CBAM als Schutz vor Carbon Leakage

Die Top20 weltweiter CO2-Exportströme (in Mio. t. CO2, 2015): Die EU importiert erhebliche Mengen an CO2-intensiven Gütern

Abb. 1: Die Top20 weltweiter CO2-Exportströme (in Mio. t. CO2, 2015): Die EU importiert erhebliche Mengen an CO2-intensiven Gütern (Quelle: World Economic Forum/Boston Consulting Group (BCG))

Abb. 2 CO2-Emissionen verschiedener Produkte entlang der Wertschöpfungskette

Abb. 2 CO2-Emissionen verschiedener Produkte entlang der Wertschöpfungskette (Quelle: Boston Consulting Group (BCG))

Der EU-CBAM könnte zu einem Kernstück der europäischen Klima- und Energiepolitik werden, weil er Treibhausgasemissionen senken und gleichzeitig vor sog. Carbon Leakage schützen kann. Von Letzterem spricht man, wenn die Senkung des CO2-Ausstoßs im Inland zu höheren Emissionen im Ausland führt. Carbon Leakage kann daraus resultieren, dass Unternehmen oder Industriezweige mit hohen CO2-Emissionen ihre Produktion in Länder mit weniger strengen Reduktionsvorgaben verlagern. Die globalen Emissionen werden in der Folge nicht verringert, sondern der Ausstoß lediglich räumlich verlagert. Das von der EU geplante CO2-Grenzausgleichssystem soll europäische Hersteller mit höheren CO2-Vermeidungskosten vor kostengünstigeren Importen aus Drittstaaten ohne oder mit geringerem CO2-Preis schützen.

Das Carbon Leakage-Risiko wird bislang dadurch begrenzt, dass Industrien, die tendenziell besonders stark von Emissionsverlagerungen betroffen sind, im Rahmen des EU ETS entsprechend des technischen Standards ihrer Anlage im Vergleich zu einem Benchmark Zertifikate frei zugeteilt bekommen. Das ETS reguliert den Treibhausgasausstoß von ca. 11.000 Anlagen in der EU sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz über ein Cap-and-Trade-System. Die Union definiert dabei Obergrenzen für das Gesamtvolumen der Emissionen bestimmter Treibhausgasemissionen, die von Anlagen, die unter das Emissionshandelssystem fallen, emittiert werden dürfen. Für jede Tonne ausgestoßenes Treibhausgas müssen Unternehmen ein Zertifikat erwerben. Die Menge der verfügbaren Zertifikate wird in der 4. Handelsperiode von 2021 bis 2030 jährlich um 2,2 % reduziert.

Ab 2026 soll die Menge der kostenlosen Zuteilung jedoch zugunsten der zu versteigernden Zertifikate schrittweise reduziert werden. Gleichzeitig erleben die Zertifikatepreise seit Monaten einen Aufwärtstrend. Am 01.10.2021 betrug der Spotmarktpreis für die an der Energiebörse European Energy Exchange (EEX) gehandelten Emissionszertifikate über 60 €/t. Steigende Emissionskosten benachteiligen Unternehmen am EU-Standort gegenüber Konkurrenten in Drittländern ohne oder mit geringeren Klimavorgaben. Das Abwanderungsrisiko erhöht sich folglich. Der geplante CBAM zielt darauf ab, die Wettbewerbsbedingungen für europäische und ausländische Produzenten anzugleichen.

Herausforderungen bei der Implementierung

In der Praxis ist die Umsetzung eines EU-CBAM mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, etwa beim Erfassen und bei der Kontrolle der Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (Abb. 2). Der Vorschlag der EU-Kommission sieht aktuell nur die Erfassung sog. grauer Emissionen vor. Damit sind „während der Warenherstellung freigesetzte direkte Emissionen“ [4] gemeint. Für deren Berechnung sieht der Verordnungsentwurf der Kommission genaue Methoden vor. So werden die grauen Emissionen von Waren auf der Grundlage der tatsächlichen Emissionen bei der Produktion nach festgelegten Verfahren ermittelt. Wenn die tatsächlichen Emissionen nicht hinlänglich berechnet werden können, wird der Ausstoß anhand von Standardwerten ermittelt. Bei der Einfuhr von Elektrizität werden zur Berechnung der Emissionen generell Standardwerte genutzt, soweit der Importeur nicht für eine Berechnung der tatsächlichen Emissionen optiert. Die durch den Einführer angegebenen Emissionen sind durch einen akkreditierten Prüfer zu verifizieren.

Würde der Vorschlag der EU-Kommission umgesetzt, so würden betroffene Unternehmen vor einer Herausforderung stehen. Das Erfassen und Prüfen der in den Produkten eingelagerten Emissionen ist komplex und mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Für die einführenden Unternehmen würden für die Ermittlung der Emissionen und das Liefern entsprechender Nachweise zusätzliche Kosten anfallen. Die Kommission erwägt zudem die Ausweitung des CBAM auf indirekte Emissionen aus der Generierung von Elektrizität, Wärme und Kälte, welche während des Herstellungsprozesses genutzt werden.

Darüber hinaus besteht das Risiko des sog. Reshuffling von Emissionen. Damit ist gemeint, dass Importeure Produkte mit einem geringen CO2-Abdruck in die EU einführen, während sie in andere Weltregionen weiterhin CO2-intensive Waren und Güter exportieren. Ein Land könnte etwa ein Produkt, das in Anlage A CO2-arm produziert wurde – z. B. durch die Nutzung von erneuerbarem Strom – in die EU exportieren, während das gleiche Produkt, das in Anlage B weiterhin unter hohem Treibhausgasausstoß hergestellt wurde, in andere Staaten ohne CBAM verkauft wird. Global gesehen würden die bei der Herstellung des Produkts freigesetzten Emissionen damit nicht reduziert, sondern nur umverteilt.

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