Externe Effekte auch bei Erneuerbaren berücksichtigen

Um das Ausmaß der externen Effekte abschätzen zu können, muss man sich zunächst klarmachen, in welchem Umfang der Ausbau der Windkraft vonstattengehen soll, wenn es nach dem Klimaschutzplan der Bundesregierung geht. Gegenwärtig haben wir in Deutschland ca. 28.000 WKA installiert. Die produzierten 2016 laut Umwelt-bundesamt 2,1% unseres Primärenergieeinsatzes. Das ist nicht viel. Dazu kommt, dass Windstrom nur dann Sinn macht, wenn er gespeichert wird. Das aber führt dazu, dass der Wirkungsgrad einer WKA erschreckend niedrig ausfällt. Deshalb müsste ein hohes Vielfaches der bisher installierten Leistung dazu kommen, um die Ziele der Bundesregierung zu erreichen. Der Kostendruck, der seit dem EEG 2017 ausgeübt wird, hat zur Folge, dass nur noch WKA rentabel betrieben werden können, die mindestens 160 m Narbenhöhe und 100 m Rotordurchmesser aufweisen. Der angestrebte Zubau an Windkraft wird deshalb in Zukunft nur noch Anlagen errichten, die höher als 200 m sind – Untergrenze. Da es sehr viele WKA sein sollen, wird im Prinzip kein Standort vor ihnen sicher sein. In Deutschland werden flächendeckend große Windparks mit riesigen Anlagen in enger Nachbarschaft zu Wohngebieten entstehen, wenn der deutsche Klimaschutzplan umgesetzt wird. 

Die damit einhergehenden externen Effekte sind massiv. Überall dort, wo bereits Natur- und Kulturlandschaften durch Windkraft stark angegriffen wurden, sind die Proteste dagegen am stärksten. Die Menschen empfinden die Eingriffe in die Landschaft als Zerstörung ihrer Heimat. Das geht unmittelbar mit hohen Vermögensverlusten einher. Die sind schwer zu verifizieren, denn Häuserpreise kann man nur beobachten, wenn Häuser veräußert werden. Werden Häuser durch Windkraft-anlagen unverkäuflich oder ließen sie sich nur noch zu Preisen verkaufen, die für die Besitzer nicht ausreichen, sich woanders eine neue Existenz zu errichten, kommt es nicht zum Verkauf und der Preisverfall wird nicht sichtbar.

Und schließlich sind die gesundheitlichen Einschränkungen externe Effekte, die durch Schallemissionen und durch Infraschall entstehen. Es gibt Hinweise darauf, dass Infraschall gesundheitliche Folgen haben kann. Genau weiß man es nicht, denn das Phänomen ist noch nicht gut erforscht. Die Politik sieht keinen Anlass, daran etwas zu ändern. Vielmehr wird die magere Studienlage dazu benutzt, zu behaupten, dass es keinen verlässlichen Nachweis dafür gäbe, dass Infraschall gesundheitliche Beschwerden verursache. Sich diesem Problem nicht zu widmen ist ein Skandal, der nur deshalb geschehen kann, weil es keine kritische Öffentlichkeit bei diesem Thema gibt. Man stelle sich vor, ein Politiker würde die Gefahren der Atomkraft mit der Bemerkung herunterspielen, man könne Strahlung ja weder sehen noch riechen und außerdem gäbe es ja bisher auch noch keine Strahlenopfer in Deutschland. Der Aufschrei wäre gewaltig. Im Hinblick auf die gesundheitlichen Risiken der Windkraft wird auf genau diesem Niveau argumentiert – nur der Aufschrei bleibt leider aus.

Aber es bleibt ja noch der Hinweis, dass die Windkraft schließlich den Klimawandel bekämpfen hilft und deshalb „gut“ ist. Leider stimmt auch dieses Argument nicht.  Das einzige Instrument, das in Europa tatsächlich zu massiven Rückgängen der CO2-Emissionen geführt hat, ist der Europäische Emissionshandel. Mit ihm reguliert die EU sehr erfolgreich den europäischen Energiesektor. Das hat ganz nebenbei allerdings den Effekt, dass nationale Klimapolitik in diesem Sektor nichts an den CO2-Emissionen ändern kann, weil deren Umfang ausschließlich durch den CAP fixiert wird, der im Rahmen des Emissions-handels festgelegt wurde und der planmäßig reduziert wird. Alles, was wir durch Wind- und Sonnenenergie in Deutschland mehr und früher einsparen, wird in anderen Ländern der EU später und weniger eingespart. Die jüngst beschlossene Reform des Emissionshandels macht dieses Argument noch stärker, denn sie wird dazu führen, dass die CO2-Preise steigen. Mit Hinweis auf die niedrigen Preise ließ sich bisher der Emissionshandel erfolgreich diskreditieren, obwohl er seine Funktion natürlich auch bei niedrigen Preisen erfüllt. Windkraft verursacht externe Effekte und hohe Stromkosten, aber sie reduziert den CO2-Ausstoß in Europa nicht. Im Hinblick auf den Klimawandel wäre eine Erweiterung des Emissionshandels die deutlich bessere und rationalere Strategie.

Drohender Vertrauensverlust der Medien

Den Menschen, die sich in den Bürgerinitiativen engagieren, werden solche Zusammenhänge häufig bewusst, weil die persönliche Betroffenheit sie dazu bringt, sich mit den Dingen intensiv zu befassen. Plötzlich lohnt sich die Beschaffung von Informationen. Das verändert die Situation grundlegend. Nicht ausschließlich zum Besseren, denn die Betroffenheit führt dazu, dass neue Informationsfilter wirksam werden. Beispielsweise nehmen die Mitglieder von AWK-Bürger-initiativen besonders leicht Informationen auf, die behaupten, der Klimawandel sei gar nicht vom Menschen verursacht. Die Bereitschaft, das zu glauben, entsteht nicht zuletzt aus dem Misstrauen, dass sie den konventionellen Medien entgegenbringen, weil sie gelernt habe, dass diese ihnen wichtige Informationen vorenthalten haben. Je größer die AWK-Bewegung wird, je mehr Menschen werden ihr Vertrauen in die Berichterstattung verlieren. Neben allem anderen ist das vielleicht der größte Schaden, den es zu beklagen gilt, denn das berührt die Basis unserer Demokratie.

Joachim Weimann

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