Aufmacher-Schmuckbild CO2-Grenzausgleichssystem

Es gilt, Chancen und Risiken eines CO2-Grenzausgleichssystems gegeneinander abzuwägen und in Kooperation mit internationalen Partnern gemeinsam ein schrittweises Vorgehen zu vereinbaren (Quelle: Adobe Stock)

Vorgelagerte Lieferketten von Produkten tragen erheblich zum Treibhausgasausstoß bei. Laut einer Erhebung der Boston Consulting Group (BCG) sind die Lieferketten von acht Bereichen für mehr als 50 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, darunter die Lebensmittelindustrie, das Baugewerbe, die Kleidungs- und Textilindustrie sowie der Elektroniksektor [1]. Etwa 40 % dieser Emissionen ließen sich durch bereits verfügbare Maßnahmen, wie den verstärkten Einsatz regenerativer Energien sowie verbesserte Material- und Prozesseffizienz, einsparen.

Importierte Waren verursachen über die Treibhausgasbilanz ihrer Herstellung und ihres Transports schätzungsweise ein Viertel der Emissionen aller in der EU verbrauchten oder verarbeiteten Güter (Abb. 1, nächste Seite) [2]. Die EU-Kommission hat deshalb den Vorschlag gemacht, Importe aus Drittstaaten in die Union künftig mit einem Preis zu belegen, der ihrem CO2-Gehalt entspricht. Diese als Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) oder auch CO2-Grenzausgleich bezeichnete Initiative ist Teil des europäischen Green Deal, den die Kommission im Dezember 2019 veröffentlichte. Im Rahmen des Fit-for-55-Pakets zur Umsetzung des Green Deal und zur Erreichung der Klimaziele legte sie im Juli 2021 einen konkreten Vorschlag für die Ausgestaltung eines solchen CBAM vor [3].

Ausdehnung des EU ETS auf Importe

Der vorgesehene CO2-Grenzausgleich zielt auf Treibhausgasemissionen ab, die den importierten Waren in die Union zugeschrieben werden. Dabei handelt es sich um sog. embedded emissions – also eingelagerte Emissionen, die bei der Produktion des jeweiligen Guts anfallen. Der vorgelegte CBAM-Entwurf der EU-Kommission sieht eine virtuelle Anbindung des CBAM an das europäische Emissionshandelssystem (Emissions Trading System, ETS) vor. Das EU ETS würde dabei nicht eins zu eins auf Importe übertragen, sondern ein fiktives ETS ohne Obergrenze eingeführt werden. Die Importe würden also nicht mit der heimischen Produktion um die gleiche begrenzte Menge an Zertifikaten konkurrieren. Der Grenzausgleich soll ab 2023 (zunächst nur als Meldesystem) bzw. 2026 (Erwerb von Zertifikaten verpflichtend) das bestehende ETS ergänzen, mit welchem die Treibhausgasemissionen innerhalb der EU reduziert werden sollen, indem der Zertifikatehandel auf die Einfuhren in die Union ausgedehnt wird.

Nach den Vorschlägen der Kommission soll sich der CBAM zunächst auf Waren mit besonders hohem CO2-Verlagerungsrisiko konzentrieren: Aluminium, Eisen und Stahl, Zement, Düngemittel und Strom. Es ist vorgesehen, dass Importeure, deren Waren unter das CBAM fallen, sich bei einer entsprechenden nationalen Behörde registrieren und sog. CBAM-Zertifikate erwerben. Der Zertifikatspreis in €/t ausgestoßenes CO2 soll dabei dem wöchentlichen Durchschnittspreis für Emissionszertifikate im Rahmen des EU ETS entsprechen. Unternehmen, die Waren in die EU einführen, sollen folglich Zertifikate erwerben, die dem CO2-Preis entsprechen, der gezahlt worden wäre, wenn die entsprechenden Güter nach den EU-Regeln für die Bepreisung von CO2-Emissionen hergestellt worden wären. Der Kommissionsentwurf sieht weiter vor, dass Importeure bis zu einem bestimmten Stichtag (aktuell der 31.05. des Folgejahres) eine CBAM-Erklärung abzugeben haben, in der sie Auskunft über die Menge der im Vorjahr eingeführten Waren sowie die Emissionen in den importierten Gütern geben. Sie werden dazu verpflichtet, Zertifikate in Höhe der Emissionen ihrer Waren einzureichen.

Importeure, die glaubhaft nachweisen können, dass bei der Produktion der eingeführten Güter bereits in einem Drittland ein CO2-Preis entrichtet wurde, sollen sich die Kosten laut Kommission voll anrechnen lassen können. Island, Liechtenstein und Norwegen wären aufgrund ihrer Teilnahme am ETS nicht vom CBAM betroffen. Das Gleiche gilt für die Schweiz, deren Emissionshandelssystem seit 2020 mit dem EU ETS verbunden ist.

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