MaBiS, quo vadis?

Versorgungssicherheit: Abb. 6: Bandbreite von verwendeten Haushaltsprofilen am Beispiel eines Werktags im Winter

Abb. 6: Bandbreite von verwendeten Haushaltsprofilen am Beispiel eines Werktags im Winter (Bildquelle: BET)

Standardlastprofile im Bilanzierungsverfahren wird es auch nach dem Rollout geben müssen, weil sie die Handlungsfreiheit im Wettbewerb durch verringerte Prognoseaufwände für Lieferanten immens stärken. Die in den neuen Regelungen vorgesehene Berücksichtigung der Zeitreihen von iMSys in der Bilanzierung wird eine wesentliche Einflussgröße auf die Bilanzierungsqualität darstellen. Die Erweiterung der Bilanzierung auf Basis von gemessenen Werten durch ZSG-Messung führt unweigerlich zu einer Risikoverlagerung auf die Lieferanten und wirkt eher hemmend auf den Wettbewerb, da sich Prognoseaufwand und Ausgleichsenergiekosten signifikant erhöhen.

Durch den Einsatz von iMSys auf Basis der ZSG werden bisherige Kunden mit Standardlastprofilen zu gemessenen Kunden und verringern die SLP-Restlast, welche die Zielgröße der SLP-Bilanzierung der Netzbetreiber ist. Wenn nach der Rollout-Planung zunächst die großen SLP-Gewerbekunden mit iMSys ausgestattet werden sollen, wird die Repräsentativität der weiterverwendeten Gewerbe-Lastprofile aufgrund fehlender Durchmischung immer geringer und die Qualität der dauerhaft verbleibenden Haushalts-Lastprofile d. h. mit jährlichen Verbräuchen kleiner 6.000 kWh immer entscheidender (Abb. 6).

Eine Lösungsmöglichkeit für diese Bedrängnis auf Seiten der Lieferanten sowie der Netzbetreiber könnte bspw. eine Verwendung von Referenzprofilen aus repräsentativen ZSG-Messungen sein. Eine weitere Lösungsmöglichkeit wäre die Ausweitung des sog. „Wahlrechts von Lieferanten zum Bilanzierungsverfahren“ mindestens auf die Einbaugruppen Letztverbraucher mit bis zu 50 MWh/Jahr. Der lokale Netzbetreiber bleibt prädestiniert für die Vorhaltung von aktuellen Profilen aufgrund vorliegender Verbrauchsinformationen „seiner“ Netzkunden sowie des netzindividuellen Verbrauchs-, Prosumer- und Erzeugungsmixes. Zudem trägt er die wirtschaftlichen Risiken seiner Netzbilanzierung und führt eine Korrekturabrechnung mit Mehr- und Mindermengen durch.

Oder ist eine generelle Umstellung von Standardlastprofilen auf temperaturabhängige Profile z. B. für Haushaltskunden zu präferieren, um die spürbaren Effekte des Klimawandels genauer abzubilden? Diese Entscheidung würde natürlich nicht nur die Prozessaufwände erhöhen und müsste zunächst einer Kosten-Nutzen-Analyse standhalten.

Letztlich werden die Beschaffungskosten der Differenzmengen, die zwangsläufig im MaBiS-Bilanzierungsprozess entstehen, nur mit einer guten Prognose dieser Mengen risikominimierend in den Griff zu bekommen sein. Sofern jedoch die täglichen Bilanzierungsgebietssummenzeitreihen (BGSZR) der ÜNB unverarbeitet bleiben, wird dies die Prognose der Differenzzeitreihe für eine Bewirtschaftung verschlechtern. Die nicht vorgesehene ebenenscharfe Bereitstellung der BGSZR für eine Netzverlustberechnung geht noch einen Schritt weiter. Dies alles steht im Widerspruch zu den Anforderungen des BNetzA-Maßnahmenpaketes zur Stärkung der Bilanzkreistreue vom Dezember 2019.

S. Kutzner, Projekt-Manager, Kompetenzteam IT & Datenmanagement, BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH, Aachen Simon.Kutzner@bet-energie.de

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