Die allgemeine und die spezielle Redundanz nationaler Klimapolitik

Emissionshandel - Höchstmengen und tatsächliche Emissionen

Abb. 1: Höchstmengen und tatsächliche Emissionen im European Emission Trading System. (Quelle: [5], eigene Berechnungen)

Wenn der Emissionshandel funktioniert, dann ist mit ihm jedes Vermeidungsziel kosteneffizient erreichbar. Aufgrund der Kosteneffizienz gilt, dass jedes weitere klimapolitische Instrument, das zum Einsatz kommt, die Kosten der Vermeidung nur erhöhen kann. Deshalb sind weitere Maßnahmen nicht nur überflüssig, sondern schädlich, weil sie die Vermeidungskosten unnötig erhöhen. Beispielsweise kostet die Vermeidung von CO2 mittels in Deutschland installierter Photovoltaik etwa 415 € pro t [2]. Das sind mehr als 1.500 % des Preises, der gegenwärtig für 1 t Vermeidung im Emissionshandelssektor zu zahlen ist.

Zu dieser allgemeinen Redundanz nationaler Klimapolitik kommt eine spezielle Redundanz, die dann vorliegt, wenn die Höchstmenge im Emissionshandel eine bindende Restriktion ist. Führt in diesem Fall nationale Politik dazu, dass in den nationalen Grenzen CO2 eingespart wird, dann reduziert das nicht die Gesamtmenge an Emissionsrechten, und die dann national nicht mehr benötigten Rechte werden am Markt veräußert und in anderen Ländern ausgeübt. Die Emission wird innerhalb Europas nur verschoben, nicht wirklich eingespart.

Es dürfte klar sein, dass die zuletzt genannte Redundanz für die Befürworter des EEG wirklich sehr störend ist. Denn sie läuft darauf hinaus, dass alle Aufwendungen, die wir für die Erneuerbaren leisten (allein 25 Mrd. € Einspeisevergütung jährlich), vollständig verschwendet sind. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die 2017 und 2018 beschlossene Reform des Emissionshandels so abgelaufen ist, wie sie ablief.

Preis und Mengen

Die Reformen, die bis 2017 durchgeführt wurden, waren im Hinblick auf den Preis weitgehend wirkungslos. Die Verschiebung der Versteigerung von 900 Mio. t CO2 in den Jahren 2014 bis 2015 (Backloading) hatte ebenso nur einen schwachen Effekt, wie der Beschluss, die 900 Mio. t CO2 doch nicht wie ursprünglich vorgesehen in 2019 zu versteigern, sondern in eine Marktstabilisierungsreserve zu überführen. Die Preise bewegten sich im gesamten Zeitraum von 2013 bis 2017 im Intervall zwischen 5 und 8 €. Erst mit der Reform 2018 kam es zu einem sprunghaften Anstieg auf etwa 20 €.

Abb. 1 zeigt, wie sich die Emissionshöchstmenge und die tatsächlichen Emissionen im Emissionshandelssektor entwickelt haben. Man kann sehr viel aus diesem Bild herauslesen – nur kein Versagen des Emissionshandels. Seit 2009 sind von den ausgegebenen Emissionsrechten (blaue Linie) längst nicht alle in Anspruch genommen worden (grüne Balken). Die Differenz zwischen den beiden Größen wird als Überschuss bezeichnet. Was sind die Gründe dafür, dass der Emissionshandel sein Ziel bisher stark übererfüllt hat und weit mehr Emissionen eingespart wurden, als nötig gewesen wären, um den Cap nicht zu überschreiten?

Ganz sicher ist, dass die nationale Klimapolitik Deutschlands nicht für die Überschussvermeidung im Emissionshandels verantwortlich ist. Wie Abb. 2 zeigt, sind in den 16 Jahren von 2000 bis 2016 die CO2-Emissionen im Energiesektor Deutschlands – also in dem Sektor, in dem das EEG ausschließlich wirksam ist – um gerade einmal 13 Mio. t gesunken. In den acht Jahren von 2008 bis 2016 belief sich die Reduktion im EHS (Emissionshandelssektor) auf 626 Mio. t Jahresemission.

Die Weltwirtschaftskrise hat fraglos die Nachfrage nach Emissionsrechten reduziert und die schlechte Konjunktur in den südlichen Mitgliedsländern wird ebenfalls einen Beitrag geleistet haben. Dazu kommt, dass CO2-Vermeidungsmaßnahmen sehr oft (0/1)-Entscheidungen sind. Das wichtigste Instrument, um CO2 zu reduzieren, dürfte gegenwärtig der Brennstoff-wechsel sein. Eine Großfeuerungsanlage kann man nicht graduell von Schweröl oder Kohle auf Gas umstellen. Stellt man auf Gas um, erzielt man eine sehr hohe CO2-Einsparung und so kann es passieren, dass die Vermeidungsmaßnahmen der Emittenten (in Erwartung steigender CO2-Preise durchgeführt) über das Ziel hinausschießen.

Aber warum ist angesichts des stetigen Überschusses der Preis nicht auf null gefallen? Die Mengenbegrenzung der Emissi-onen ist gegenwärtig keine bindende Restriktion im EHS. Aber langfristig wird sie bindend werden, weil die Obergrenze jährlich abgesenkt wird. Das antizipieren die Marktteilnehmer und kaufen Emissionsrechte auf Vorrat. Das ist der Grund, warum keine Rechte „auf dem Markt liegen geblieben sind“ und der Preis nicht auf Null sank. Edenhofer et al. [3] begrün-den ihre Forderung nach einem Mindestpreis für Emissionsrechte damit, dass die Marktteilnehmer sich angeblich myopisch verhalten und es deshalb dann, wenn die Obergrenze bindend wird, zu einem sprunghaften Preisanstieg kommt. Dieses Argument ist schwer nachzuvollziehen. Das Bevorratungsverhalten spricht eher dafür, dass sich die Emittenten sehr rational verhalten und dass es zu einem gleitenden Übergang kommen wird, in dessen Verlauf der Preis zwar steigen dürfte, aber keinesfalls sprunghaft. Der erhebliche Puffer, über den die Emittenten inzwischen verfügen, wird dies verhindern.

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