Symbolbild zum Thema Die Anschärfung der EU-2030-Klimaziele und Implikationen für Deutschland

Die Verschärfung der EU-Klimaziele muss jetzt diskutiert und politisch verhandelt werden (Bild: Adobe Stock)

Der Artikel skizziert die quantitativen Konsequenzen unterschiedlicher Aufteilungen einer EU 2030-Klimazieleverschärfung zwischen ETS- und non-ETS Sektoren, mögliche resultierende Druckpunkte und potenzielle Ventile zur Entlastung. Dabei werden Herausforderungen des Erreichens ambitionierter Klimaziele bis 2030 sichtbar.

Positionspapiere wie das der CDU/CSU-Bundestagsfraktion [1] zeigen, dass die Umsetzung einer Anhebung des Treibhausgasemissionsziels der EU für 2030 mit vielen offenen Fragen und erheblichen Kontroversen verbunden ist. Insbesondere wird deutlich, dass die Debatte darüber nicht unabhängig von den Instrumenten und deren Verteilungswirkungen geführt werden kann. Die EU-Kommission wird im Herbst zwar eine Folgenabschätzung vorlegen, doch darin sollen Instrumente nicht thematisiert werden. Daher ist es umso wichtiger, schon jetzt die grundsätzlichen Optionen zur Instrumentierung des Green Deal zu explorieren. Denn die Gesamtsituation ist komplex und nur schwer durchschaubar. Das betrifft die Instrumente auf europäischer Ebene, aber auch deren Auswirkungen speziell auf Deutschland – sowohl im Hinblick auf nationale Klimaziele, als auch auf nationale Instrumente.

Vor diesem Hintergrund stellt dieser Artikel dar, zu welchen ökonomischen und politischen (Handlungs-)Druckpunkten unterschiedliche Ambitionserhöhungen in den Sektoren des EU-Emissionshandels (ETS) und den non-ETS-Sektoren führen. Dies erfolgt auf Basis von zwei Szenarien zur Verteilung der zusätzlichen Minderungen zwischen ETS- und non-ETS-Sektoren: (1) gleiche Lastenverteilung wie bisher, (2) höhere Ambition nur im ETS.

Aufteilung der zusätzlichen Ambition auf ETS und non-ETS

Um die durch eine Ambitionserhöhung entstehenden kritischen ökonomischen und politischen Druckpunkte zu identifizieren, ist es in einem ersten Schritt hilfreich, die impliziten Ziele (T) bzw. Emissionen (E) für die EU und Deutschland im Jahr 2030 zu quantifizieren. Das derzeitige Emissionsreduktionsziel für die gesamte EU (TGES) beträgt 40 % gegenüber 1990. Die sektorale Aufteilung ist dabei wie folgt: Das Minderungsziel für die ETS-Sektoren (TETS) beträgt 43 %, für die non-ETS-Sektoren (Tnon-ETS) 30 %. Diese beiden sektoralen Ziele beziehen sich jedoch auf das Basisjahr 2005, in dem die Gesamtemissionen 359 Mt geringer waren als im Jahr 1990 [2]. Dies wird in den folgenden Berechnungen berücksichtigt.

Wenn das EU-weite Ziel auf 50 % bzw. 55 % (gegenüber 1990) angehoben wird (TGES), kann die Aufteilung der zusätzlich notwendigen Emissionsreduktionen auf die beiden Sektoren auf unterschiedliche Weise erfolgen. Wir betrachten daher im Folgenden zwei illustrative Szenarien. Im ersten Szenario („Anteile konstant“) bleiben die relativen Anteile (θi) an der Emissionsreduktion in beiden Bereichen konstant. Aktuell belaufen sich diese Anteile auf 46 % (θnon-ETS) bzw. 54 % (θETS) [3]. Im zweiten Szenario („nur ETS“) bleiben die non-ETS Ziele unverändert; die komplette zusätzliche Reduktion erfolgt in den ETS-Sektoren. Die Anteile für die zusätzlichen Reduktionen sind dann entsprechend 0 % (θnon-ETS) und 100 % (θETS). Die entsprechenden Sektorziele [4] auf EU-Ebene sind in der zweiten und dritten Spalte der Tabelle aufgeführt.

Die sich daraus ergebenden Ziele bzw. Emissionen für Deutschland (siehe Tab, Spalten 4 und 5) müssen für die ETS- und non-ETS-Sektoren unterschiedlich berechnet werden. Das bisherige deutsche non-ETS-Ziel (38 % gegenüber 2005) wurde im Rahmen der europäischen Lastenteilung politisch vereinbart. Damit erbringt Deutschland rund 21 % der EU-weiten Emissionsreduktionen zum Erreichen des non-ETS Ziels (30 %). Geht man davon aus, dass dieser Anteil erhalten bleibt, so impliziert eine Erhöhung des EU-weiten non-ETS-Ziels von 30 % auf 39 % (Szenario „Anteile konstant“) eine Erhöhung des deutschen Ziels von 38 % auf 50 %, bezogen auf 2005.

Für die ETS-Sektoren hingegen gibt es kein explizites deutsches Ziel. Die Vermeidung erfolgt marktbasiert und muss mit geeigneten numerischen Modellen berechnet werden. Dafür greifen wir auf Ergebnisse einer aktuellen Analyse mit dem Modell LIMES-EU zurück [5]. Das Modell umfasst alle Sektoren des EU-ETS außer den Luftverkehr und simuliert die Löschungen von Zertifikaten aus der Marktstabilitätsreserve (MSR) endogen [6]. Für die Berechnungen wird angenommen, dass der lineare Reduktionsfaktor im Jahr 2024 entsprechend dem 2030-Ziel angepasst wird.

Die Ergebnisse haben zwei Implikationen, die hier nur kurz thematisiert werden können. Erstens stellt sich die Frage, welche Aufteilung zwischen ETS und non-ETS kosteneffizient wäre. Erste Analysen mit dem Modell TIMES PanEU [7] legen nahe, dass ggf. sogar höhere Ambitionen in den non-ETS-Sektoren ökonomisch sinnvoll wären. Zweitens, die deutlich höheren ETS-Preise vor allem im Szenario „nur ETS“ würde die Kohleverstromung in Deutschland schneller als bisher angenommen reduzieren. Dies könnte das Kohleausstiegsgesetz perspektivisch zu einem Backstop-Mechanismus umfunktionieren [8].

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