Aufteilung der Emissionsbudgets fragwürdig

et: In der aktuellen klimapolitischen Diskussion ist von „fairen Emissionsbudgets“ für Länder, Sektoren oder Technologien die Rede. Inwieweit sind Emissionsbudgets ein tragfähiges Instrument der Klimapolitik?

Bettzüge: Globale Emissionsbudgets im Sinne der von Klimawissenschaftlern aus Zielen für Erwärmungsgrenzen rückgerechneter Höchstgrenzen des weltweiten CO2-Ausstoßes sind sicherlich sinnvoll und hilfreich. Die schematische Aufteilung eines solchen Budgets auf Länder oder einzelne Emittenten ist angesichts einer vernetzten, globalen Ökonomie allerdings durchaus fragwürdig. Interessanter wäre meiner Ansicht nach die Überlegung, wie das globale Budget, das ja letztlich auch ein Ressourcen-Budget ist, auf die einzelnen Energieträger und deren Produzenten aufgeteilt werden sollte.

Wie die Ziele im Non-ETS-Bereich erreichen?

et: Im ETS-Bereich werden die Ziele per System erreicht, in den Nicht-ETS-Sektoren ist das mehr als fraglich – auch für 2030. Gibt es Signale über die drohende EU-Strafzahlungen hinaus, die der deutschen Politik den Weg weisen könnten? 

Bettzüge: Prinzipiell ja, das hängt aber von der Treibhausgasminderungs-Situation in der gesamten EU ab. Solange die EU auf einem guten Weg zu ihrem Minderungsziel ist, was auch von der wirtschaftlichen Situation der einzelnen Mitgliedstaaten abhängt, besteht immer die Möglichkeit, Emissionsberechtigungen von anderen Staaten zu erwerben. Solange die Mehr-Emission in Deutschland an anderer Stelle kompensiert werden kann, wird also diesbezüglich nur ein begrenzter Druck entstehen. Ein Nichterreichen der Ziele auf Ebene der gesamten EU würde hingegen den Druck spürbar erhöhen. Allerdings wäre es in einem solchen Fall auch vorstellbar, dass die EU dann auch die Regeln für die Pönalisierung ändert – Regeltreue ist ja in den letzten 15 Jahren nicht unbedingt ein charakteristisches Merkmal der Europäischen Union gewesen.

et: Ist aus ökonomischer Sicht die stärkere Einbindung der Bürger in den Non-ETS-Bereichen wie Verkehr und Heizung denkbar?  

Bettzüge: Die Politik scheut sich davor, anzuerkennen, dass sie die selbst gesteckten Ziele nur über eine Verteuerung von Energie erreichen kann. Stattdessen konzentriert sie sich lieber auf angebotsorientierte Subventionen, Verbote und Abschaltungen. Meiner Ansicht nach wird es aber ohne die Belastung der Nachfrage nicht gehen. Die Politik wird hier um eine unbequeme Nachricht nicht herumkommen: Entweder wird man im Jahr 2030 feststellen, dass man die Ziele wieder einmal verfehlt haben wird, oder man hat bis dahin fossile Energieträger für alle Verbrauchergruppen deutlich verteuert.

et: Herr Prof. Bettzüge, vielen Dank für das Interview.

Beitrag als PDF downloaden


Aktuelle Zukunftsfragen Archiv Zukunftsfragen

„et“-Redaktion
3 / 3

Ähnliche Beiträge