Der Ausbau der Elektromobilität und fluktuierender erneuerbarer Energien stellt das Stromsystem vor Herausforderungen (Quelle: Adobe Stock)
In einem dreijährigen Forschungsprojekt wurde untersucht, wie das Zusammenspiel von unterschiedlichen Einsteckverhalten und Ladevorgängen verschiedene Flexibilitätsziele erreichen kann. Dieser Artikel zeigt Trade-offs zwischen diesen Zielen auf und identifiziert besonders vorteilhafte Ladestrategien – je nach Eigenschaften der Netzgebiete.
Systemdienliche Integration von Elektroautos
Die zunehmende Diffusion von Elektroautos (EVs) und der sich erhöhende Anteil an variablen erneuerbaren Energien führen zu Herausforderungen im Stromsystem. Während das ungesteuerte Laden von Elektroautos mehr Netzausbau erfordern könnte, da es u.a. die Lastspitze erhöhen kann, kann gesteuertes Laden Flexibilitätsdienste für das Stromsystem bereitstellen. Flexibilität ist die Änderung des Stromangebots oder der -nachfrage, z.B. im Fall von EVs die zeitliche oder räumliche Verschiebung der Stromnachfrage. Die Menge an benötigter Flexibilität im Stromnetz wird in Zukunft deutlich ansteigen. Beispielsweise rechnet die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem „Announced Pledges Szenario“ mit einer knappen Vervierfachung der globalen Flexibilitätsanforderungen [1].
EVs können hier eine zentrale Rolle spielen. So kann durch die Verschiebung der Ladelast nicht nur die Lastspitze reduziert, sondern auch der Ausgleich von Stromangebot und -nachfrage erleichtert und damit mehr variable erneuerbare Energie ins Stromsystem integriert werden [2].
Die Flexibilität durch Verschiebung der Ladelast hängt nicht nur von technischen Aspekten ab, sondern auch vom Verhalten der EV-Nutzenden; insbesondere beeinflussen Fahr- und Ladeverhalten die Lastprofile [3]. Bisherige Modellierungen von Ladelasten haben jedoch die Heterogenität des Einsteckverhaltens unzureichend berücksichtigt [4]. Darüber hinaus wurde in der Regel auf den Ladevorgang fokussiert [5,6] und das Flexibilitätspotential durch das Einsteckverhalten vernachlässigt, d.h. wann und wo das Auto zum Laden eingesteckt wird. Wie spielen Einsteckverhalten und Ladevorgänge zusammen und was bedeutet das für die mögliche Flexibilitätsbereitstellung?
Ein gutes Verständnis der Auswirkungen des gesteuerten Ladens auf das Flexibilitätspotential in verschiedenen Netzgebieten und an unterschiedlichen Ladestandorten ist für Entscheidungsträger in Industrie und Politik von entscheidender Bedeutung, um Anreize zu schaffen, dieses Potential bestmöglich zu nutzen.
Im Rahmen zweier modellbasierter Studien [7,8], finanziert durch das schweizerische Bundesamt für Energie, sind wir diesen Fragen nachgegangen und haben untersucht, wie die zunehmende Anzahl an Elektroautos systemdienlich integriert werden kann. In unserem Modell simulieren wir EV-Lastprofile für unterschiedliche Fahr- und Ladeverhalten zu unterschiedlichen Diffusionsstufen von EVs und Ladestationen (vom heutigen Stand bis zur vollständigen Elektrifizierung der Autoflotte). Zudem berücksichtigen wir spezifische Charakteristika der EV-Nutzenden wie ihre Soziodemografie, heterogenes Ladeverhalten, die Interaktionen zwischen den EV-Nutzenden mit den Ladestationen sowie die zukünftigen technischen Entwicklungen (z.B. Kapazitäten von Batterien und Ladestationen).
Wir verwenden simulierte Mobilitätsdaten für Autos einer synthetischen Bevölkerung der Schweiz [9], die einen durchschnittlichen Wochentag in 15 min-Auflösung abbilden. Außerdem berücksichtigen wir verschiedene Netzgebiete (städtisch, ländlich, vorstädtisch) und Ladestandorte (zu Hause, am Arbeitsplatz, öffentlich).