Speicherbedarf vs. Stromüberschuss

Eine Reihe von Studien befasst sich mit der Gegenüberstellung prognostizierter Stromerzeugungs- und Lastzeitreihen für den Zeithorizont bis 2050, um eine Abwägung zwischen konventioneller und regenerativer Stromerzeugung sowie induzierter Speicherkapazitäten und Flexibilitätsmaßnahmen zu ermöglichen. Deren Ergebnisse sind allerdings mit Unsicherheit behaftet, weshalb sich die in diesem Beitrag zugrundeliegende Studie historischer Zeitreihen aus Datenpunkten in 15-minütigen Zeitschritten bedient. 

Mittels Optimierung und einer umfangreichen Datenbank an Kosten- und Emissionskennzahlen lassen sich je nach Randbedingungen energetisch sinnvolle, sprich Stromüberschüsse minimierende, Energiesysteme modellieren. Im hier vorgestellten Szenario beinhaltet die Strombereitstellung entsprechend der Zielvorgabe der Bundesregierung einen 80-prozentigen EE-Anteil am Bruttostromverbrauch, während aufgrund des politisch gewünschten Kohle- und Kernenergieausstiegs die Residuallast ausschließlich über flexible Gaskraftwerke gedeckt wird. Stromaußenhandel und Lastmanagementmaßnahmen bleiben unberücksichtigt.

Werden für 2050 vergleichbare Windverhältnisse und Sonnenstunden wie 2017 angenommen, wäre nur eine leichte Anhebung der Stromerzeugung aus Onshore-Windkraftanlagen notwendig, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Dagegen sieht das Szenario eine deutliche Erhöhung der Stromerzeugung aus Windenergie auf See und Solarenergie vor. Demnach stiege die Gesamtzahl erforderlicher Offshore-Anlagen in Nord- und Ostsee von derzeit 950 [4] auf ca. 5.300. Zusätzlich wäre für Photovoltaik eine Fläche von etwa 140.000 Fußballfeldern nötig. Im Gegenzug könnten die jährlichen THG-Emissionen der Elektrizitätswirtschaft trotz Umweltwirkungen, die bei der Herstellung der zusätzlichen Stromerzeuger anfielen, um rund 74 % (ca. 225 Mio. t) gesenkt werden. Die unerwünschten Nebenwirkungen des EE-Ausbaus offenbaren sich in einem deutlichen Anstieg der jährlichen Kosten der Stromgestehung um etwa 15 Mrd. €. Gleichzeitig entsteht ein regenerativ erzeugter Stromüberschuss von etwa 50 
TWh, der einer energetisch sinnvollen Verwertung zugeführt werden muss, um eine Abregelung der Anlagen zu vermeiden.

Alternativ ließe sich der Stromüberschuss speichern und damit zu einem späteren Zeitpunkt nutzbar machen, schließlich legt das Energiekonzept der Bundesregierung ein besonderes Augenmerk auf die Weiterentwicklung innovativer Speichertechnologien. Notwendig wären allerdings Investitionen in Batteriespeicherkraftwerke mit einer Kapazität von 2 bis 3 TWh, wodurch die Wirtschaftlichkeit der Energiewende nicht mehr gegeben wäre. Unter Annahme einer Laufzeit von 20 Jahren und einer fiktiven Speicherumlage auf den Haushaltsstrompreis stiege die monat- liche Stromrechnung eines Durchschnittshaushalts von derzeit 85 € auf 150 €. Darüber hinaus würde allein die Herstellung der Batteriespeicher den CO2-Fußabdruck des künftigen Energiesystems derart verschlechtern, dass sich der positive Effekt einer weiteren Minimierung konventioneller Stromerzeugung ins Gegenteil verkehrt. Das Optimum liegt daher in einem Mix aus Speicherung einerseits und Verwertung der Stromüberschüsse im Wärme- und Verkehrsbereich andererseits.

Optimale Dämmstärke für mehr Gebäudedämmung

Über 80 % des Energieverbrauchs privater Haushalte fällt durch die Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser an, die überwiegend durch fossile Brennstoffe wie Gas und Öl erfolgt [2]. Durch den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen, die zusammen mit solarthermischen Anlagen in ca. 30 % der nach Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung errichteten Wohngebäude zu finden sind [7], rückt auch der Energieträger Strom in den Fokus des Wärmesektors, zumal dieser in Zukunft überschüssig aus regenerativen Quellen erzeugt werden könnte. Da diese Überschüsse meist in den Sommermonaten außerhalb der Heizperiode auftreten, wären thermische Speicherlösungen notwendig, die eine ähnlich elementare Kostensteigerung wie im Stromsektor zur Folge hätten. Ohnehin sollte der Fokus der Wärmewende in erster Linie auf der Ertüchtigung des Wohngebäudebestands liegen, denn über 90 % aller Wohnbauten wurden vor Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV) errichtet. Hier dominieren wiederum öl- und gasbefeuerte Wärmeerzeuger [7].

Vor dem Hintergrund des hohen Energiebedarfs zur Wärmebereitstellung unterliegen die Anforderungen an die energetische Quali- tät der Gebäudehülle einer fortwährenden Verschärfung. Um den aktuellen EnEV-Anforderungen für Neubauten zu entsprechen, ist beispielsweise eine 20 cm dicke Außendämmung aus Mineralwolle vorzusehen. Eine flächendeckende Sanierung sämtlicher Altbauten mit einer 10 cm starken Außendämmung würde dagegen bei vertretbarem finanziellen Aufwand bereits zu einer Emissionsreduktion von 10-15 % führen [8].

Aus ökonomischer Sicht zeigt sich die Unvorteilhaftigkeit großer Dämmstärken insbesondere an ihrer Amortisationszeit: Während eine 20 cm starke Dämmung knapp 25 Jahre bis zum Return-on-Investment benötigt, amortisieren sich größere Dämmstärken gegebenenfalls nicht mehr vollständig innerhalb ihrer Nutzungsdauer. Darüber hinaus existiert bei der Altbausanierung eine Reihe praktischer Hürden, z. B. im Bereich des Denkmalschutzes. Im Zusammenhang mit Mieterhöhungen nach erfolgter energetischer Sanierung wird die Problematik um eine soziale Komponente ergänzt, die im Sinne der Nachhaltigkeit gleichermaßen zu berücksichtigen ist.

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