und -plattformen vorgestellt. In ehemaligen Braunkohletagebauen der Lausitz sind mittlerweile zahlreiche Wasserflächen und Ufergelände entstanden – und damit ein besonderer Bedarf für neue Nutzungen. Das Lausitzer Seenland könnte ein Labor für die Entwicklung von Wasserstoff- und Elektrobooten sowie schwimmender Architektur werden. Der Energieträger Wasserstoff wurde darüber hinaus als neuer Rohstoff für die Transformation im Bereich Mobilität, Wärme, Speicher vorgestellt.

et: Regionalpolitik-Kommissarin Corina Cretu erklärte, es sei genug Geld für Projekte vorhanden, „es müsse nur abgerufen werden“. Um welchen Finanzierungsrahmen geht es, und wieviel wird Brandenburg abrufen? 

Freytag: Für das Land Brandenburg stehen etwa 845 Mio. € an EFRE- Mitteln in der Strukturfondsförderperiode 2014-2020 zur Verfügung. Diese Mittel müssen bis Ende 2023 ausgegeben werden. Wir befinden uns also in der Halbzeit. Die Gelder sind für Forschung, Entwicklung und Innovation, für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmern, für Vorhaben zur CO2-Minderung und für Maßnahmen der Stadt-Umland-Entwicklung in 16 ausgewählten Kooperationen vorgesehen. Bislang sind 39 % dieser EFRE-Mittel bewilligt.

et: Für das Industrieland Deutschland muss Systemsicherheit auch in Zukunft gegeben sein. Welche Rolle spielt die ostdeutsche Braunkohle dabei? 

Freytag: Durch den Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie bekommt die Braunkohle eine immer bedeutendere Rolle als System-dienstleister und besonders als Garant für die Versorgungssicherheit. Studien zeigen, dass nach dem Ausstieg aus der Kernenergie die gesicherte Leistung in den maximalen Lastzeiten knapp sein wird. Ein weiteres Reduzieren der gesicherten Leistungen kann derzeit noch nicht anderweitig kompensiert werden. Leider verlassen sich unsere Nachbarländer derzeit auf Deutschland, gerade in den kalten Monaten. Aber es ist dort auch kalt oder dunkel, wenn es bei uns kalt und dunkel ist.  

et: Der Wandel hin zu mehr sauberer Energie erstreckt sich in Europa bis 2050 über Jahrzehnte, in Deutschland hat man es schon eiliger, siehe Kohleausstiegsdiskussion. Welche deutschen Klimaziele sind überhaupt „parisrelevant“ und rechtlich bindend?   

Freytag: Deutschland hat sich zu dem in Paris beschlossenen Klimaschutzziel bekannt. Das schlägt sich auch in dem von der Bundesregierung im November 2016 beschlossenen Klimaschutzplan 2050 nieder. Zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele, die im Einklang mit dem Pariser Abkommen stehen, sind die Handlungsfelder Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr sowie Land- und Forstwirtschaft definiert. Die von Deutschland gesteckten Klimaziele liegen zum Teil über den Zielen, zu denen sich die EU insgesamt verpflichtet hat. Weil wir der bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Mitgliedstaat der EU sind, sieht sich Deutschland seiner Vorreiterrolle verpflichtet.

et:  Inwiefern ist das Revierkonzept für die Lausitz „pariskompatibel“?   

Freytag: Die ostdeutsche Braunkohle hat bereits sehr stark zu den Einsparungen der CO2-Emissionen beigetragen. Wir sind mehr als kompatibel zu den europäischen Klimazielen, die wir über das ETS sicher erreichen werden. Nicht die Lausitz muss „liefern“, sondern Deutschland insgesamt. 

et: Herr Dr. Freytag, vielen Dank für das Interview.

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„et“-Redaktion
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